07.12.2024 15:13:00
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Koalition - Budgetloch dominiert Verhandlungen
Das Budgetloch hat am Wochenende weiterhin die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS dominiert. "Wir haben zu viel ausgegeben", räumte Ex-Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) am Samstag ein. ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian pochte zur Budgetsanierung auf einen "guten Mix aus einnahmen- und ausgabenseitigen Maßnahmen". Der ÖVP-Wirtschaftsbund ist dagegen bemüht, die - auch vom eigenen Parteichef befeuerte - Debatte um mehr Steuerbelastung wieder zu beenden.
Während zuletzt einige inhaltliche Details aus den Regierungsverhandlungen nach außen gedrungen waren, die signalisieren, dass sich die drei recht unterschiedlichen Parteien in gewissen Bereichen durchaus einig werden, ging es übers Wochenende weiter um Finanzielles. Anfang der Woche soll es wieder Gespräche auf oberster Ebene geben. Bis kommenden Donnerstag sollen alle Untergruppen ihre Ergebnisse, aber auch ihre Knackpunkte kundtun. Die ungeklärten Punkte sollen dann von der Steuerungsgruppe gesichtet werden, in der neben den Parteichefs auch die Präsidenten von ÖGB und Wirtschaftskammer, Wolfgang Katzian und Harald Mahrer, sitzen.
Katzian hat derart hohen Konsolidierungsbedarf "noch nie" erlebt
Wie schon andere Chefverhandler bezifferte auch Gewerkschafter Katzian am Samstag im Ö1-"Mittagsjournal" die Chancen, dass die Dreierkoalition etwas wird, mit 50:50. In einzelnen Bereichen sei man "gut unterwegs", "und in anderen ist es sehr, sehr schwierig" - da müsse man schauen, ob man zu gemeinsamen Lösungen kommen könne. Das werde noch ein bisschen dauern.
So einen hohen Konsolidierungsbedarf - je nach Berechnungsart zwischen 15 und 23 Milliarden Euro - habe er bei Regierungsverhandlungen "noch nie" erlebt, meinte Katzian. Er pochte auf einen Mix zur Budgetsanierung: "Breite Schultern können mehr tragen." Er sei "absolut dagegen", das Budget "vor allem ausgabenseitig zu Lasten des Sozialstaates" zu konsolidieren. Die SPÖ fordert ja Vermögenssteuern, die ÖVP lehnt sie ab. Ob als Kompromiss eine höhere Grundsteuer herausschauen könnte, wollte sich Katzian nicht festlegen: Es gebe "verschiedene Modelle", man sei "mitten in der Diskussion".
Wirtschaftsbund will Tür für Abgabenerhöhungen "wieder zumachen"
Auch ÖVP-Obmann Karl Nehammer hatte zuletzt Steuererhöhungen zur Budget-Konsolidierung nicht mehr ausgeschlossen - das wäre "absurd", meinte er in Interviews. Der Kanzler machte zwar einmal mehr klar, dass Erbschafts- und Vermögenssteuern für ihn nicht in Frage kämen. Bezüglich einer höheren Grundsteuer erwartete er aber Gespräche in der entsprechenden Arbeitsgruppe. In der ÖVP sind mit dieser Steuer-Debatte nicht alle glücklich: Es dürfe "nicht um neue Belastungen gehen in den Verhandlungen", versuchte Wirtschaftsbund-Generalsekretär und Verhandler Kurt Egger in der "Presse" die Diskussion wieder zu beenden. "Der Standort verträgt keine höheren Steuern", erklärte er auch in der "Kleinen Zeitung". Die Tür für Abgabenerhöhungen "müssen wir wieder zumachen", forderte Egger. "Budgetkonsolidierung soll jetzt einmal so laufen, dass man sich überlegt, wie man wieder Wachstum schafft."
Gegen neue Steuern und explizit entsprechende Forderungen der SPÖ rückte unterdessen in mehreren Zeitungen der künftige Generalsekretär der Wirtschaftskammer und ÖVP-Verhandler der Wirtschaftsgruppe, Wolfgang Hattmannsdorfer, aus. Er verweist ebenfalls auf die wirtschaftliche Situation: "Die Einschläge kommen immer näher und die Detonationen werden immer stärker", meinte er etwa im "Kurier". "Wir müssen jetzt aufwachen. Die Österreicher verlieren ihre Jobs und wir diskutieren über neue Steuern. Das ist der komplett falsche Zugang."
"Wir haben zu viel ausgegeben"
Was das Budgetloch betrifft, räumte Ex-Finanzminister Brunner, der seit kurzem EU-Kommissar ist, am Samstag beim "Mediengipfel" in Lech am Arlberg ein: "Wir haben zu viel ausgegeben." Allerdings stelle sich auch die Frage, "wo man hätte weniger ausgeben können". Betroffene Gruppen würden Einsparungspotenziale stets bei anderen sehen. So habe der Bund beim Finanzausgleich Ländern und Gemeinden mehr Mittel im Bildungs- und Pflegebereich zugestanden, man habe die kalte Progression abgeschafft, und im Verteidigungsbereich gebe man wegen der veränderten Sicherheitslage mehr aus. Aus guten Gründen mehr Geld zur Verfügung stellen und gleichzeitig sparen zu wollen, nannte Brunner "das schizophrene Dilemma eines Finanzministers".
"Man muss natürlich einsparen", bekannte der jahrelange Finanzminister und nannte etwa das Förderwesen. Ein erster Schritt sei mit der Transparenzdatenbank gesetzt worden, die Doppelförderungen verhindern solle. Beim Klimabonus sah Brunner durchaus ein Versäumnis der alten Bundesregierung - der er selbst angehörte - indem er die soziale Treffsicherheit vermisste.
"Überrascht ob der sehr späten Erkenntnis des ehemaligen Finanzministers" zeigte sich NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos. "NEOS, Fiskalrat, Finanzexpertinnen und -Experten - alle haben sie unisono schon seit Monaten vor der budgetär schlechten Lage gewarnt. Und dennoch hat Brunner bis zum Wahltag die Situation gefährlich kleingeredet", meinte Hoyos zur APA. Es werde "die schwierige Aufgabe der künftigen Regierung sein, nach Jahren 'Koste es, was es wolle' das Budget zu konsolidieren und gleichzeitig Spielraum für Entlastung und Zukunftsinvestitionen zu schaffen." Die Lage sei ernst, aber die NEOS hätten "die ehrliche Ambition, dass mehr möglich ist, als nur das Mindestmaß".
Verhandlungen über Bürokratieabbau recht weit
Unterdessen verriet Wirtschaftsbund-Generalsekretär Egger in der "Kleinen Zeitung" Details zu geplanten Maßnahmen zum Bürokratieabbau: So soll es künftig rund ein Drittel weniger regelmäßig wiederkehrende Überprüfungen für Unternehmen geben. Kleineren und mittleren Unternehmen soll die Buchhaltung dadurch erleichtert werden, dass Pauschalierungen "vernünftig erweitert" werden. Vor allem aber wollen die Verhandler bei Kleinbeträgen die Erteilungspflicht für Belege lockern - im Gespräch ist hier ein Freibetrag von 30 Euro, um die Kassazettelflut einzudämmen. Zudem sollen Firmenübergaben erleichtert werden.
spu/hhi
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