28.03.2014 20:51:49

OTS: Börsen-Zeitung / Börsen-Zeitung: Déjà-vu, Marktkommentar von Kai Johannsen

Börsen-Zeitung: Déjà-vu, Marktkommentar von Kai Johannsen

Frankfurt (ots) - Manch ein Akteur an den internationalen

Finanzmärkten geht derzeit davon aus, dass das jahrelang bestehende

Niedrigrenditeumfeld sich nun so langsam, aber sicher dem Ende

zuneigt. Die Renditen an den Bondmärkten der USA werden anziehen, so

dass sich risikolos wieder traumhafte Sätze von 3,5%, 4%, 5% oder gar

6% im zehnjährigen Laufzeitenbereich verdienen lassen. Im Schlepptau

der US-Rentenmärkte ziehen dann auch die Renditen in der Eurozone,

allen voran bei den Bundesanleihen an. Ausgangspunkt dieser

Aufwärtsbewegung - so die verbreitete Annahme - sind

Leitzinserhöhungen seitens der US-Notenbank Federal Reserve. Sie

führen dazu, dass auch der Markt "mitzieht", d.h. die Sätze entlang

der Kurve von zwei bis zehn oder 30 Jahren Laufzeit nach oben gehen,

so dass Versicherer und Pensionsfonds, die diese höheren Renditen

seit Jahren so dringend benötigen, um ihre Garantiezinsen oder

Pensionszusagen erfüllen zu können, nicht mehr in dieser Bredouille

niedriger Renditen sind. Doch genau dazu muss es nicht zwangsläufig

kommen, wie die Erfahrung lehrt.

Greenspans Rätsel

Sie erinnern sich? Im Februar 2005 sprach der damalige Fed-Chef

Alan Greenspan in einer (seiner vielen) Anhörungen zur Konjunktur und

der Zentralbankpolitik vor dem US-Senat. Die Fed hatte in den Monaten

zuvor den US-Leitzins (Fed Funds Rate) angehoben, und zwar um satte

150 Basispunkte! Am Bondmarkt war es aber eben nicht zu dem - auch

von Greenspan - erwarteten Zins- bzw. Renditeanstieg gekommen. Der

Markt "zog" eben nicht mit. Ganz im Gegenteil: Die Renditen waren

gefallen. Das Verhalten der weltweiten Bondmärkte bezeichnete

Greenspan als Rätsel. Wie kann es denn auch sein, dass die

Zentralbank pausenlos die Zinsen anhebt und der Markt nicht mitzieht?

Die Analysten überschlugen sich mit entsprechenden Studien, die

die "Lösung" des "Rätsels" brachten. Die Lösung war: Es gab überhaupt

kein Rätsel. Der Markt lag richtig, die Zentralbank nicht. Denn der

Markt ging von vollkommen anderen Entwicklungen als die

US-Zentralbank aus. Zinsexperten erklärten, dass Zinsanhebungen

schädlich seien, weil sie den Immobilienmarkt abwürgen könnten und

mit ihm den Hypothekenmarkt. Es könnte sich ein explosives Gemisch

bilden. Sollte es tatsächlich explodieren, würde die Konjunktur arg

in Mitleidenschaft gerissen und die Fed müsste später mit

Zinssenkungen auf die schwache Wirtschaftslage reagieren. Genauso kam

es dann auch. Der Markt preiste dieses Szenario mit niedrigen

langfristigen Renditen, also im zehn- oder 30-jährigen Bereich des

US-Rentenmarktes, ein. Die Kurve war phasenweise komplett invertiert,

d.h. die langfristigen Renditen lagen unterhalb der Sätze am kurzen

Laufzeitenende, was die Erwartung einer längerfristigen

Konjunkturschwäche implizierte.

Und so könnte es wieder kommen. Am Markt bildet sich mehr und mehr

die Erwartungshaltung heraus, dass die Fed womöglich Mitte 2015 mit

Leitzinsanhebungen beginnen könnte. Immerhin noch fünf Quartale. In

dieser Zeit könnte die Konjunktur schon so weit gelaufen sein, dass

sich Schwächen abzeichnen und die Fed zu spät in den Anhebungszyklus

einsteigt. Würde sie jetzt einsteigen, würde sie die Märkte

durcheinanderwirbeln. Analysten prognostizieren denn auch, dass die

Stimmungsindikatoren für die US-Wirtschaft vielleicht schon bald

ihren Zenit erreichen. Der Markt könnte infolgedessen wieder ähnlich

reagieren. Das bedeutet: In Erwartung einer konjunkturellen

Abschwächung bleiben große Teile des heute erwarteten

Renditeanstieges am langen Marktende schlichtweg aus. Versicherer und

Pensionsfonds wären dann mitnichten aus dem Dilemma niedriger

Renditen heraus, sondern weiterhin mit einem Niedrigrenditeumfeld

konfrontiert.

Auch schon niedrig!

Apropos Niedrigrenditeumfeld! Es sei daran erinnert, dass in den

Jahren 2005 bis 2007 - also vor Ausbruch der Subprime-Krise - die

zehnjährigen US-Staatsanleiherenditen im Bereich von 4 bis gut 5%

lagen. Hierzulande warfen zehnjährige Bundesanleihen Sätze im Bereich

von 3 bis 4,5% ab. Und auch dieses Renditeniveau wurde seinerzeit

schon als niedrig eingestuft. Versicherer und Pensionskassen stöhnten

schon damals über niedrige Sätze. Heute ist der Markt von diesen für

Investoren traumhaften Renditen im risikolosen Bereich sehr weit

entfernt. Aktuell liegt die zehnjährige Bundrendite näher am Tief als

am zyklischen Hoch. Am Freitag konnten gerade noch 1,5% verdient

werden.

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