27.02.2019 16:53:00

Grasser-Prozess- Ex-Minister sieht sich durch Zeugenangaben bestätigt

Im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und andere hat heute der ehemalige Minister die Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu den bisherigen Zeugenaussagen ergriffen und noch einmal seine Unschuld betont. Er habe durch ein zweites Bieterverfahren einen Mehrertrag für die Republik von 40 Mio. Euro erreicht, das sei klar aus den Angeboten ersichtlich.

Des weiteren sei ein zweites Bieterverfahren notwendig gewesen, weil das Angebot des letztendlich siegreichen - aber in der ersten Bieterrunde unterlegenen - Österreich-Konsortiums rund um die Immofinanz unklar gewesen sei. Außerdem sei die Empfehlung für eine zweite Runde - wie dies die Zeugen bestätigt hätten - nicht von ihm gekommen, sondern von den Beratern von Lehman Brothers und von seinen Beamten.

Auf die Aussagen des heute befragten Zeugen, wonach es gar keine offizielle Kommissionssitzung und Beschlussfassung zu einem zweiten Bieterverfahren gab, ging Grasser nicht ein. Wobei es um dieses Treffen am 7. Juni 2006, nachdem die Angebote der Bieter einlangten, ohnehin einige Ungereimtheiten gibt - etwa wer aller anwesend war. Dies wäre leicht mit einem Sitzungsprotokoll nachzuvollziehen, das gibt es allerdings nicht. Auch gibt es unterschiedliche Zeugenaussagen, von wem der Vorschlag kam, ein zweites Bieterverfahren durchzuführen.

Grasser nahm auch auf die Zahl von 960 Mio. Euro Bezug, die im Prozess eine wichtige Rolle spielt: Diese Zahl sei zwar in der Präsentation von Lehman Brothers zum ersten Angebot der CA Immo enthalten, spiele aber in diesem Zusammenhang keine Rolle für den möglichen Preis, meinte Grasser. Hingegen sei dieselbe Zahl im Aufsichtsrat der CA Immo vorgekommen, wonach man nämlich bis zu einem Preis von 960,1 Mio. Euro Gesamtkaufpreis um die zu privatisierenden Bundeswohnungen mitbieten könne, und davor in den Gremien der Bank Austria, die die CA Immo finanzierte. Grasser deutete an, es könne ja dort zu einem "Lapsus" gekommen sein und die Geheimhaltung nicht gewahrt worden sein.

Ein Vertreter der CA Immo hat dies allerdings heute gegenüber der APA anders dargestellt. Demnach sei von den 960 Mio. Euro in der Aufsichtsratssitzung zum Erstangebot keine Rede gewesen. Die 960 Millionen seien erst spruchreif geworden, als es um das Angebot für die zweite Bieterrunde ging.

Die Zahl ist deswegen brisant, weil der mitangeklagte Lobbyist Peter Hochegger in der letzten Bieterphase der Immofinanz sagte, sie solle mehr als 960 Mio. Euro bieten. Er hatte die Zahl von Walter Meischberger. Laut Anklage steckt Grasser hinter dem Insidertipp, dafür habe er auch an der im Gegenzug erhaltenen Millionenprovision mitverdient - was alle Angeklagten bestreiten, nur Hochegger hat ein Teilgeständnis abgelegt.

Zum Abschluss des heutigen Prozesstags hat der Richtersenat des Schöffengerichts Anträge der Verteidigung des Hauptangeklagten Grasser zurückgewiesen. "Die Anträge auf Feststellung einer Rechtsverletzung nach Artikel 6 EMRK werden zurückgewiesen, eine Rechtsverletzung nach Artikel 6 EMRK kann hier in diesem Verfahren nicht festgestellt werden", verkündete Richterin Marion Hohenecker. In Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ist das Recht auf ein faires Verfahren verankert.

Die gewünschten "Belehrungen der Staatsanwaltschaft" außerhalb des Gerichtssaals werden auch nicht durchgeführt, weil diese in der Strafprozessordnung (StPO) nicht vorgesehen seien. Dem Wunsch nach Weiterleitung der Beschwerde von Grassers Anwälten gegen die beiden Staatsanwälte im Verfahren an die Fachaufsicht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bzw. den Präsidenten des Straflandesgerichts könne das Gericht schon nachkommen. Auch die Staatsanwaltschaft hatte diese Weiterleitung angeregt.

(Schluss) stf/gru/ivn

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