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02.08.2019 20:45:41
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OTS: Börsen-Zeitung / Börsen-Zeitung: Keine gute Idee / Kommentar von ...
Börsen-Zeitung: Keine gute Idee / Kommentar von Dietegen Müller zu
möglichen EZB-Aktienkäufen
Frankfurt (ots) - Die Konjunktureintrübung, geopolitische
Spannungen - durch die Ankündigung von US-Präsident Trump, neue
Zölle auf chinesische Importe zu erheben, noch gestiegen - und
niedrige Inflationsraten zwingen die Notenbanken zu neuen
geldpolitischen Lockerungsübungen. Bloß, ihre Mittel sind begrenzt.
In besonderem Maße gilt das für die Europäische Zentralbank (EZB),
bei der weitere Zinssenkungen von vielen Experten als kontraproduktiv
erachtet werden und wo neue Anleihekäufe aufgrund des begrenzten
Angebots nicht zuletzt aus Deutschland rasch an Grenzen stoßen
würden.
Nun wird da und dort die Idee ventiliert, die EZB solle auch
Aktien kaufen. Rick Rieder, Chief Investment Officer Global Fixed
Income des US-Assetmanagers BlackRock, hat in der "Financial Times"
die EZB jüngst dazu aufgefordert, europäische Aktien zu kaufen, um
die Finanzierungskosten für Unternehmen zu senken und damit das
Wachstum in Europa anzukurbeln. Damit solle der Preis für
Eigenkapital gegenüber jenem für Schulden gesenkt werden. Auf
Anfrage äußerte sich BlackRock nicht. Steigende Aktienkurse dürften
wohl von jedem Vermögensverwalter begrüßt werden, doch stellt sich
die Frage, ob die erwünschten Effekte - mehr Wachstum und eine höhere
Inflation - sich mit einem Markteingriff des "Lender of Last Resort"
einstellen.
Daran gibt es begründete Zweifel. Dieses Ziel haben auch stetig
steigende Aktienkäufe der Bank of Japan - sie laufen seit Dezember
2010 - bisher nicht erreicht. In einem Diskussionspapier des
Research Institute of Economy, Trade and Industry in Japan kamen
Kimie Harada und Tatsuyoshi Okimoto zum Schluss, dass die Aktienkäufe
der BoJ teils einen signifikanten Kurseffekt haben. Namentlich in
fallenden Märkten tritt die BoJ seit einer Anpassung ihrer
Kaufstrategie aktiver auf. Dies führe jeweils am Nachmittag zu einer
Überrendite von Nikkei-225-Aktien gegenüber Aktien, die nicht im
Nikkei-225-Index enthalten sind, auch wenn sich der Effekt über die
Zeit abgeschwächt habe.
Die BoJ hatte anfangs Aktien aus dem preisgewichteten Nikkei 225
und nur in geringerem Maße aus dem marktgewichteten Topix gekauft,
was für Nikkei-225-Werte wie Fast Retailing, die Mid Caps sind,
ausgeprägte Effekte hatte. Nicht nur war der Kurs solcher Werte
verzerrt. Auch wurde die BoJ dort zum Großaktionär. Laut dem
Finanzmagazin "Nikkei" ist die Notenbank Ende März bereits bei fast
jedem zweiten in Tokio gelisteten Unternehmen unter den zehn größten
Aktionären, und hält nun ETFs über umgerechnet rund 220 Mrd. Euro,
was rund 4,4 % der gesamten Marktkapitalisierung beträgt.
Da die BoJ ihre Stimmrechte nicht ausübe, könne dies im
schlechtesten Fall notwendige Restrukturierungen verzögern, die
Arbeitsproduktivität unterminieren und das Potenzialwachstum
schmälern, sagt die japanische Wirtschaftsprofessorin Sayuri Shirai.
Auch stellt sich die Frage, warum Unternehmen, wenn sie für Schulden
nichts zahlen müssen, Eigenkapital aufnehmen sollen - die
Risikoprämien dafür seien trotz der BoJ-ETF-Käufe sogar gestiegen,
hält Shirai fest. Nicht zuletzt ist die BoJ auch den Beweis schuldig
geblieben, wie sie die einst als temporäre Maßnahme gedachten Käufe
rückabwickeln kann.
Aktienkäufe durch Notenbanken bedeuten aber auch die Übernahme
unternehmerischer Risiken auf die Bilanz einer für geld- und
währungspolitische Stabilität zuständigen Institution. Das birgt
Probleme. Notenbanken sind nicht per se politisch unabhängig, sie
agieren schon gar nicht in einem gesellschaftlichen Vakuum, wie das
Beispiel der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zeigt, die als Folge
der Franken-Aufwertung am Devisenmarkt Franken verkauft hat und ihre
Ende Juni auf 812 Mrd. sfr gestiegenen Fremdwährungsreserven zu einem
Fünftel - also zu rund 160 Mrd. sfr (ca. 148 Mrd. Euro) weltweit in
Aktien investiert. Daraus resultieren je nach Marktlage hohe
Gewinnschwankungen, die angesichts der Größe der Wirtschaftsleistung
der Schweiz (um 600 Mrd. Euro) Sorgen wecken.
Sollte die SNB wieder stärker am Devisenmarkt intervenieren,
dürften die Rufe über die Mitspracherechte der Schweizer Steuerzahler
wieder lauter werden. Die Stimmrechte der SNB liegen in
öffentlich-rechtlicher Hand, doch es gibt Forderungen nach
parlamentarischer Mitsprache - das Ende jeglicher
Unabhängigkeitsgedanken einer Notenbank. Solche Governance-Fragen
lassen sich auch bei der EZB nicht völlig vermeiden, deren
Eigenkapitalbasis auch auf die Haushalte der Mitgliedsländer
zurückgreift. Keine gute Idee also.
(Börsen-Zeitung, 03.08.2019)
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