17.10.2018 18:08:00

Grasser-Prozess - "Verträge sind zu 'finden' und abzustimmen"

Am heutigen 57. Tag im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Walter Meischberger, Peter Hochegger und andere verwandelte der mitangeklagten frühere Meischberger-Anwalt Gerald Toifl den Gerichtssaal zumindest zeitweise in einen Hörsaal für Steuerrecht. Der Steuerexperte gab in der Befragung durch Richterin Marion Hohenecker ausführlich seine Kenntnisse zum Besten.

Toifl schilderte, wie er im Herbst 2009 als Anwalt und Steuerberater Meischberger nach dessen Selbstanzeige bei der Finanz wegen Nicht-Versteuerung der Buwog-Millionenprovision daran gearbeitet hatte, das notwendige Geld für die Bezahlung der Steuerschuld aufzutreiben. Dazu gab es zahlreiche Treffen mit Meischberger, Grasser und dem mitangeklagten Makler Ernst Karl Plech in Toifls Kanzlei. Auch mit dem Schweizer Treuhänder Norbert Wicki, nun ebenfalls mitangeklagt, hatte Toifl Kontakt, ebenso mit den Banken in Liechtenstein, wo die Konten waren, auf die die Buwog-Provision aufgeteilt worden war.

Toifl bestritt heute erneut den Vorwurf der Anklage, er hätte gemeinsam mit Meischberger, Grasser und Plech damals "Lugurkunden" verfasst, um falsche Beweismittel vorzulegen. Er habe keine Verträge erfunden, sondern diese nur eingesammelt, sagte er heute, denn Meischberger habe gar nicht gewusst wo seine Vertrage seien. In Meischbergers beschlagnahmten Tagebuch heißt es dazu etwa, "Verträge sind zu 'finden' und abzustimmen". Laut Staatsanwaltschaft wurde damit eine gemeinsam Verschleierung der Involvierung von Grasser und Plech bei der Erlangung der Buwog-Provision begangen.

Der Anwalt Meischbergers versuchte in diesen Tagen nach eigenen Angaben nur, das Geld für Meischbergers Steuerzahlung aufzubringen. Laut Meischbergers Tagebuch-Eintragung habe Toifl mit rund 4 Mio. Euro Steuerschuld gerechnet. Auf Toifls Computer wurde eine mit 2006 datierte Immobilieninvestmentvereinbarung mit Plech vorgefunden, demnach sollte Plech für Meischberger 2,5 Mio. Euro in Immobilien veranlagen. Nun sollten Immobilien Plechs zum Teil verkauft werden, um Geld für Steuerzahlung aufzubringen. Laut Meischbergers Tagebuch-Eintragung habe Toifl mit rund 4 Mio. Euro Steuerschuld gerechnet. Auf Toifls Computer wurde eine mit 2006 datierte Immobilieninvestmentvereinbarung mit Plech vorgefunden, demnach sollte Plech für Meischberger 2,5 Mio. Euro in Immobilien veranlagen. Nun sollten Immobilien Plechs zum Teil verkauft werden, um Geld für Meischbergers Steuerschuld aufzutreiben. Denn laut den Angaben der drei Angeklagten hatte Meischberger ja - gemeinsam mit Hochegger - die ganze Buwog-Provision bekommen, Grasser und Plech hätten nicht profitiert.

Die Konten in Liechtenstein wurden allerdings Anfang November 2009 gesperrt. Die Hypo Investmentbank Liechtenstein hatte eine Anzeige bei der Geldwäschebehörde gemacht.

Im Zuge seiner Arbeit war Toifl auch einmal im November 2009 bei Grasser abends zu Hause. Laut Toifl sei es dabei nur darum gegangen, zu klären, ob das Buwog-Begleitgesetz nicht vielleicht doch eine Steuerfreiheit für die Buwog-Provision ermöglichte - was Grasser verneint habe. Laut dem Tagebuch von Meischberger, aus dem die Richterin heute mehrmals zitierte, hatte Toifl am nächsten Tag Meischberger von Grasser einiges ausgerichtet. "Geri erzählt mir dass KHG etwas von der Rolle ist. Sogar ziemlich. Das muss auch so sein. Sonst könnte er mir nicht von Geri ausrichten lassen, das (sic) ich ihm bereits eine Million gekostet habe."

Toifl erklärte dies so, dass Grasser durch die Causa ein lukrativer Auftrag entgangen sei, mit dem er eine Million Euro Gewinn gemacht hätte. Die Richterin hakte nach, "entgangener Gewinn" sei in die Zukunft gerichtet, Meischberger habe aber geschrieben, Grasser habe ausrichten lassen, er habe ihm bereits eine Million gekostet - also in der Vergangenheit. Darauf angesprochen meinte Grasser, er habe damals eine "sarkastische" Bemerkung zu Toifl gemacht. Die habe sich darauf bezogen, dass er durch die ganze Geschichte einen potenziellen Auftrag verloren habe.

Als Toifl am Vormittag erläuterte, dass man zur Strafbefreiung in einer steuerlichen Selbstanzeige auch den ganzen Hintergrund der Zahlung angeben müsse, was Meischberger bei der 200.000-Euro-Zahlung der Porr nicht getan habe, weil er gegenüber der Finanz dafür eine Studie zu Werbung auf einer Autobahn in Ungarn nannte, mischte sich Meischberger lautstark mit Widerspruch gegen den profilierten Steuerexperten und Universitätsprofessor ein - was zur Erheiterung bei den Zuhörern führte. "Wir können uns jetzt vorstellen, wie die Besprechungen abgelaufen sind", so die Richterin.

Morgen, Donnerstag, wird die Befragung von Toifl fortgesetzt, dann gibt es eine Prozesspause bis zum 6. November. An diesem Novembertag sollte eigentlich das Buwog/Terminal Tower-Verfahren unterbrochen werden und mit der Causa "Schwarze Telekom-Kassen" weitergemacht werden. Ob dieser Zeitplan hält ist fraglich, da weder Richterin Hohenecker mit den Fragen an Toifl fertig ist noch Schöffen, Oberstaatsanwälte, Privatbeteiligtenvertreter und Verteidiger mit ihren Fragen dran waren.

Zuletzt hatten sich die beiden Hauptangeklagten, Grasser und Meischberger, geweigert, die Fragen der Staatsanwaltschaft zu beantworten. Als Beschuldigte müssen sie das auch nicht. Als Grund für ihre Entschlagung führten beide an, dass sie die Anklage als politisch motivierte Abrechnung mit der Zeit der ÖVP-FPÖ-Regierung unter dem damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) sehen.

(Schluss) gru/stf/phs

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