09.07.2014 20:40:58
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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Rentenreform Mit heißer Nadel Alexandra Jacobson, Berlin
Bielefeld (ots) - Auch nach Verabschiedung des Rentenpakets bleibt
das Mammut-Gesetzeswerk von Arbeitsministerin Andrea Nahles im
Gespräch. Es zeigt sich, dass das mit Abstand teuerste Projekt dieser
Wahlperiode mit arg heißer Nadel gestrickt wurde. In einigen Details
existieren jedenfalls handwerkliche Ungereimtheiten. Ein Gutachten
des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags hält die Ausnahmen bei
der Rente mit 63 jetzt sogar für verfassungswidrig. Es geht dabei um
die "rollierende Stichtagsregelung", die schon vor ihrer
Verabschiedung bei der Opposition und dem Deutschen Gewerkschaftsbund
auf scharfe Kritik gestoßen war. Damals ist bereits der Verdacht
aufgetaucht, dass es sich hier möglicherweise um keine
verfassungsfeste Regelung handelt. Das scheint sich jetzt zu
bestätigen. Um was geht es? Um Frühverrentungen zu vermeiden, sollen
Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs in den letzten zwei Jahren vor der
abschlagsfreien Rente ab 63 nicht mehr mitgezählt werden. Mit einer
Ausnahme: Im Falle einer "Insolvenz oder einer vollständigen
Geschäftsaufgabe" dürfen die Arbeitslosenzeiten auch in den Jahren
zwischen 61 und 63 noch hinzugezählt werden. Der Wissenschaftliche
Dienst des Bundestags stellt jetzt die einleuchtende Frage, warum
diese Ausnahme nicht auch bei betriebsbedingten Kündigungen gelten
soll. Der Arbeitnehmer ist dann ebenso schutzwürdig, denn ihn trifft
ja kein subjektives Verschulden an der Arbeitslosigkeit. Es kommt
schließlich immer wieder vor, dass Firmen einzelne Abteilungen
stilllegen und doch nicht gleich pleitegehen. Warum sollen diese
Arbeitslosen bei der Rente mit 63 schlechter abschneiden als
diejenigen, die von einer echten Pleite betroffen sind? Die
Ungleichbehandlung leuchtet jedenfalls nicht ein. Es wird nicht lange
dauern, bis der erste Betroffene beim Verfassungsgericht in Karlsruhe
dagegen klagen wird. Die Rentengesetze sind momentan beliebt, auch
weil sie einem Bedürfnis nach Umverteilung entgegenkommen. Doch wenn
sich dadurch neue Ungerechtigkeiten auftun, und sei es auch nur am
Rande, kratzt es am hohen Gerechtigkeitsanspruch, den die
Rentenreform doch erfüllen sollte.
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