16.07.2014 21:05:58
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Neue Westfälische (Bielefeld): Angela Merkel wird heute 60 Die Wohlfühlkanzlerin alexandra jacobson, berlin
Bielefeld (ots) - Deutschland ist Fußball-Weltmeister und Angela
Merkel Bundeskanzlerin. Irgendwie hat man das Gefühl, dass diese
beiden Dinge zusammengehören. Merkel weiß, was sich die Deutschen
wünschen. In ihrer zweiten Großen Koalition und nach fast neun Jahren
als Regierungschefin ist sie zur perfekten Wohlfühlkanzlerin
geworden. Für die Wähler gibt es sozialpolitische Geschenke:
Mütterrente, Betreuungsgeld, verbessertes Elterngeld, Rente mit 63,
Mindestlohn. Das Land kann sich die Wohltaten wegen des starken
Wirtschaftswachstums leisten. Auch weil die
sozialversicherungspflichtigen Jobs gleichzeitig auf Rekordniveau
klettern. Deutschland ist gut gelaunt und mit sich zufrieden. Selbst
wenn Merkel mit dem brasilianischen Sommermärchen direkt nichts zu
tun hat, passt die gewonnene Fußballweltmeisterschaft exakt in dieses
Bild. Merkel ist keine Kanzlerin, die ihr Wahlvolk mit ungewohnten
Ansichten oder kühnen Visionen verschrecken wür-de. Führung von vorn
ist ihr fremd. Sie sucht immer wieder die Übereinstimmung mit dem
Normalbürger. Ihr Regierungsstil setzt auf Abwarten und kleine
Schritte. Die Bürger finden es gut, von unliebsamen Überraschungen
verschont zu werden. Sie mögen die Kanzlerin, weil sie das Gefühl
haben, dass sie ihnen ähnelt. Merkel ist uneitel, zugewandt und
völlig ungeeignet für jegliche Skandale. Sie ist mit dem Geld für
ihre Arbeit zufrieden, ist fleißig und kocht daheim Kartoffelsuppe.
Die meisten Deutschen können sich in ihr wiedererkennen. Für eine
harte Reformpolitik, wie sie Gerhard Schröder den Bürgern einst mit
den Hartz-Gesetzen zumutete, wäre Merkel ungeeignet. In der Eurokrise
greift sie zwar durchaus mit harter Hand durch - aber vor allem, wenn
es darum geht, die südländischen Krisenstaaten auf Sparkurs zu
trimmen. Hierzulande tut sie alles, um die Menschen vor Zumutungen zu
bewahren. Als Bundespräsident Gauck von den Deutschen mehr
Verantwortung in der Sicherheits- und Außenpolitik verlangte, hat
Merkel geschwiegen. Sie weiß genau, wie unbeliebt Auslandseinsätze
bei ihren Landsleuten sind. Außenpolitik ist zwar ihr liebstes Feld,
und sie redet sicher lieber in Peking vor Studenten, als dass sie
sich im Bundestag durch eine Regierungserklärung kämpft. Aber auch in
der großen weiten Welt achtet sie darauf, mit der deutschen
Mehrheitsmeinung im Gleichklang zu bleiben. Dass Merkel mit den USA
wegen zweier unbedeutender Spione einen Eklat vom Zaun bricht, ist
aufschlussreich. Es wäre vermutlich klüger gewesen, diese beiden
Fälle über di-plomatische Kanäle anzusprechen. Doch sie nährt damit
die weit verbreitete antiamerikanischen Stimmung im Land. Man darf
gespannt sein, wie sie jetzt noch das Freihandelsabkommen mit den USA
hinbekommen will, das aus wirtschaftspolitischer Sicht für die
Exportnation Deutschland von erheblicher Bedeutung wäre. Auch Gerhard
Schröder hat sich einst scharf von den USA distanziert, aber bei der
Ablehnung des Irakkriegs ging es wenigstens um etwas wirklich
Wichtiges. Manchen ist Merkel derart eng ans Herz gewachsen, dass sie
sich ein Kanzleramt ohne sie gar nicht mehr vorstellen mögen. Es gibt
publizistische Stimmen, die sie in diesen Tagen geradezu anflehen,
2017 noch einmal anzutreten. Und in der Tat wäre sie dann erst 63
Jahre alt, was in der Politik eigentlich kein Alter ist. Doch wenn
sie klug ist, und das ist sie zweifellos, lässt sie sich darauf nicht
ein. Demokratie lebt vom Wechsel. Irgendwann müssen sich Merkel und
dieses Land voneinander trennen. Auch wenn es nicht nur für die CDU
ein bitterer Einschnitt wäre und ein Nachfolger nicht in Sicht ist.
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