24.09.2023 10:56:39
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Klimaforscher prangert Bundesregierung wegen Klimageld an
HAMBURG (Dow Jones)--Der Potsdamer Klimaökonom Ottmar Edenhofer kritisiert, dass die Ampelkoalition das angekündigte Klimageld frühestens im Jahr 2025 an die Bürger auszahlen will. "Das ist bedauerlich", sagte er dem Magazin Spiegel. "Man könnte den Eindruck gewinnen, die Bundesregierung nimmt dieses Vorhaben offenbar überhaupt nicht ernst." Dabei würde ein solches Klimageld den Menschen zeigen, dass es dem Staat um den Kampf gegen die Erderwärmung gehe - und nicht darum, Einnahmen zu erzielen, sagte er.
SPD, Grüne und FDP hatten im Koalitionsvertrag versprochen, den Bürgern einen Teil der Einnahmen aus dem Emissionshandel für Gebäude und Verkehr nach sozialen Kriterien zurückzuerstatten.
Der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung wandte sich zugleich gegen den Vorschlag, einen Industriestrompreis aus dem Klimafonds der Regierung zu zahlen, der sich ebenfalls aus dem Emissionshandel speist. Das wäre "Zweckentfremdung", sagte Edenhofer. Zudem habe die Debatte über das Heizungsgesetz gezeigt, wie wichtig die Frage der finanziellen Kompensation für die Akzeptanz der Klimapolitik sei.
Das Ziel des Pariser Weltklimaabkommens, den durchschnittlichen Anstieg der Erdtemperatur möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, hält der Forscher für unerreichbar. "Uns läuft die Zeit davon. Ich gehe davon aus, dass wir das 1,5-Grad-Ziel zumindest für einige Dekaden überschreiten werden", sagte Edenhofer.
Beim Überschreiten der 1,5-Grad-Marke drohe ein großer Teil der weltweiten Korallenriffe abzusterben. Zudem könnten Kipppunkte wie etwa das großflächige Abschmelzen des grönländischen Eisschildes ausgelöst werden - was die Erhitzung nochmals beschleunigen würde.
Die Temperaturen könnten Edenhofer zufolge in der Zukunft wieder unter die 1,5 Grad-Marke gesenkt werden. Hierzu allerdings müssten die Emissionen stark heruntergefahren sowie Massen von Kohlenstoff aus der Atmosphäre zurückgeholt und etwa in den Boden geleitet werden.
Die gehäuften Extremwetterereignisse der vergangenen Wochen wie die Überflutungen in Griechenland, Hitzerekorde in Spanien und Dammbrüche in Libyen bezeichnete Edenhofer als "bittere Bestätigung" und Schock: "Vorhergesagt haben wir das alles seit Jahren - und jetzt spüren wir, was es wirklich heißt, in einer 1,5-Grad-Welt zu leben". Die wirtschaftlichen Schäden seien noch größer als bislang gedacht: schon im Jahr 2030 bis zu 420 Dollar je zusätzlich ausgestoßener Tonne Kohlendioxid.
Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com
DJG/gos
(END) Dow Jones Newswires
September 24, 2023 04:56 ET (08:56 GMT)
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