04.05.2015 20:06:39

OTS: Börsen-Zeitung / Börsen-Zeitung: Kamikazeflug, Kommentar zum Bahnstreik ...

Börsen-Zeitung: Kamikazeflug, Kommentar zum Bahnstreik von Ulli

Gericke

Frankfurt (ots) - Man muss nicht alles glauben, was interessierte

Verbände einem weiß machen wollen. "Alles in allem drohen

Streikkosten von einer halben Milliarde Euro", klagt Eric Schweitzer,

Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags - wohl

wissend, dass es der Bahn bislang noch immer gelungen war, die

wichtigsten Transporte für die Chemie-, Stahl und Autoindustrie

durchzuführen, damit es zu keinen Produktionsausfällen kommt.

Dennoch alarmiert der gestern von der Gewerkschaft Deutscher

Lokomotivführer (GDL) begonnene längste Streik in der Bahn-Geschichte

Politik und Tarifparteien. Nicht nur Bundeskanzlerin Angela Merkel

plädiert für eine Schlichtung - was umso bemerkenswerter ist, da sie

sich ansonsten bei Fragen der Tarifautonomie äußerst zurückhält. Auch

die GDL-Dachorganisation, der Deutsche Beamtenbund, der die Streiks

der Lokführer finanziert, hat wie die Bahn eine Schlichtung ins

Gespräch gebracht.

Das kratzt jedoch GDL-Chef Claus Weselsky (noch?) wenig: "Wir

werden in keine Schlichtung gehen, weil wir grundgesetzlich

geschützte Rechte in keine Schlichtung bringen", tönte er gestern und

beharrt darauf, nicht nur für Lokführer, sondern auch für Zugpersonal

und Rangierführer unabhängig Tarifverträge abschließen zu dürfen. Bei

letzteren Berufsgruppen ist die Mehrheit der Beschäftigten bei der

größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft organisiert. Hier - und

nur hier - würde das neue Tarifeinheitsgesetz Spuren hinterlassen,

wenn wie geplant, die jeweilige Mehrheitsgewerkschaft bei den

einzelnen Berufsgruppen das Sagen bekommen soll. Das wäre bei den

Lokführern auch künftig die GDL. Und auch die Pilotenvereinigung

Cockpit wird unstrittig weiterhin als kleine Spartengewerkschaft mit

großem Erpressungspotenzial ihre Einzelinteressen durchsetzen können.

Faktisch geht es um die Frage, ob die GDL ein Land zum inzwischen

achten Mal in großen Teilen lahmlegen darf, nur um ihre Klientel

auszuweiten - während die Bahn stellvertretend für die gesamte

Wirtschaft auf einheitlichen Tarifverträgen für einzelne

Berufsgruppen beharrt. Kein Zweifel, die GDL darf so agieren, ist

doch die Tarifautonomie grundgesetzlich gesichert - weder ein Gesetz,

noch eine Regierung könnten eingreifen. Ob dieser kompromisslose

Egoismus aber weiterführt oder sich zum selbstmörderischen

Kamikazeflug entwickelt, entscheidet der öffentliche Protest. Nur

wenn dieser zu stark wird, stoppt der Beamtenbund seine Streikgelder

und lassen die Zugführer ihre Führung alleine im Regen stehen.

OTS: Börsen-Zeitung

newsroom: http://www.presseportal.de/pm/30377

newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung

Redaktion

Telefon: 069--2732-0

www.boersen-zeitung.de

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!