10.04.2013 17:50:31

Oettinger fordert Fokus der EU-Energiepolitik auf Bezahlbarkeit

   Von Jan Hromadko

   HANNOVER--Die Europäische Union (EU) sollte angesichts ihrer Wirtschaftsprobleme flexibler werden, um ihr Ziel einer emissionsarmen Wirtschaft voranzubringen. Ihr Fokus dürfe nicht mehr nur auf der reinen Reduzierung von Treibhausgasen liegen, sondern müsse erweitert werden, um sicherzustellen, dass Energie für Unternehmen, Industrien und private Haushalte erschwinglich bleibe, fordert EU-Energiekommissar Günther Oettinger.

   "Heute haben wir eine mehr ganzheitliche Betrachtung: die Industrie, Wettbewerbsfähigkeit, bezahlbare Energie, auch sozial verträgliche Energiepreise und Klimaschutz als Ganzes", sagte Oettinger in einem Interview mit dem Wall Street Journal Deutschland.

   Alle neuen Ziele für den CO2-Ausstoß oder saubere Energie sollten angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Probleme "maßvoll und pragmatisch" sein, sagte er.

   Seine Äußerungen deuten darauf hin, dass sich die Strategie der EU für saubere Energien verschieben könnte. Ein größerer Fokus dürfte künftig darauf liegen, die Kosten niedrig zu halten, um die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsblocks zu erhalten. Derzeit diskutieren europäische Politiker die neuen Ziele für Emissionen und erneuerbare Energien für die Dekade bis 2030. Als die EU zuletzt verbindliche Ziele für die Emission von Treibhausgasen, erneuerbare Energien und Effizienz im Jahr 2020 ausgab - das war 2007 -, habe der Fokus fast ausschließlich auf dem Klimaschutz gelegen, so Oettinger.

   Trotz des stärkeren Fokus auf der Bezahlbarkeit sollte die EU aber weiterhin Emissionen reduzieren und erneuerbare Energien ausweiten, so Oettinger.

   Vor fünf Jahren hatte der Wirtschaftsblock Gesetze verabschiedet, wonach die EU bis 2020 ihren CO2-Ausstoß um 20 Prozent gegenüber 1990 reduzieren soll. Zudem sollen 20 Prozent der verbrauchten Energie aus erneuerbaren Energien wie Windkraft kommen. Oettinger wollte sich in dem Gespräch nicht auf ein neues Emissionsziel für 2030 festlegen, sagte aber, eine Ausweitung auf 40 Prozent sei der nächste logische Schritte im Rahmen der langfristigen Strategie, bis Mitte des Jahrhunderts die Treibhausgase um bis zu 95 Prozent zu senken. Alle neuen Ziele sollten weiterhin rechtlich bindend sein, sagte er.

   Oettingers Ruf nach einem neuen Ansatz kommt zu einem Zeitpunkt, da zwei wichtige Pfeiler der EU-Strategie für saubere Energie - die Subventionen für erneuerbare Energien und der Handel mit CO2-Emissionszertifikaten - vor erheblichen Herausforderungen stehen.

   Ein Überschuss an Emissionszertifikaten hat den Preis im offenen Markt auf historische Tiefstände von rund 5 Euro je Tonne gedrückt. Anlegern bietet das kaum die beabsichtigten Anreize für Investitionen in grünere Energietechnologien.

   Die EU arbeitet derzeit an der Behebung der Probleme im kriselnden Emissionshandel. Vor allem der Überschuss soll beseitigt werden, indem ein Teil der CO2-Zertifikate bis zu fünf Jahre später als ursprünglich geplant versteigert wird. Oettinger sagte, er unterstütze den als "backloading" bezeichneten Plan voll und ganz. Der Politiker zeigte sich aber skeptisch, dass andere Vorschläge zum dauerhaften Einzug der überschüssigen Zertifikate und zur Beseitigung des Überschusses im Kohlenstoffmarkt umgesetzt würden.

   "Ich persönlich glaube daher nicht, dass durch Backloading der CO2-Preis astronomisch in die Höhe gehen wird", sagte er.

   Oettinger kritisierte EU-Mitgliedsstaaten für ihre wiederholten Eingriffe in nationale Energiemärkte seit Beginn der Wirtschafskrise, die oft im Widerspruch zu den erklärten Energiezielen der EU stünden. "Es gibt eine wachsende Zahl nationaler Regierungen, die oft sehr schnell und kurzatmig in sich entwickelnde Strukturen eingreifen", sagte er beispielsweise in Bezug auf die rückwirkenden Subventionskürzungen in Spanien im vergangenen Jahr.

   "Was wir aber brauchen, sind weniger staatliche Alleingänge. Deshalb setzen wir uns langfristig für eine Europäisierung der Fördersysteme für erneuerbare Energien ein", sagte er.

   Derzeit haben alle EU-Mitgliedsstaaten eigene Subventionssysteme für erneuerbare Energien, die Experten für die unkoordinierte und ineffiziente Ausweitung sauberer Energien in den vergangenen Jahren verantwortlich machen.

   Kontakt zum Autor: jan.hromadko@dowjones.com

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