16.12.2013 19:59:58
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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Reinhard Zweigler zu Koalition
Regensburg (ots) - Mit selbst gemixter Wein-Apfelsaftschorle hat
die alte und neue Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem
SPD-Vorsitzenden und künftigen Vize-Kanzler Sigmar Gabriel sowie
CSU-Chef Horst Seehofer gestern auf den gerade unterzeichneten
Koalitionsvertrag angestoßen. Die große Koalition müsse "eine
Koalition für große Aufgaben" sein, befand die Regierungschefin, die
heute in ihre dritte Amtszeit startet. Vergleichsweise nüchtern,
pragmatisch, ohne Champagner zu schlürfen, wie einst Gerhard Schröder
und Joschka Fischer, gehen die Koalitionäre ab heute ans Werk. Ein
Blick auf die schwarz-rote Agenda zeigt: Diese neue Bundesregierung
mag sich vielleicht keine gewaltigen, glitzernden und visionären
Projekte vorgenommen haben - doch ein Arbeitsprogramm, das den
Schweiß der Edlen wert ist, schon. Auf dem Tisch steht viel trockenes
Graubrot, keine Häppchen mit Kaviar. Der neue Super-Energie- und
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel etwa muss bereits bis Ostern 2014
die Generalüberholung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)
vorlegen. Dazu soll das politische Schwergewicht aus Niedersachsen
einen verbindlichen Ausbaupfad und Kostenobergrenzen für
umweltfreundliche Energien präsentieren, woran seine Vorgänger
kläglich gescheitert waren. Eine harte Nuss dürften auch die
angepeilten Reduzierungen der Fördergelder für neue Windräder auf See
und an Land sein. Allerdings könnten die Reibereien, die es bislang
zwischen Umwelt- und Wirtschaftsressort bei der Energiewende gab, mit
der Konzentration in einem Ressort geringer werden. Ein Selbstläufer
ist die Energiewende jedoch keinesfalls. Und Gabriel, der zurzeit auf
einem Höhenflug ist, dürfte schnell wieder geerdet werden. Wenn er
etwa dem Volk eine höhere EEG-Umlage erklären muss. Kaum weniger
anspruchsvoll ist der Job von Wolfgang Schäuble, der eine der wenigen
Konstanten in Merkels neuem Kabinett ist. Die Stabilisierung des
Euro, des europäischen Bankensystems und des Bundeshaushalts sind
seine wichtigsten Aufgaben. Bereits am Mittwoch verhandelt der
CDU-Mann mit seinen EU-Amtskollegen über Regeln zur Abwicklung
maroder Banken. Dafür soll ein Fonds von 55 Milliarden Euro aufgebaut
werden, an dem sich deutsche Geldhäuser mit etwa zehn Milliarden
beteiligen sollen. Unwägbare Risiken für den Euro bergen weiterhin
südeuropäische Krisenstaaten, denen mit vielen Milliarden aus dem
Euro-Sicherungsmechanismus unter die Arme gegriffen wird. Ein
schwieriger Akt wird zudem die Neuordnung der Finanzbeziehungen
zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Auf die neue Arbeitsministerin
Andrea Nahles sowie den neuen Super-Verkehrsminister Alexander
Dobrindt - seit den Koalitionsverhandlungen sind die beiden
Ex-Generalsekretäre von SPD und CSU per Du - warten gleichfalls
gewaltige Herausforderungen. Die eine muss den Mindestlohn, der
bislang nur auf dem Papier steht, sowie die abschlagsfreie Rente mit
63 - bei 45 Versicherungsjahren - umsetzen. Der andere muss die
Verkehrsinfrastruktur auf Vordermann bringen sowie nicht zuletzt die
Pkw-Maut ins Werk setzen. Viele halten diese Aufgabe, die ihm Horst
Seehofer aufgetragen hat, für die Quadratur des Kreises, also
unlösbar. Freilich sind große Aufgaben nichts für Kleingeister.
Schwarz-Rot hat sich vieles vorgenommen - und verfügt eigentlich auch
über die Kraft und einen riesigen parlamentarischen Rückhalt, um
alles umzusetzen.
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