05.06.2014 20:58:46

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Börsen-Zeitung: Feigheit vor der Politik, Kommentar zur EZB von

Stephan Lorz

Frankfurt (ots) - Für die einen ist es hohe Kunst, für die anderen

Hexenwerk: Gleich mit einer ganzen Phalanx an geldpolitischen

Maßnahmen geht die Europäische Zentralbank (EZB) gegen die im

Eurogebiet aufgekommenen deflationären Tendenzen sowie gegen die

Kredit- und Wachstumsschwäche vor. Niedrigere Leitzinsen und ein

negativer Einlagensatz sollen den Euro schwächen und die Konjunktur

stärken, ein attraktiver, aber konditionierter Langfristtender die

Kreditvergabe der Banken ankurbeln. Zudem wird der direkte Ankauf von

Kreditpaketen (ABS) vorbereitet.

Der weitgehend auf unerprobtem Gelände stattfindende

geldpolitische Rundumschlag der EZB dürfte in die Geschichtsbücher

eingehen - falls das dahinterstehende Kalkül aufgeht! Und daran

bestehen begründete Zweifel. Der mickrige Zinsschritt löst allenfalls

einen Placeboeffekt aus, der Negativzins könnte sogar mehr schaden

als nützen, wenn deswegen die Bankgebühren zulegen. Und der Markt für

europäische ABS ist so klein, dass ein Ankauf von Papieren allenfalls

symbolische Bedeutung hat. Die Wirkung auf die Realwirtschaft ist

also eher begrenzt. Lediglich die Banken dürfen sich ungeteilt

freuen, erhalten sie doch erneut billiges Geld für lau. Dabei

herrscht an Liquidität kein Mangel.

Gleichzeitig begibt sich die EZB auf gefährliches Terrain: Denn

die gebotene Kontrolle der Kreditkonditionen gebiert ein

bürokratisches Monster. Fehlentscheidungen werden nicht ausbleiben

und an der Glaubwürdigkeit der Notenbank nagen. Dabei ist diese das

Zentrum ihrer Macht: Nur das Vertrauen der Marktteilnehmer und

Eurobürger in die Neutralität und Unabhängigkeit der Notenbank hält

die Geldordnung stabil. Wenn nun aber die EZB über die Kreditvergabe

in die Realwirtschaft eingreift, durch ihre Geldpolitik viele

Menschen um ihr Erspartes bringt, woran ganze Lebensentwürfe

zerbrechen, zudem neue Unsicherheiten aufkommen, wird das Misstrauen

sähen und ihre Instrumente abstumpfen lassen. Ganz abgesehen von

dadurch heraufbeschworene Gefahren neuer Finanzblasen.

Die EZB hat zugleich eine gigantische Umverteilungsmaschinerie in

Gang gesetzt. Das Bankenwohl steht an erster Stelle - und der Politik

wird ein Freifahrtschein ausgestellt. Sie kann nun alle

Reformanstrengungen fahren lassen. Die Eurobürger indes zahlen die

Zeche. Es sind diese Rangordnung und die Feigheit der Notenbank, die

Politik endlich durch geldpolitisches Stillhalten in die

Verantwortung zu pressen, welche die größten Gefahren für die

Eurozone darstellen.

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