04.05.2015 21:22:37
|
Mittelbayerische Zeitung: Tief gefallen / Der SSV Jahn Regensburg träumte vom großen Fußball. Nun sollte er schnell Bodenständigkeit lernen. Leitartikel von Jürgen Scharf
Regensburg (ots) - Jetzt ist es soweit. Der SSV Jahn Regensburg
ist abgestiegen. Sein tolles neues Fußball-Stadion, für das die Stadt
Regensburg viel Geld ausgibt, wird er in der Regionalliga eröffnen
müssen. Die Gegner heißen da nicht mehr Duisburg oder Bielefeld,
sondern Memmingen und Schalding-Heining. Das ist nicht die große
Fußball-Welt, von der in Regensburg seit langem fantasiert wird. Doch
wer zu hoch hinaus will, kann tief fallen. Für seine Traumtänzerei
muss der Klub jetzt teuer bezahlen. Allerdings: Wenn er mit beiden
Beinen auf dem Boden der Tatsachen landet, könnte dies der erste
Schritt in eine bessere Zukunft sein. Regionalliga - niemals! Noch
vor ein paar Monaten, als der Klub schon längst auf dem letzten
Tabellenplatz stand, wurden beim Jahn Gedanken an den Abstieg pikiert
zur Seite geschoben. Uns kann und wird das nicht passieren. Woher
dieses Urvertrauen eigentlich kam, ist im Rückblick rätselhaft.
Sicher, der Jahn hat vor zwei Jahren eine Saison in der 2. Bundesliga
gespielt. Das war nicht zuletzt ein Verdienst des Trainers Markus
Weinzierl, der nun auch beim FC Augsburg beweist, dass er aus wenig
sehr viel machen kann. Bis auf diesen einen Ausreißer nach oben war
der Jahn aber seit vielen Jahren nichts anderes als maximal eine
mittelmäßige Drittligamannschaft. Mehr war auch nicht zu erwarten,
weil die (wechselnden) Manager des Vereins meist gerade genug Geld
heranschafften, um sich irgendwie über die Ziellinie zu retten. Dann
kam der 28. Juli 2011. An diesem Tag beschloss der Regensburger
Stadtrat, dass ein neues Stadion gebaut wird. Eine Arena, mit der der
Jahn in neue Sphären durchstarten kann. Und das möglichst in
Überschallgeschwindigkeit. Schließlich gab es die Hoffnung, dass
alleine schon der Spatenstich des Großprojekts Sponsoren in Scharen
anlockt, mit deren Geld dann Superspieler geholt werden können. Auf
den Millionenregen wurde vergeblich gewartet. Der Jahn hatte bis
zuletzt einen kleineren Etat als die meisten seiner Konkurrenten in
der 3. Liga. Und das ohnehin wenige Geld setzte der Jahn dann auch
noch schlecht ein, ergo: Abstieg. Was der Neustart in der
Regionalliga letztlich für den SSV Jahn und das ambitionierte
Stadionprojekt bedeuten wird, hat der Klub nun selbst in der Hand.
Denn, man höre und staune, es ist fürwahr nicht alles schlecht. Dass
der Klub bis vor kurzer Zeit quasi ständig vor der Pleite stand,
wurde im Jubeltaumel um das neue Stadion verdrängt. Nach allem, was
man weiß, hat der Verein zuletzt aber erfolgreich seine Finanzen
geordnet. Er ist immer noch nicht reich, aber es liegen zumindest
keine unbezahlten Rechnungen mehr im Keller herum. Vielleicht kann
der Klub, so bizarr es klingt, in der Regionalliga wirtschaftlich
sogar zulegen. Siege lassen sich besser vermarkten als Niederlagen.
Also lieber in der Regionalliga oben mitspielen, als der Prügelknabe
der 3. Liga sein. Wenn sich der Klub wirklich auf die neue
Spielklasse einlässt, kann dies auch an einer anderen Front ein
Vorteil sein. Seit Jahren gelingt es dem Jahn nicht, Spieler aus der
Oberpfalz in die Profimannschaft zu bringen - obwohl dies für die
Fans das Größte wäre. Vielleicht klappt dies in der Regionalliga
endlich mal. Kleine Brötchen backen, sich fürs Erste über jeden Sieg
in der Regionalliga freuen - dies könnte der Weg aus der Misere sein.
Umso mehr, da mit dem FC Ingolstadt in der kommenden Saison ein neuer
Bundesliga-Klub direkt vor der Haustür ist. Wer die Stars der Szene
sehen will, geht da hin. Der Jahn braucht deswegen ein neues Profil.
Er muss Bodenständigkeit vorleben - vom Zeugwart bis zum Klubchef.
Wenn der Klub die Regionalliga dagegen nur als Betriebsunfall
begreift, als lästige Zwischenstation beim neuen Anlauf zu Höherem,
wird er scheitern.
OTS: Mittelbayerische Zeitung newsroom: http://www.presseportal.de/pm/62544 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_62544.rss2
Pressekontakt: Mittelbayerische Zeitung Redaktion Telefon: +49 941 / 207 6023 nachrichten@mittelbayerische.de
Der finanzen.at Ratgeber für Aktien!
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!