22.04.2016 20:50:39

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Börsen-Zeitung: Verlockende Euro-Zinsen, Marktkommentar von Kai

Johannsen

Frankfurt (ots) - Argentinien hat sich mit einem spektakulären

Auftritt an den internationalen Anleihemärkten zurückgemeldet. Das

war eine der wichtigsten Nachrichten in der Fixed-Income-Szene in der

gerade abgelaufenen Woche. Das im Jahr 2001 zahlungsunfähig gewordene

Land, das seitdem auch nicht mehr am Markt aktiv war, startete im

Dollar gleich mit vier Tranchen durch und räumte mächtig ab. Die

Investoren standen Schlange bei den Konsorten - globale Koordinatoren

des Deals waren Deutsche Bank, HSBC, J.P. Morgan und Santander, zu

den Bookrunnern gehörten BBVA, Citigroup und UBS -, um ihre

Orderwünsche abzuliefern. Am Ende der zweitägigen Transaktionsphase

hatten die Banken für die Single-B-Adresse Orders von mehr als 68

Mrd. Dollar zusammen. Der Deal wurde 16,5 Mrd. Dollar schwer. Die

Argentinier zahlen den Investoren für die Laufzeiten von drei, fünf,

zehn und 30 Jahren Renditen von 6,25%, 6,875%, 7,5% bzw. 8%. Das

sieht nach viel aus. Im gegenwärtigen Umfeld von Niedrig- bzw.

historischen Tiefstzinsen und Negativzinsen ist es das wohl auch.

Aber man muss eben auch bedenken, dass es sich um den ersten Auftritt

nach einer Zahlungsunfähigkeit handelt. Es hat Zeiten gegeben, in

denen eine Marktrückkehr sehr viel teurer war. Und man sollte des

Weiteren bedenken: Im Sommer 2007, als die Subprime-Krise nach

Deutschland kam, zahlte der Bund im zehnjährigen Laufzeitenbereich

Renditen in der Spanne von 4,5 bis 5%. Und heute zahlt der ehemalige

Pleitestaat Argentinien bei zehn Jahren gerade einmal 2,5 bis 3

Prozentpunkte mehr.

Libanon folgt

Das Beispiel Argentinien scheint verlockend gewesen zu sein. Nur

einen Tag später kam der Libanon bei den Investoren zu Besuch. 1 Mrd.

Dollar wurden über zwei Bonds hereingeholt. Der 2024 fällige Titel

ging zur Rendite von 6,65% an die Anleger, der bis 2031 laufende Bond

zu 7%. Am gleichen Tag besorgte sich auch Saudi-Arabien Geld,

allerdings erstmal über einen Kredit von Banken aus den USA, Europa

und Japan. Das Königreich beschaffte sich laut Insidern 10 Mrd.

Dollar über einen Zeitraum von fünf Jahren. Das Geld braucht das

Land, um sein Haushaltsloch zu stopfen. Und noch etwas geisterte

durch den Markt: Es könnte nicht der einzige Auftritt Saudi-Arabiens

gewesen sein. Neben dem Bankkredit könnte es auch noch eine Anleihe

geben.

Wohl wahr. Denn die rohstoffexportierenden Länder, allen voran die

erdölexportierenden Staaten brauchen Geld. Die Haushaltskasse weist

durch die rückläufigen Einnahmen infolge der abgeschmierten

Rohstoffpreise, insbesondere des dramatischen Ölpreisverfalls,

heftige Löcher auf, die es zu schließen gilt. Dabei ist zu

berücksichtigen, dass der Preisverfall bei Öl & Co. nicht gerade eine

vorübergehende Angelegenheit ist, die so mancher Staat bequem

aussitzen könnte, sondern dass sich seit geraumer Zeit keine

Trendwende abzeichnet. Auch die Gespräche in Doha/Katar vor

Wochenfrist verliefen ergebnislos. Der Ölmarkt wird weiter von

Überversorgung gekennzeichnet sein.

Die Beispiele Argentinien und Libanon könnten deshalb an den

Märkten Schule machen. Nachahmer könnten andere Opec-Staaten sein,

die sich Geld über die Bondmärkte beschaffen, sei es um Löcher zu

stopfen oder einfach nur vorsorglich, da die Konditionen günstig

sind. So wie bei vielen Unternehmen könnte der eine oder andere Staat

durchaus zum Mittel der Cash-Hortung greifen.

Zu denken ist in diesem Zusammenhang in erster Linie an Auftritte

im Dollar, da man hierüber eine internationale Investorenschaft

erreicht. Aber im Euroraum sind die Zinsen auch verlockend. Die

Europäische Zentralbank (EZB) hat ihr Anleihekaufprogramm

ausgeweitet, und mit diesem Programm drückt sie die Renditen der

betreffenden Papiere immer weiter herunter. Infolgedessen könnten

sich die Länder durchaus auch für auf Euro lautende Anleihen

interessieren. Über parallele Dollar- und Eurobonds ließe sich die

Anlegerschar auch diversifizieren.

Fragt sich nur, wie gut die Aufnahmekapazität des Marktes ist.

Ohne Frage werden diese Anleihen nicht Gegenstand des

Bondkaufprogramms der EZB, denn es handelt sich bekanntlich um

Adressen außerhalb des gemeinsamen Währungsgebietes. Aber die

Investoren sind im Euroraum auf der Suche nach Rendite bzw.

Rendite-Pick-ups. Diese Länder können solche Aufschläge durchaus noch

bieten und kommen im historischen Vergleich aufgrund der deutlich

gesunkenen risikolosen Zinsen/ Renditen dann immer noch sehr günstig

an dieses Kapital. Die Investoren werden bei solchen Bonds Schlange

stehen, vielleicht nicht bei jedem Bond, aber bei sehr vielen.

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