22.03.2016 17:16:45

IfW Kiel befürchtet Konjunktur-Überhitzung durch Geldpolitik

   FRANKFURT (Dow Jones)--Deutschland steuert durch die extrem lockere Geldpolitik und ein vorübergehend hohes Arbeitsangebot auf eine konjunkturelle Überhitzung zu. Nach Einschätzung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) wird das Wachstum in den nächsten beiden Jahren so hoch wie seit 15 Jahren nicht mehr ausfallen. Die Volkswirte verweisen auf ein demografisches Zwischenhoch beim Arbeitsangebot, das von der Flüchtlingszuwanderung noch unterstützt werde.

   Langfristig bringe der demografische Wandel aber einen spürbaren Rückgang des Wachstums mit sich, schreiben die Wirtschaftsforscher in ihrer bis 2020 reichenden Mittelfristprognose. Sie rechnen in diesem Zeitraum mit einem durchschnittlichen Potenzialwachstum von 1,5 Prozent. Im kommenden Jahr werde dieses mit gut 1,6 Prozent die höchste Rate seit mehr als 15 Jahren aufweisen.

   Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde mit durchschnittlich 2 Prozent deutlicher zulegen als das Produktionspotenzial. Damit dürften die Produktionskapazitäten mehr und mehr angespannt werden und sich im Jahr 2020 die Produktionslücke mit etwa 2,5 Prozent so weit geöffnet haben wie zuletzt vor Beginn der Finanzkrise 2007, prognostiziert das IfW.

   Je länger die geldpolitische Ausnahmesituation anhalte und die Zinsen hierzulande unter dem neutralen Niveau lägen, desto gravierender seien die damit einhergehenden Verzerrungen. Dies gelte sowohl bei den Finanzierungsinstrumenten als auch bei der Güterpreisstruktur, sagte Stefan Kooths, Leiter des IfW-Prognosezentrums.

   An die Politik richteten die Ökonomen die Warnung, nicht auf Basis der kurzfristig günstigen Aussichten für die kommenden Jahrzehnte zu planen. In fünf Jahren werde die Demografie mehr und mehr zur Wachstumsbremse. Dann müssten die Übertreibungen des Booms "schmerzhaft korrigiert" werden.

   Daher sollten die Ansprüche an den Wohlfahrtsstaat nicht wegen vorübergehend hoher Wachstumsraten ausgedehnt werden, sagte Kooths.

   Das Zwischenhoch beim Arbeitspotenzial, das durch die zuletzt hohe Zuwanderung sogar noch etwas verstärkt werde, werde sich im kommenden Jahrzehnt rasch verflüchtigen. Auch die Flüchtlingsmigration könne die Effekte des anstehenden demografischen Wandels nicht aufhalten.

   Die Wachstumsdynamik der Weltwirtschaft sehen die Forscher nachhaltig verlangsamt. Dies habe nicht nur konjunkturelle Gründe, sondern auch strukturbedingte. Dazu zähle ein spürbar verringertes Potenzialwachstum in den Schwellenländern, nicht zuletzt in China, sowie eine geringere Wachstumsrate des Produktionspotenzials in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften.

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

   DJG/smh/bam

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   March 22, 2016 11:46 ET (15:46 GMT)

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