25.10.2013 17:06:31
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KONJUNKTUR IM BLICK/So locker wie es geht
Von Hans Bentzien
Die wichtigsten Zentralbanken der Welt dürften ihren Lockerungskurs beibehalten, wenn sich ihre geldpolitischen Entscheidungsgremien in den kommenden zwei Wochen treffen. Niedrige Inflationsraten und unsichere Wachstumsperspektiven lassen den Geldpolitikern kaum eine andere Wahl.
In den USA wird die geldpolitische Wende auch wegen finanzpolitischer Unsicherheiten wohl auf 2014 verschoben, Japan verfolgt ein längerfristiges Geldvermehrungsprogramm, das die hartnäckige Deflation besiegen helfen soll, und in der Eurozone geht es den schwächeren Ländern immer noch zu schlecht, als dass die Zügel jetzt schon angezogen werden könnten. Weil aber die nachlassende Liquiditätsnachfrage der Banken die Bilanzsumme der Europäischen Zentralbank (EZB) quasi automatisch sinken lässt, steht der Euro unter Aufwertungsdruck.
Der Offenmarktausschuss (FOMC) der US-Notenbank hat die globalen Finanzmärkte im September geschockt, als er die weithin erwartete geldpolitische Wende abblies. Zu unsicher schienen den FOMC-Mitgliedern die Wachstumsaussichten, zu wenig gefestigt die Lage am Arbeitsmarkt und zu ungewiss der Ausgang des Haushaltsstreits. Was letzteres angeht, haben sich die Befürchtungen des FOMC fast bestätigt. Der Zahlungsausfall wurde mal wieder nur knapp vermieden, die Schließung von Regierungsbehörden dauerte zwei Wochen.
Und eine Neuauflage des Spektakels droht Anfang 2014, denn die befristete Ausgabenermächtigung der Regierung endet schon am 15. Januar, und das Schuldenlimit ist nur bis 7. Februar außer Kraft gesetzt. Viele Beobachter erwarten deshalb, dass die Notenbank ihre milliardenschweren Anleihekäufe unter solchen Umständen nicht reduzieren wird. Für die Sitzung am kommenden Mittwoch gibt es also ganz sicher Entwarnung.
Ohnehin findet die nächste turnusmäßige FOMC-Sitzung mit anschließender Pressekonferenz, die es zur Erläuterung einer geldpolitischen Wende auch bräuchte, erst am 18. und 19. März 2014 statt. Bis dahin, so die vorherrschende Erwartung, passiert nichts. Und was danach passiert, hängt stark vom Ausgang des Finanzstreits zwischen Republikanern und Demokraten ab.
Inflationsseitig muss sich die Fed jedenfalls keine Sorgen machen, zu locker zu sein. Die Verbraucherpreisinflation ist im August - aktuellere Daten liegen wegen der Behördenschließung nicht vor - auf 1,5 von zuvor 1,9 Prozent gesunken. Die Kernteuerung legte von 1,7 auf 1,8 Prozent zu und lag damit im Zielbereich. Verspätete Daten für September werden am Mittwoch, einige Stunden vor der geldpolitischen Entscheidung, veröffentlicht.
In Europa ist Inflation noch weniger ein Thema als in den USA - falls das möglich ist. Die Inflationsrate lag hier im September nur noch bei 1,1 Prozent, was der niedrigste Wert seit Februar 2010 war. Die Kernteuerung betrug 1,0 Prozent. Für Oktober (Veröffentlichung am Donnerstag) wird eine Stagnation auf diesem Niveau erwartet. Bereits am Mittwoch veröffentlicht das Statistische Bundesamt vorläufige Teuerungsdaten für Deutschland. Auch hier wird eine konstante Teuerung erwartet.
Der für die EZB relevante mittelfristige Inflationsausblick sieht ebenfalls mehr als undramatisch aus. Das Wachstum der breiten Geldmenge M3 hat sich im September auf 2,1 Prozent abgeschwächt, anstatt wie erwartet bei 2,3 Prozent zu stagnieren. Allerdings hat sich der Rückgang bei der Kreditvergabe erstmals seit März dieses Jahres nicht weiter verschärft. Von besonderem Interesse ist vor diesem Hintergrund der am Mittwoch anstehende Quartalsbericht der EZB zur Kreditvergabe. Schlüsse aus all dem wird der EZB-Rat allerdings erst am 7. November, also in der Folgewoche, ziehen.
Dann könnte auch wieder der Wechselkurs des Euro ein Thema werden. Ob und in welcher Weise sich Präsident Mario Draghi zu diesem Thema äußern wird, bleibt abzuwarten. Am wahrscheinlichsten ist, dass er den gestiegenen Wechselkurs erneut als "Abwärtsrisiko" für die Inflation bezeichnen wird.
Gegenüber dem Dollar hat der Euro seit Jahresbeginn um 6 Prozent aufgewertet. Darin dürfte sich auch die Tatsache spiegeln, dass die US-Notenbank ihre Bilanz immer noch stark über Anleihekäufe ausweitet, während die EZB-Bilanz in der Tendenz seit Mitte 2012 schrumpft. Grund ist, dass im gegenwärtigen Modus der Vollzuteilung geldpolitischer Refinanzierungsgeschäfte die Banken maßgeblich über die Größe der Zentralbankbilanz entscheiden. Und die halten dank der Staatsanleihekaufzusage der EZB weniger Notfallliquidität vor.
Der reale effektive Wechselkurs der Eurozone allerdings, der die relevante Messgröße der preislichen Wettbewerbsfähigkeit ist, hat sich seit Anfang 2013 nur um knapp 3 Prozent erhöht.
Auch der bei der Bank of Japan (BoJ) stehen in der kommenden Woche (Donnerstagmorgen) keine geldpolitische Änderungen auf dem Programm. Das Projekt, die umlaufende Geldmenge zu verdoppeln und so die seit Jahren herrschende Deflation zu vertreiben, ist ein längerfristiges Projekt. In diesem Projekt ist die BoJ allerdings nur einer, wenn auch ein entscheidender Akteur.
Ohne Wirtschaftswachstum, wachstumsfreundliche Reformen und eine langfristig glaubwürdige Finanzpolitik wird das Vorhaben von Ministerpräsident Shinzo Abe kaum Erfolg haben. Insofern ist es durchaus von Interesse, wenn die BoJ am Donnerstag nicht nur ihren geldpolitischen Kurs kommuniziert, sondern auch neue Wachstums- und Inflationsprognosen veröffentlicht.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@wsj.com
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October 25, 2013 10:34 ET (14:34 GMT)
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