17.02.2017 20:46:41

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Börsen-Zeitung: Rückschlagsgefahr, Marktkommentar von Dieter

Kuckelkorn

Frankfurt (ots) - Kartelle haben bekanntlich die aus Sicht ihrer

Mitglieder unangenehme Eigenschaft, nicht besonders gut zu

funktionieren. Wird das Kartell per Absprache der verkauften Menge

gesteuert, finden sich gewöhnlich immer Mitglieder des Kartells, die

die Absprache unterlaufen und heimlich größere Mengen auf den Markt

werfen als versprochen.

Die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) ist ein gutes

Beispiel für diese Mechanismen. Bereits über Jahrzehnte hat das

Kartell nicht besonders gut funktioniert, wie sogar Insider wie der

mittlerweile pensionierte ehemalige saudi-arabische Ölminister Ali

al-Naimi einräumen.

Gelegentlich aber schweißt die Not zusammen. Diesmal wird das Ende

November vergangenen Jahres von den Opec-Mitgliedern abgegebene

Versprechen, die Förderung um insgesamt 1,2 Mill. Barrel pro Tag

(bpd) zu reduzieren, zu rund 90% eingehalten, wie die

Nachrichtenagenturen Reuters und Bloomberg errechnet haben. Dass

einige wenige Opec-Mitglieder wie der Irak noch etwas

hinterherhinken, fällt (bislang) kaum ins Gewicht, weil das

Schwergewicht Saudi-Arabien sein Versprechen offensichtlich

übererfüllt. Für den Januar hat das Land von Kürzungen von rund

718000 bpd berichtet, rund 310000 bpd mehr als erforderlich.

Allerdings ist nicht klar, wie belastbar diese Zahlen wirklich sind,

was Akteure auf dem Ölmarkt zur Vorsicht veranlasst.

Rally vorerst beendet

Trotz der für Opec-Verhältnisse ungewöhnlich hohen Einhaltung der

Quoten hält sich der Anstieg des Ölpreises in Grenzen. Gegenüber dem

Zwischentief von Mitte November hat sich der Brent-Ölpreis um ca. 25%

erholt. Bei etwa 56 Dollar je Barrel hat die Rally jedoch vorerst ihr

Ende gefunden. Der Ölpreis bewegt sich derzeit in einer engen

Handelsspanne mit einer Bandbreite von rund 5 Dollar je Barrel und

einer Obergrenze knapp über 56 Dollar. Insofern ist das mit der

Produktionskürzung verbundene Kalkül des Kartells nur begrenzt

aufgegangen.

Dafür gibt es mehrere Ursachen. So sind die Lagerbestände an Rohöl

aufgrund der dreijährigen Ölschwemme nach wie vor außergewöhnlich

hoch. Zumindest was die USA betrifft, haben sie seit Jahresanfang

sogar noch deutlich zugenommen. Dafür verantwortlich sind zwar auch

Verschiebungen von Ölmengen innerhalb Nordamerikas hin zu

Lagerkapazitäten, die von der US-Regierung erfasst werden. Darüber

hinaus waren zeitweilig die US-Ölexporte schwächer als erwartet. Ein

weiterer Grund weckt allerdings erhebliche Sorgen: So ist

zwischenzeitlich die amerikanische Nachfrage nach Benzin deutlich

zurückgegangen. Der von der Energy Information Administration (EIA)

der US-Regierung erfasste Vierwochendurchschnitt liegt derzeit um 6%

unter den Wert für die Benzinnachfrage im gleichen Vorjahreszeitraum.

Ein solch ausgeprägter Rückgang tritt eigentlich nur im Rahmen einer

Rezession auf - oder aber in einem Umfeld, in dem der Verbraucher

nicht hinreichend an der Erholung der US-Wirtschaft teilnimmt.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die deutliche Erholung der

amerikanischen Schieferölproduktion, die auch auf die

US-Lagerbestände durchschlägt. Nach den jüngsten EIA-Daten beträgt

die US-Rohölproduktion derzeit knapp 9 Mill. bpd, dies sind ungefähr

400000 bpd mehr als noch vor einigen Monaten. Die EIA erwartet, dass

die Schieferölförderung im März um fast 80000 bpd steigen wird, das

größte Wachstum seit fünf Monaten. Aktuell sind in den USA 591

Ölförderanlagen in Betrieb, wie der Dienstleister Baker Hughes

errechnet hat. Dies sind immerhin 114 mehr als Ende November

vergangenen Jahres, als die Opec ihre Kürzungsbeschlüsse

finalisierte. Es handelt sich zudem um den höchsten Stand seit

Oktober 2015.

Zu berücksichtigen ist auch, dass Saudi-Arabien nicht unbefristet

dazu bereit sein wird, die Hauptlast der Anpassungen innerhalb der

Opec zu tragen, wenn der Irak, aber auch der Iran und Venezuela

weiterhin mehr produzieren, als von ihnen erwartet wird.

Geduldsfaden könnte reißen

Spätestens dann, wenn Saudi-Arabien öffentlich erkennbar der

Geduldsfaden reißt, dürfte die Zeit reif sein für eine Korrektur des

Ölpreises. Davon geht zumindest eine steigende Zahl von Analysten

aus. Kritisch wird es in dieser Hinsicht im Mai, wenn die aktuelle

Übereinkunft der Opec-Mitglieder und weiterer Staaten wie Russland

ausläuft und es darum geht, ob sich eine Nachfolgeregelung

durchsetzen lässt. Bislang gab es in dieser Hinsicht aus

Saudi-Arabien wie auch aus Russland eher skeptische Äußerungen.

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