22.06.2022 19:16:38

OTS: Börsen-Zeitung / Bewertungshybris, Kommentar zu Ströer von Antje Kullrich

Bewertungshybris, Kommentar zu Ströer von Antje Kullrich

Frankfurt (ots) - Ströer-Chef und Großaktionär Udo Müller war noch nie

verdächtig, über ein unterentwickeltes Selbstbewusstsein zu verfügen. Und so

sind auch die Bewertungsvorstellungen für die Ströer-Tochter Statista

atemberaubend. Müller strebt für den in den nächsten zwei Jahren angepeilten

Börsengang des Daten- und Statistikdienstleisters eine satte Milliardenbewertung

an. Die angeblich zuletzt von Kaufinteressenten offerierten bis zu 1,8 Mrd. Euro

seien zu wenig gewesen.

Statista, so ließ sich Müller auf der Hauptversammlung vernehmen, habe das

Potenzial, die aktuelle Bewertung des gesamten Ströer-Konzerns - derzeit sind es

2,5 Mrd. Euro - in Zukunft deutlich zu übertreffen. Der Werbemanager redet dabei

über ein nicht mehr ganz junges Unternehmen, das im vergangenen Jahr 100 Mill.

Euro Umsatz erzielt hat und unterm Strich vermutlich nur einen Minigewinn.

Jährlich sollen Statistas Erlöse bis 2025 um 20 bis 30 % wachsen.

Es dürfte spannend sein zu sehen, mit welcher Story und welchen belastbaren

Nachweisen dafür Ströer in den kommenden zwei Jahren aufwarten will. Denn Stand

heute kann die Bewertungsvorstellung nicht als äußerst ambitioniert, sondern

eher als reine Hybris bezeichnet werden.

Ströer als Mutterkonzern dürfte bei manchem Investor wohl auch mit einem

Reputationsabschlag rechnen müssen. Die Governance ist seit Jahren ein Thema.

Mal ging es um fragwürdige Akquisitionen von Gesellschaften, die Ströer aus der

Hand seiner Großaktionäre erwarb, mal um die Besetzung des Aufsichtsrats, der

lange Zeit eher einer Family-and-Friends-Veranstaltung glich als einem

sachkundigen und vor allem kritischen Kontrollgremium.

Die Ströer-Führung hat spätestens nach der Attacke des Hedgefonds und

Leerverkäufers Muddy Waters Anfang 2016 erkannt, dass es ein "Weiter so" nicht

geben konnte. Schritte in Richtung von mehr Transparenz und einer

professionelleren Gremienbesetzung waren erkennbar. Doch Governance-Defizite

existieren weiter - das zeigt nicht zuletzt der vermessene Antrag zur

Verlängerung längst gewährter Aktienoptionsrechte, der zu Recht von der

Hauptversammlung abgeschmettert wurde. Nichts geändert hat sich auch am

Eindruck, dass die Großaktionäre Müller und Dirk Ströer auch immer fleißig an

die eigenen Taschen denken. Die üppige Dividende für das vergangene Jahr, die

mit 2,25 Euro das nackte Konzernergebnis von 2,16 Euro je Aktie ein weiteres Mal

übertrumpft, spricht dafür.

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