01.06.2015 20:16:45
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Merkel fordert gemeinsames Vorgehen bei digitalem EU-Markt
Von Stefan Lange
BERLIN (Dow Jones)--Die Schaffung eines einheitlichen digitalen EU-Binnenmarktes kann nach Einschätzung von Kanzlerin Angela Merkel nur mit einer kompromisslosen Zusammenarbeit aller Mitgliedstaaten gelingen. "Wir können viel schaffen, wenn wir gemeinsam agieren. Wenn wir fragmentiert agieren, wird das schwierig sein", sagte Merkel am Montagabend in Berlin. Die CDU-Vorsitzende traf sich mit dem französischen Präsidenten Francois Hollande, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und dem Interessenverband European Round Table of Industrialists, um über Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung für die europäische Industrie und ihre globale Wettbewerbsfähigkeit zu sprechen.
Es gebe beim Thema Digitalisierung in Europa eine Vielzahl von Ideen, aber noch keinen gemeinsamem Plan, sagte Merkel. An offenen Themen nannte die Kanzlerin unter anderem die Roaminggebühren, Finanzierungsfragen, den Datenschutz und das Big-Data-Management.
Hollande: Europa muss Beispiel sein
Hollande erklärte, Europa müsse bei den Herausforderungen der Digitalisierung "beispielhaft vorangehen". Der Franzose plädierte für einen gemeinsamen digitalen Markt zur Harmonisierung nationaler Regelwerke sowie die Schaffung eines echten Binnenmarktes, der offene Fragen wie die der Besteuerung, der Finanzierung und der Ausbildung regele. Hollande lenkte den Blick einmal mehr auf die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und forderte mehr Innovationen bei der Förderung von Start-up-Unternehmen.
Juncker, der Anfang Mai bereits einen 16-stufigen Plan zur Entwicklung eines digitalen Binnenmarktes vorgestellt hatte, nannte dieses Vorhaben "eine der Hauptprioritäten der Kommission". Die digitale Revolution sei "in ihrer Wucht" vergleichbar mit der ersten industriellen Revolution, meinte der Kommissionspräsident, sah gleichzeitig aber noch erheblichen Nachholbedarf.
Nur ein Bruchteil ist auf dem Weg
Nur 1,7 Prozent der europäischen Unternehmen seien in Sachen hoch entwickelter Digitaltechnologie unterwegs, beklagte Juncker. 41 Prozent seien "noch überhaupt nicht unterwegs. Wir müssen sie auf den Weg bringen". Ein funktionierender digitaler EU-Binnenmarkt könnte nach Junckers Worten mit rund 415 Milliarden Euro jährlich zur EU-Wirtschaftsleistung beitragen und Hunderttausende neue Arbeitsplätze hervorbringen.
Ob den vollmundigen Ankündigen Taten folgen, wird sich bald erweisen. Der digitale Binnenmarkt soll beim nächsten EU-Gipfel am 25. und 26. Juni in Brüssel auf der Tagesordnung stehen. Es ist dies die erste Bewährungsprobe für Juncker, der mit Widerstand rechnen muss.
Einfach wird es nicht
Zwar mögen sich alle Staaten darüber einig werden, dass ein digitaler Binnenmarkt eine gute Sache ist. Doch Juncker sagte in Berlin einen Satz, der viele Regierungschefs auf die Palme bringen wird. Ein einheitlicher europäischer digitaler Binnenmarkt bedeute, sagte Juncker, "dass wir die nationalen Silos dem Zugriff exklusiv nationaler Politik entziehen müssen".
Unter anderem der britische Premier David Cameron wird sich das so nicht gefallen lassen, wirbt er doch gerade um grundlegende EU-Reformen, die die Rolle der nationalen Parlamente im Verhältnis zu Brüssel stärken sollen. Und auch Deutschland und Frankreich wollen das Gewicht der EU-Kommission vor allem bei Finanz- und Wirtschaftsfragen eher begrenzen denn ausbauen.
Kontakt zum Autor: stefan.lange@wsj.com
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June 01, 2015 13:45 ET (17:45 GMT)
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