17.11.2014 20:25:47
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Börsen-Zeitung: Missglückter Balanceakt, Kommentar zur japanischen
Konjunktur von Martin Fritz
Frankfurt (ots) - Japans Premier Shinzo Abe wollte zugleich die
Deflation durch Mehrausgaben besiegen und die Neuverschuldung durch
eine höhere Verbrauchssteuer bremsen. Dieser Balanceakt ist
missglückt. Seine nach ihm benannte Abenomics-Strategie besteht aus
drei "Pfeilen": Expansive Geldpolitik, höhere Staatsausgaben und
Strukturreformen sollen das Wachstum dauerhaft erhöhen. Doch der
Pfeil der Steuererhöhung, um im Bild zu bleiben, flog in die falsche
Richtung und traf den Aufschwung.
Allein mit dem Begriff "Abenomics" war es Abe gelungen, eine lange
nicht gesehene Aufbruchsstimmung zu erzeugen. Doch die kräftige
Erhöhung der Verbrauchssteuer im Frühjahr hat diesen Optimismus
wieder zerstört. Die Löhne hielten mit den Preisen nicht Schritt, die
Realeinkommen sanken. Die Mehrheit der Japaner hat Abenomics als
Rohrkrepierer erlebt. Die absehbare Verschiebung der zweiten
Steuerstufe erscheint daher logisch. Schließlich füllt ein höheres
Wachstum den Staatssäckel mehr als ein höherer Steuersatz, der eine
Rezession und damit sinkende Einnahmen verursacht. Für diese Einsicht
hat Abe bitteres Lehrgeld gezahlt.
Die Frage ist, ob Japans Wirtschaft wieder so kräftig wachsen wird
wie im ersten Jahr der Abenomics. Erstens ist die extreme
geldpolitische Lockerung der Bank of Japan inzwischen an ihre Grenzen
gestoßen. Die dadurch erzeugte Yen-Abwertung hat die Ausfuhren viel
weniger als erwartet angekurbelt, aber Inflation importiert. Würden
die Rohstoffpreise nicht global sinken, wäre der Preisdruck für
Japans Firmen und Verbraucher kaum zu ertragen. Zweitens haben die
höheren Staatsausgaben in Kombination mit der schrumpfenden
Bevölkerung Japan eine Vollbeschäftigung beschert. Damit fehlen für
mehr Wachstum schlicht die Arbeitskräfte. Ein simples Weiter-so
bringt daher wenig.
Die einzigen Auswege wären der Zuzug von Arbeitskräften sowie
Strukturreformen. Doch Einwanderung bleibt politisch tabu.
Stattdessen sollen mehr Frauen arbeiten, was nicht ausreichen dürfte.
Und eine Deregulierung etwa des Arbeitsmarktes würde zunächst viele
Zombie-Firmen in den Tod treiben, bevor neue Arbeitsplätze entstehen.
Auf solche Leiden hat Abe Japan nicht vorbereitet. Die
voraussichtliche Neuwahl Mitte Dezember wird der 60-Jährige wohl
gewinnen. Dann könnte er insgesamt sechs Jahre regieren, so lange wie
kein japanischer Regierungschef nach dem Krieg. Doch über ihm hängt
das Damoklesschwert der Staatsschulden. Gelingen Abe weder Wachstum
noch Steuererhöhungen, wird es fallen.
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