21.06.2018 14:03:00

Grasser-Prozess - Grasser: 960 Mio. Euro nicht Vergabe-entscheidend

Bei der Durchsicht der verschiedenen Unterlagen zur Privatisierung der Bundeswohnungen ist Richterin Marion Hohenecker heute, Donnerstagmittag, zur entscheidenden Phase der Vergabe gekommen. Im Juni 2004 gab es zwei Bieterrunden: Bei der ersten lag die CA Immo mit ihrem Angebot vorne, bei der zweiten Runde allerdings bot das "Österreich-Konsortium" mehr als die CA Immo.

Laut Anklage erhielten Grasser, Walter Meischberger, Peter Hochegger und Ernst Karl Plech eine geheime Millionenprovision vom Österreich-Konsortium, weil sie die Vergabe so manipulierten, dass das Konsortium den Zuschlag erhielt. Dafür sollen sie aus dem geheimen Vergabeverfahren im Finanzministerium Information an die Immofinanz weitergeleitet haben.

Tatsächlich sagten Peter Hochegger und Meischberger hier im Prozess aus, sie hätten in der entscheidenden Phase im Juni 2004 der Immofinanz mitgeteilt, dass sie "mehr als 960 Mio. Euro" bieten müsse. Diese Information sei von Grasser zu Meischberger gekommen, so die Anklage. Meischberger hingegen sagt, er habe diese Info vom - mittlerweile verstorbenen - Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider bekommen. Dies wäre die Finanzierungsgarantie der CA Immo gewesen.

Grasser sagte heute, die Summe von 960 Mio. Euro sei aber für die zweite Runde gar nicht relevant gewesen. Denn die 960 Mio. Euro seien das "Gesamtinvestitionsvolumen" der CA Immo gewesen, also wieviel sie für den in der ersten Runde gebotenen Preis von 923 Mio. Euro insgesamt aufbringen hätten müssen. In der zweiten Runde, wo das Angebot der CA Immo dann bei 960,1 Mio. Euro gelegen sei, wäre das Gesamtinvestitionsvolumen dafür bei über einer Milliarde gelegen. "Das was hier im Nachhinein hineininterpretiert wird, ist empirisch belegbar falsch", so Grasser.

Weiters pochte Grasser darauf, dass die mit der Vergabe befassten Experten einstimmig die Abhaltung einer zweiten Runde empfohlen hätten. Grund dafür sei unter anderem gewesen, dass so das Zinsänderungsrisiko gesenkt hätte werden können und die Republik dadurch einen höheren Preis für die Bundeswohnungen erzielen hätte können. Es sei notwendig gewesen, eine zweite Runde zu machen, "weil das alle anwesenden Experten so empfohlen haben". Die Experten konnten allerdings nur Empfehlungen aussprechen. Die Entscheidung, dass es eine zweite Runde gab, fällte Grasser.

In der zweiten Runde bot das Österreich-Konsortium dann 961 Mio. Euro und lag knapp vor der CA Immo mit 960 Mio. Euro. "Bis zur Entscheidung über das formungültige und bedingte Vorkaufsrecht des Landes Kärnten kann der Bestbieter nicht ermittelt werden", hieß es in einer Unterlage von Lehman Brothers über die "Last and Final Offers" im Verkaufsprozess vom 13. Juni 2004.

Bei der Einvernahme von Grasser kam es zu einem verbalen Schlagabtausch, weil sein Anwalt Norbert Wess der Staatsanwaltschaft vorwarf, in der Anklage einmal ein falsches Datum geschrieben zu haben. Richterin Hohenecker wies den Anwalt zurecht, so ein Vorbringen sei in der Strafprozessordnung so nicht vorgesehen.

(Schluss) gru/cri/tsk

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