25.10.2013 20:04:00
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Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Die dunkle Seite der digitalen Welt Es geht uns alle an HUBERTUS GÄRTNER
Bielefeld (ots) - Datenschützer erheben immer wieder ihre
kritischen Stimmen, aber nur wenige Menschen wollen sie bislang
wirklich hören. Als die Beauftragten des Bundes und der Länder Anfang
September zu ihrer Konferenz zusammenkamen, war der Skandal um den
amerikanischen Geheimdienst in Deutschland publik geworden. Die
Aktivitäten des US-amerikanischen und des britischen Geheimdienstes
würden auf eine "globale und tendenziell unbegrenzte Überwachung der
Internetkommunikation hinauslaufen", konstatierten die
Datenschutzbeauftragen. Die "staatliche Pflicht zum Schutz der
Grundrechte" erfordere es, sich "nicht mit der gegenwärtigen
Situation abzufinden". Dann kam die Bundestagswahl, wo der
Datenschutz so gut wie keine Rolle spielte. Im Gegenteil: Parteien
wie FPD und Grüne, die ihn früher noch halbwegs hochgehalten hatten,
verloren drastisch an Stimmen. Und die Piraten wurden pulverisiert.
Sogar jetzt, wo publik geworden ist, dass der US-Geheimdienst die
Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie etliche weitere Staatschefs
abgehört hat, herrscht eher Schadenfreude denn wilde Empörung.
Tatenlosigkeit war aber immer gefährlich. Schon die Philosophen
Theodor Wiesengrund Adorno und Max Horkheimer hatten 1949 in ihrem
Buch "Dialektik der Aufklärung" eine "rätselhafte Bereitschaft der
technologisch erzogenen Massen" konstatiert, sich totalitären
Ideologien und Herrschaftsformen zu unterwerfen. Doch die Deutschen,
die Gestapo und Stasi eigentlich kennen sollten, bleiben heute still
und stumm. Warum? Vielleicht wissen sie nicht, wo sie anfangen
sollen. Der Skandal erscheint ihnen zu groß und zu abstrakt.
Vermutlich hat die permanente Mobiltelefonie, Internetnutzung und
E-Mail-Schreiberei auf den kleinen Guck-Guck-Geräten viele aber auch
schon trunken gemacht - und sie leiden an Wahrnehmungsstörungen.
Vielleicht denken sie aber auch, dem guten Menschen werde schon
nichts passieren. Geheimdienst, das sei Bond. Peng, bumm - tot, aber
allenfalls bei Popcorn und im Kino. Leider beruht dieses Denken auf
einem schweren Irrtum. Denn die gewaltige Datenerfassung, die
Sammelwut, die ausufernde Videoüberwachung in der modernen
Gesellschaft geht nicht nur einige wenige, sondern uns alle an. Sie
schränkt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und damit die
Freiheit ein. Wenn wir zu gläsernen Menschen werden, kann man uns
leicht und umfassend kontrollieren und manipulieren. Zum großen Teil
ist das schon geschehen. Banken, Unternehmen und Behörden verknüpfen
die erhobenen Daten. Sie erstellen Profile, grenzen uns nach Belieben
aus oder bedienen unsere geheimsten Wünsche. Die Öffentlichkeit muss
gegen die dunkle Seite der digitalen Welt unbedingt kritischer
werden. Wir Nutzer müssen viel vorsichtiger agieren und die Politik
durch breiten Protest zwingen, uns vor Datenkraken zu schützen. Denn
das Treiben des Geheimdienstes NSA stellt wohl selbst die
schrecklichsten Albträume von George Orwells düsterer Zukunftsvision
"1984" in den Schatten.
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