07.10.2014 20:56:47

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Börsen-Zeitung: Ohne-Grund-Freibeträge, Kommentar zu Amazon von Detlef

Fechtner

Frankfurt (ots) - EU-Kommissar Joaquín Almunia hat es zuletzt

eilig gehabt, als er Vereinbarungen zwischen Unternehmen und

Steuerbehörden wegen des Verdachts unlauterer Beihilfen prüfen ließ.

Der Spanier musste sich aus vier Gründen sputen. Erstens läuft seine

Amtszeit aus. Zweitens geht bald eine neue EU-Kommission an den

Start. Deren Präsident Jean-Claude Juncker und seine rechte Hand

Frans Timmermans kommen aus Luxemburg und den Niederlanden, also aus

Ländern, die in der Vergangenheit besonders großzügig mit Firmen

umgegangen sind - und deren Ehrgeiz in Sachen Kampf gegen aggressive

Steuervermeidung womöglich nicht ausgeprägt ist. Dass, drittens,

dieses Thema Schwung aufgenommen hat, dafür sorgen gerade G20 und

OECD. Dies wird aber nicht lange so bleiben, daher muss sich, wer das

Momentum nutzen möchte, eilen. Viertens verlieren die Deutschen und

andere EU-Länder, die ihre Steuererträge ins EU-Ausland abfließen

sehen, die Geduld. Für einen EU-Kommissar, der nationalen

Alleingängen vorbeugen möchte, ein Grund mehr, sich ins Zeug zu

legen.

Die Absicht ist klar. Die EU-Kommission will nicht länger

hinnehmen, dass sich Konzerne auf immer offensivere Weise der Zahlung

von Steuern entziehen, indem sie Beträge zwischen Konzerneinheiten

hin und her buchen - und diese Transaktionen so geschickt verrechnen,

dass letztlich nur sehr geringe Summen an den Fiskus fließen. Und da

nun einmal die Eingreifmöglichkeiten Brüssels in der Steuerpolitik

arg beschränkt sind, bleibt nur der Umweg über das Wettbewerbsrecht,

um denen Feuer zu machen, die Unternehmen unanständig attraktive

Angebote machen.

Der Nachteil dieser Strategie: Sie ist mühsam, kleinteilig und

steuerpolitisch unsystematisch, weil sie nur auf einzelne Firmen

zielt. Und sie ist gefährlich, weil der Nachweis der selektiven

Bevorzugung erst einmal gerichtsfest geführt werden muss.

Trotzdem hat Almunia recht, diesen Weg einzuschlagen. Denn das

Risiko, dass Amazon, Apple & Co. alle Vorwürfe der EU-Beamten gegen

ihre steuerlichen Vorabsprachen mit Luxemburgern und Iren entkräften

können, ist überschaubar. Zu abenteuerlich sind die krummen Deals,

bei denen dreist und ohne nachvollziehbaren Anlass Milliardensummen

von der Steuer verschont wurden. Wer solcherlei Grundfreibeträge -

oder besser gesagt: Ohne-Grund-Freibeträge - gewährt, der darf sich

nicht wundern, dass um Steuereinnahmen geprellte EU-Nachbarn sauer

werden - und der EU-Wettbewerbskommissar aktiv wird.

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