Produktionsstillstand |
02.09.2021 21:48:00
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MAN-Werk in Steyr: Nach Übernahme von Investor Wolf kommt nun Kurzarbeit
Wobei sich die Kurzarbeit in Österreichs Fahrzeugwerken ausweitet. Auch im Grazer Werk von Magna Steyr wurden 3.500 Mitarbeiter zur Kurzarbeit angemeldet, schreiben die "Oberösterreichischen Nachrichten". Derzeit würden 2.000 der rund 8.000 Beschäftigten effektiv kurz arbeiten. Über die genaue Dauer und das Arbeitsausmaß der kommenden Kurzarbeit wollte man bei Magna Steyr nichts sagen, man hofft aber, dass bis zum Jahresende die Produktionsrückstände aufgeholt sein werden. Schon zwischen Mai und Juli galt für 1.000 Mitarbeiter in dem Werk Kurzarbeit.
Siegfried Wolf, der neue Eigentümer des MAN-Werkes, das nun "Steyr Automotive" heißt, präzisierte, MAN hatte mitteilen müssen, dass die Halbleiterlieferungen nicht im erforderlichen Ausmaß erfolgen können. Daraufhin sei mit dem AMS über Kurzarbeit verhandelt worden. Der Investor lobte das österreichische Kurzarbeitsmodell. So werde es zu "marginalen Anpassungen" für die Mitarbeiter kommen. Insgesamt hoffe er, dass es den September brauchen werde, um den Mangel in den Griff zu bekommen und man dabei mit Halbarbeit durchkommen könne. Material sei zugesagt worden. Das Werk habe volle Auftragsbücher, aber auch einen vollen Hof mit angezahlten Fahrzeugen, die nicht fertiggebaut werden können, weil beispielsweise die Elektronik für das ABS fehle. "Gott sei Dank braucht ein Lkw nicht so viele Halbleiter wie ein Luxusfahrzeug."
Das "Steyr Automotive" sei in zwei Rollen - OEM (Original Equipment Manufacturer/Originalgerätehersteller aber auch Zulieferer. Die Lackiererei könne weiterhin Vorarbeiten leisten.
Wolf berichtete, der Chipmangel beschäftige die Industrie bereits seit August des Vorjahres. Es gebe "überwachte Zuteilungen" an die Bezieher. Er verlangte ein gemeinsames Vorgehen der EU. Denn derzeit würden 70 bis 75 Prozent der Halbleiter in einer Region im Fernen Osten hergestellt. Wenn China Hongkong übernehme und in weiterer Folge auch Taiwan dann seien 85 Prozent der Produktion in einer Hand. Wenn es die EU nicht gäbe müsste sie jetzt gegründet werden, vielleicht etwas umgebaut werden. Jedoch sein Appell: "Wir sind nur so stark, wie wir uns verbünden". Der Fehler in der Vergangenheit sei gewesen, dass global eine "Blutspur" hinterlassen worden sei: Es ist dorthin abgesiedelt worden, wo die Investitionen gefördert werden und der Mitarbeiter nichts bekommt". In Europa habe zuletzt im Halbleiterbereich nur Infineon in Österreich eine Mrd. Euro investiert.
Der oberösterreichische Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) ergänzte auf Anfrage, auch etliche andere Unternehmen hätten große Probleme mit der Versorgung mit Halbleitern. "Die fahren auf Sicht". Wie lange das noch andauere sei ein Blick in die Glaskugel. Wolf erwähnte eine private Erfahrung: Ein Rollo in seinem Haus sei kaputt. Das Steuergerät lasse auf sich warten.
Über die laufenden Einzelgespräche der Personalabteilung mit den ehemaligen MAN-Mitarbeitern bezüglich deren beruflichen Zukunft berichtete Wolf, sie würden "weit besser verlaufen", als erwartet, weil es dabei gute Zukunftsperspektiven und volle Auftragsbücher gebe. Mit mehr als der Hälfte der Mitarbeiter sei schon geredet worden und es gebe mehr als positive Rückmeldungen. Er rechne damit, dass er in zwei oder drei Wochen über einen größeren partnerschaftlichen Abschluss berichten könne.
Von der rund 1.900 Leute umfassenden Stammbelegschaft müssen voraussichtlich rund 500 gehen. Künftig werden Arbeiter bis zu maximal 15 Prozent vom Nettobezug weniger verdienen, Angestellte 10 Prozent vom Brutto plus Entfall aller Überstundenpauschalen. Dafür gibt es eine Übertrittsprämie von bis zu 10.000 Euro.
Der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) und Wirtschaftslandesrat Achleitner stellten in Steyr gemeinsam mit Wolf eine geplante Forschungsgesellschaft am Standort von Steyr Motive vor. Dabei soll es um modulare Batterien für Nutzfahrzeuge, Brennstoffzellen, Konzepte für E-Antriebsintegration, Wasserstoffverbrennungsmotoren und alternative Antriebsplattformen für Nutzfahrzeuge gehen. Von Bund und Land stünde eine entsprechende Forschungsförderung bereit, derzeit werde daran gearbeitet, dass die EU-Rechtskonformität sichergestellt sei. Dann könnte 2022/2023 mit der Forschungsarbeit begonnen werden.
Das Projekt ist Teil der Bemühungen um die Technologieführerschaft bei "Future Mobility". Eine Standortstudie im Auftrag des Landes hat dazu den Strukturwandel der oberösterreichischen Automobilbranche analysiert. Sie umfasst 280 Unternehmen mit 3,6 Mrd. Euro Wertschöpfung und mehr als 31.000 Beschäftigten. Dazu kommen noch indirekte Effekte, die noch weitere Wertschöpfung und zusätzliche Arbeitsplätze auslösen. Die in der Studie erkannten Trends umfassen neben der Elektrifizierung und Digitalisierung auch Werkstoffe und Werkstofftechnik und zusätzliche Geschäftsfelder. Wolf erläuterte zu den Bemühungen: "Einzelne Fahrzeuge können einige herstellen, aber wer als erster die große Volumensstruktur auf den Markt bringt, wird das Match gewinnen". Gemeinsam mit der Belegschaft gehe Steyr Automotiv" in diese Richtung.
Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ) merkte im Pressedienst seiner Partei an, der "holprige Start" der Steyr Automotive sei auch die Folge einer Standortpolitik der Bundesregierung, die mit wenig Weitblick und dafür mit Scheuklappen agiere. "Vielleicht geht das alles gut, vielleicht aber auch nicht. Fest steht: So geht seriöse strategisch-politische Standortentwicklung einfach nicht", warnte Haimbuchner.
(APA)
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