05.03.2019 15:12:00

Grasser-Prozess- Traumüller: Grasser entschied für zweite Anbotsrunde

Heinrich Traumüller, der frühere Kabinettschef von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, hat heute im Zeugenstand im Korruptionsprozess rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen (Buwog u.a.) ausgesagt. Laut Traumüller hat die Entscheidung, dass es eine zweite Bieterrunde im Privatisierungsverfahren geben solle, letztlich Grasser getroffen - gestützt auf die Empfehlungen von Experten.

Traumüller schilderte ein Treffen am 7. Juni 2004. Im Gelben Salon des Ministeriums seien ein Dutzend Leute anwesend gewesen: Neben Grasser und seinem damaligen Staatssekretär Alfred Finz (ÖVP) auch Experten von Lehman Brothers, die als Investmentbank das Verfahren begleitete, Vertreter der Anwaltskanzlei Freshfields, der Vorsitzende der Auswahlkommission, Rainer Wieltsch von der ÖIAG, sowie der FPÖ-Abgeordnete Detlev Neudeck. Dieser sei Wohnbausprecher der FPÖ im Parlament und daher ein wichtiger Mandatar gewesen, begründete er die Anwesenheit des FPÖ-Politikers.

Am Ende sei die Empfehlung von Lehman gewesen, eine zweite Runde zu machen, denn "da ist noch was drinnen", sei die Ansicht der Berater gewesen. "Letztlich hat's der Herr Bundesminister entschieden, gestützt auf die Empfehlungen der Experten", sagte Traumüller. Auf die Frage von Richterin Marion Hohenecker, ob das Treffen eine ordentliche Kommissionssitzung gewesen sei, meinte Traumüller, mit dieser Frage habe er sich nicht befasst. Die Geschäftsordnung der Kommission bezeichnete er als "bürokratischen Kleinkram".

Der Vormittag der Zeugenbefragung wurde von der Richterin großteils dazu genutzt, mit Traumüller seine Notizen durchzugehen. Er sei im Juli 2003 von Grasser als "Projektleiter" mit der Bundeswohnungsprivatisierung beauftragt worden, er sei damals aber nicht mehr Kabinettschef gewesen, schilderte der damalige Spitzenbeamte. Traumüller war auch Mitglied der Auswahlkommission, die mit der Auswahl der Bieter für die Bundeswohnungen befasst war.

Das Durcharbeiten der Notizen war auch deswegen teilweise mühsam, weil die Richterin Traumüller mehrmals ermahnte, nur auf gestellte Fragen zu antworten und über eigene Wahrnehmungen auszusagen. Bei einer Notiz meinte Traumüller, ein dazugeschriebenes Wort sei nicht von ihm, es scheine eine "Frauenschrift" zu sein. Überhaupt habe er die Notizen in seinem Büro im Ministerium am Schreibtisch liegen gelassen, bis er sie abgearbeitet habe. Es hätten also andere Leute auf seine Notizen schreiben können. "Warum sollte das jemand tun?" hakte die Richterin nach - was Traumüller nicht beantworten konnte.

Während seiner Befragung las Traumüller ein paar vorbereitete Sätze: Das habe er sich heute beim Frühstück notiert, weil er das unbedingt sagen wolle: Er habe während der ganzen Privatisierung keinerlei Manipulationen und keine Tatpläne oder ungesetzliches Vorgehen wahrgenommen, betonte er - "das ist mir wichtig".

In Traumüllers Notizen fand sich auch ein Vermerk zur Villacher Eisenbahnerwohnungs-Gesellschaft ESG: "Reeller Wert ca. 50 Mio. Euro", heißt es dort. Tatsächlich hatte das Finanzministerium die ESG in Gesprächen mit dem Land Kärnten, das ein Vorkaufsrecht für die ESG hatte, damals wesentlich höher bewertet, nämlich mit rund 120 Mio. Euro. Dieser Preis war dem Land Kärnten zu hoch, wie es einmal in einem Schreiben an das Finanzministerium betonte.

Die Privatisierung der Bundeswohnungen sei Grasser ein Anliegen gewesen, denn sie sollte auch defizitwirksam werden, erläuterte Traumüller. Diesbezüglich habe er mit Experten der EU und von Eurostat geredet. Es habe aber auch andere große Vorhaben Grassers gegeben, etwa die Verwaltungsreform.

(Schluss) gru/stf/bel

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