04.11.2015 20:46:39

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Börsen-Zeitung: Abschied vom Tafelsilber, Kommentar zur Japan Post von

Martin Fritz

Frankfurt (ots) - Déjà-vu an der Tokioter Börse: 1987 wollte der

damalige Regierungschef Yasuhiro Nakasone die Aktie als Anlage in

Japan populär machen. Dafür brachte er den Telekom-Monopolisten NTT

an die Börse. Private Anleger rissen sich um die Papiere. Der

Aktienkurs von NTT stieg rasend, bis die Blase zwei Jahre später

brutal platzte. Eine Generation von privaten Anlegern hatte sich die

Finger verbrannt und kehrte nie wieder an die Börse zurück.

Knapp dreißig Jahre später will Premier Shinzo Abe die Japaner

wieder zu einem Volk von Aktionären erziehen. Diesmal dient die Post

als Vehikel. Tatsächlich zeichneten zahlreiche private Erst-Anleger

die Papiere der Holding-Gesellschaft und ihrer beiden Finanztöchter.

Und wieder explodierten beim Börsendebüt die Kurse. Die Papiere der

Postversicherung verteuerten sich um mehr als die Hälfte, als ob es

kein Morgen gäbe.

Wiederholt sich also die Geschichte? Sogar die Finanzzeitung

"Nikkei" fühlte sich an die achtziger Jahre erinnert und fragte laut,

ob dem japanischen Aktienmarkt in den nächsten zwei Jahren ein neuer

Crash drohe. Doch die Zeiten haben sich geändert. Regierungschef Abe

macht sich schlichtweg Illusionen. Das Privatvermögen in Japan ist

überwiegend in der Hand der älteren Generationen. Diese Senioren

haben weder die Zeit noch die Geduld, um in Aktien zu investieren,

sondern wollen mit dem Ersparten nur ihre Rente aufbessern. Weil

ihnen der Staat die Postaktien förmlich hinterhergeworfen hat, haben

sie zugegriffen. Japaner lieben Sonderangebote.

Aber jeder Aktienzeichner weiß: Mit der Post lässt sich kein

Blumentopf gewinnen. Wachstum ist nicht in Sicht, da die Bevölkerung

altert und schrumpft. Doch die Dividendenrendite von 3% ist nicht zu

verachten, da eine zehnjährige Staatsanleihe fast zehn Mal weniger

einbringt. Viele Anleger, denen die Papiere zugelost wurden, haben

ihre Zuteilung gleich am ersten Handelstag mit hohem Gewinn

versilbert.

Auch die ursprüngliche Intention der Privatisierung hat sich

überholt. Eigentlich wollten die Reformer damit die Verschwendung von

Steuern stoppen, da die auch heute wieder regierenden

Liberaldemokraten die Posteinlagen lange Zeit als Schattenhaushalt

für die Finanzierung ihrer Konjunkturprogramme missbrauchten. Doch

wegen der extrem hohen Staatsschulden lässt sich dieses Rad sowieso

nicht mehr drehen. So bleibt unterm Strich nur die Tatsache, dass

Japans Staat das letzte Tafelsilber verscherbelt, bevor das große

Schuldenfinale beginnt.

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