28.09.2014 14:03:47
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Öl, Gas und Kaviar vom Stör - Kremlchef Putin lädt zum Kaspi-Gipfel
ASTRACHAN (dpa-AFX) - Das Konfliktpotenzial um das ölreiche Kaspische Meer - den größten Binnensee der Erde - ist groß. Zwar betonen die Anrainer Russland, der Iran und die Ex-Sowjetrepubliken Aserbaidschan, Turkmenistan sowie Kasachstan ihre gute Nachbarschaft. Doch wenn Kremlchef Wladimir Putin an diesem Montag (29. September) in der Küstenstadt Astrachan seine Amtskollegen zum ersten russischen Kaspi-Gipfel empfängt, geht es um viel - auch um Russlands Macht auf dem Energiemarkt.
Schon seit Jahren streiten die Länder über eine Aufteilung des Binnenmeeres mit seinen reichen Öl- und Gasvorkommen. Bekannt ist das Kaspische Meer aber auch weltweit bei Gourmets für den teuren schwarzen Beluga-Kaviar, der aus den nur dort heimischen Stören gewonnen wird. Die Fischeier der Beluga-Störe sichern Wilderern und der "Kaviar-Mafia" einträgliche Geschäfte.
Putin, der sich gern als Tierschützer in Szene setzt und am Wochenende beispielsweise das von ihm initiierte Schutzprogramm für die Amurtiger als Erfolg lobpreiste, will sich auch in Astrachan für das Öko-System einsetzen. Ein eigener Programmpunkt wird deshalb das Aussetzen von Jung-Stören sein. Mit der Aktion an der Wolga, dem Hauptzufluss, soll die geschwächte Population der Beluga-Störe aufgepäppelt werden.
Fangverbote hatten in der Vergangenheit nie den erhofften Erfolg gebracht. Möglich ist aber auch ein Moratorium. Der Kreml schlägt Alarm: Die Stör-Population sei von einst 200 Millionen Exemplaren in den 1960er Jahren auf nun rund 12 Millionen geschrumpft.
Doch um den Tierschutz geht es beim vierten Kaspi-Gipfel, der alle vier Jahre in einem anderen Land organisiert wird, nur am Rande. Hauptziel Putins sei es, auf keinen Fall eine Aufteilung des Meeresbodens mit den dort gelagerten Schätzen zuzulassen, schreibt die Moskauer Zeitung "Nesawissimaja Gaseta". "Putin will das Kaspi-Meer nicht den Konkurrenten überlassen", meint das Blatt.
Nicht wenige im Moskauer Machtapparat sehen in dem leicht salzigen Gewässer einen weiteren postsowjetischen Problemfall, an dem sich imperialer Phantomschmerz festmachen lässt. Einst sahen sich das zaristische Russland und die Perser dort als einzige Herren. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion änderte sich das. Vor mehr als 20 Jahren kamen die unabhängigen Ex-Sowjetrepubliken Aserbaidschan, Kasachstan und Turkmenistan hinzu - mit eigenen Ansprüchen.
Eine Konvention soll künftig den Status des Kaspischen Meeres festlegen, wie der Kreml mitteilt. Spätestens beim nächsten Gipfel in Kasachstan soll das Dokument unterschriftsreif sein.
Experten sehen das wichtigste Ziel der Russen darin, den Bau einer transkaspischen Pipeline von der zentralasiatischen Republik Turkmenistan in das südkaukasische Aserbaidschan zu verhindern. Mit einer solchen Leitung könnte Europa an die mittelasiatischen Gasquellen angebunden werden. Damit würde die EU letztlich unabhängiger von russischen Energieträgern.
Eine solche Umgehung seiner Marktmacht, davon gehen Beobachter aus, will Russland unter allen Umständen verhindern. Die Russen warnten Aserbaidschaner und Turkmenen in der Vergangenheit davor, die Leitung zu bauen. Festklopfen lassen will Moskau zudem, dass Kriegsschiffe nur der Anrainer, aber keiner anderen Militärmacht auf den Gewässern fahren dürfen. Bei einem Konflikt wäre die russische Marine den anderen haushoch überlegen.
Klären müssen die Staaten aber vor allem, wie die Öl- und Gasvorräte im Meeresgrund künftig ausgebeutet werden können. Bisher haben die Länder jeweils eine 25-Meilen-Wirtschaftszone vor der Küste zur Verfügung. Die Fischerei ist nach internationalen Gesetzen auch außerhalb dieser Zonen im offenen Meer für alle erlaubt.
Besonders Aserbaidschan, der Iran und Turkmenistan wollten dringend den Status des Meeres festlegen, sagt der Experte Stanislaw Pritschin von der Russischen Akademie der Wissenschaften. Für die Staaten sei nämlich der Zugang zu den Öl- und Gasressourcen Grundlage für ein eigenes Einkommen und ihre Unabhängigkeit./mau/DP/edh
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