18.11.2013 13:16:31
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IW Köln rät Arbeitgebern zur Klage gegen Mindestlohn
Von Andreas Kißler
BERLIN--Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hat sich wie schon die fünf Wirtschaftsweisen nachdrücklich gegen die Mindestlohn-Pläne der Großen Koalition ausgesprochen. Doch der Leiter des arbeitgebernahen Forschungsinstitutes geht in seiner Ablehnung noch einen Schritt weiter als seine fünf Forscherkollegen aus dem Sachverständigenrat: Bei einer Pressekonferenz empfahl IW-Direktor Michael Hüther den Arbeitgebern unverblümt, im Fall der Fälle gegen einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.
"Man kann den Arbeitgeberverbänden nur raten, vor dem Verfassungsgericht zu klagen", sagte Hüther. Grund für den Ratschlag: Nach dem Verständnis des Kölner Wirtschaftsexperten wäre es "nicht verfassungsrechtlich kompatibel", mit einem solchen gesetzlichen Mindestlohn eine Vielzahl derzeit geltender Tarifverträge zu umgehen. Hüther verwarf die 8,50 Euro Mindestlohn, die in den Koalitionsverhandlungen angestrebt werden, als "Instrument politischer Machtarrondierung" und warnte vor "Beschäftigungskonsequenzen" daraus. Komme es aber gegen den Ratschlag von Ökonomen zu dieser Vereinbarung, dürfe ein Mindestlohn frühestens zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2017 auf das angestrebte Niveau steigen, verlangte er.
Hüther forderte die kommende Bundesregierung dazu auf, angesichts eines schwachen Investitionsbildes in Deutschland bessere Bedingungen für Investitionen zu schaffen. "Die auch weiterhin schwache Investitionstätigkeit in Deutschland stimmt bedenklich", erklärte der IW-Direktor. "Die neue Bundesregierung muss den Mut aufbringen, die Rahmenbedingungen für mehr private und staatliche Investitionen deutlich zu verbessern."
Die kommende Regierung sei besonders gefordert, dem Thema Infrastruktur eine hohe Priorität einzuräumen. "Das Geld dafür ist da", betonte Hüther. Es müsse nur generell darum gehen, "die Wirtschaftspolitik der nächsten vier Jahre am angebotspolitischen Handlungsbedarf auszurichten". Hüther forderte von der kommenden Regierung eine stabile Belastung mit Steuern und Abgaben, eine verlässliche Flexibilität durch offene Arbeitsmärkte und eine ausreichende Fachkräfteversorgung durch gute Bildungsinstitutionen.
Die Unternehmen in Deutschland erwarteten im kommenden Jahr eine weitere konjunkturelle Erholung, die allerdings "nur im Schritttempo verlaufen" werde, sagte Hüther bei einer Pressekonferenz zur jüngsten Konjunkturumfrage seines Instituts. Die Lage am Arbeitsmarkt verbessere sich, die Investitionen blieben jedoch schwach. Laut der Umfrage bei mehr als 3.300 Unternehmen bewerteten 37 Prozent der befragten Firmen ihre Geschäftslage derzeit günstiger als noch im Frühjahr 2013.
Gleichzeitig hat sich der Anteil der Firmen, die von einer schlechteren Wirtschaftslage berichten, von 25 auf 20 Prozent verringert. Die Unternehmen gehen laut der Erhebung auch mit gestärktem Optimismus ins kommende Jahr: 42 Prozent erwarten eine höhere Produktion als 2013, nur 12 Prozent rechnen laut IW mit einer geringeren Geschäftsaktivität. Angesichts der Umfrageergebnisse bekräftigten die Kölner Ökonomen ihre Erwartung von rund 1,5 Prozent Wachstum im kommenden Jahr. "Damit wird auch im kommenden Jahr das Produktionspotenzial noch nicht wieder vollständig genutzt", sagte Hüther.
Die fünf Wirtschaftsweisen hatten sich schon am vergangenen Mittwoch auf deutlichen Gegenkurs zur Großen Koalition begeben und eine Vielzahl von Maßnahmen kritisiert, die Union und SPD planen. Besonders eindringlich warnten die Fachleute vor einer Rücknahme oder Verwässerung der Agenda 2010 und lehnten einen flächendeckenden Mindestlohn ebenso ab wie die von Union und SPD grundsätzlich vereinbarte Mietpreisbremse, das Betreuungsgeld oder Steuererhöhungen. Sie verlangten stattdessen unter anderem eine höhere Durchlässigkeit am Arbeitsmarkt. Das deutsche Wachstum sahen die fünf Weisen 2014 mit 1,6 Prozent in derselben Größenordnung wie das IW.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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November 18, 2013 06:42 ET (11:42 GMT)
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