14.01.2014 22:15:00

Neue OZ: Kommentar zu Gesellschaft / Sprache

Osnabrück (ots) - Eine gute Wahl

Sprache ist ein sensibler Gradmesser. Sie verrät mehr, als wir ahnen, und nicht immer ist das angenehm: Worte können beleidigen, bedrohen oder ausgrenzen.

Das Unwort des Jahres zeigt auf, wie weit solche Diffamierungen reichen. Schon oft lag die Jury goldrichtig. 2011 etwa, als sie mit dem Unwort "Döner-Morde" Abgründe einer Gesellschaft offenbarte, die peinlich weit entfernt ist von echter Integration ausländischer Mitbürger.

Nun also "Sozialtourismus" - wieder eine gute Wahl. Denn so notwendig die aktuelle Debatte um Hilfe suchende Migranten ist, so erbärmlich sind die Sprachentgleisungen, die mit ihr einhergehen.

Ein Begriff wie Sozialtourismus hat in einer angemessenen Behandlung des Problems nichts zu suchen. Er diskriminiert und stellt Zuwanderer unter Pauschalverdacht.

Zudem ist die Wortschöpfung zynisch: Niemals kann ein Verlassen der Heimat aus einer Notlage heraus lapidar mit "Tourismus", also mit einer Urlaubsreise, gleichgesetzt werden. Ein sensiblerer Umgang mit diesem komplexen Problem ist angebracht.

Das Unwort des Jahres hilft dabei. Denn im Gegensatz zu dem Hutträger, der Pflanze oder dem Boden des Jahres vergisst man diese Auszeichnung nicht so schnell wieder. Unworte setzen sich fest, werden diskutiert, schärfen den Blick. Das macht sie zu echten Augenöffnern für Defizite der Gesellschaft.

Melanie Heike Schmidt

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