13.08.2013 20:59:58

Frankfurter Neue Presse: "Deutsche Bahn muss Netz abgeben" Leitartikel von Panagiotis Koutoumanos

Frankfurt am Main (ots) - Sie fahren seit Jahren regelmäßig mit der Deutschen Bahn? Dann werden Sie vielleicht erleichtert aufgeatmet haben, als 2009 der knurrige DB-Vorstandschef Hartmut Mehdorn ging und der nette Rüdiger Grube dessen Amt übernahm. Während Mehdorn über Jahre Dauerscharmützel mit der Politik ausgefochten und den Staatskoloss mit eisernem Sparkurs auf Börsengang getrimmt hatte, ging der konziliante Grube gleich auf Schmusekurs mit dem Eigentümer und setzte alles daran, das Unternehmen in den Augen seiner Kunden wieder sympathischer zu machen: Eine pünktliche, sichere und preiswerte Bahn versprach der Ex-Daimler-Manager damals. Spätestens seit dem Mainzer Bahn-Chaos ist klar: Grube mag als Bahn-Chef leiser als sein Vorgänger vorgehen - aber im Grunde fährt er die gleiche Unternehmensstrategie. Heißt: Die Rendite spielt noch immer die größte Rolle - auch wenn ein Börsengang vorerst ausgeschlossen bleibt.

In seiner Konzernstrategie "DB2020" wird dies deutlich. Zwar beteuert Grube darin, dass er die Bahn auch zu einem Ökologie- und Arbeitnehmer-freundlichen Unternehmen machen will. Aber die Profitabilität steht da an erster Stelle. Und wie diese gesteigert werden soll, ist auch schon klar: vor allem über steigende Gewinne im Schienennetz. Die hauptsächlich vom Steuerzahler jährlich mit vier bis fünf Milliarden Euro finanzierte Infrastruktur hat schon in den beiden vergangenen Jahren Rekordgewinne eingefahren und leistet - neben dem Regionalverkehr, der über die Bundesländer ebenfalls vom Steuerzahler getragen wird - die höchsten Ergebnisbeiträge im Konzern. Bei einer Rendite, von der die anderen Konzernsparten nur träumen können, hat die DB Netz bereits im vergangenen Jahr 890 Millionen Euro erwirtschaftet. 1,2 Milliarden sollen es laut Mittelfristplanung in diesem Jahr werden - 1,46 Milliarden im Jahr 2017. Und die Rendite soll dabei weiter steigen.

Kann es da verwundern, dass die Bahn-Führung seit Jahren weniger in das Netz investiert, als sie abschreibt? Dass das deutsche Schienennetz im europäischen Vergleich nur noch Mittelmaß ist? Dass sie - zum Leidwesen der wenigen Konkurrenten, die auf den Schienen unterwegs sind, aber auch zum Leidwesen der Bundesländer, die für die Regio-Züge zahlen - stetig die Trassenpreise anhebt, die rund 95 Prozent der Netz-Einnahmen ausmachen ?Und dass rund ein Drittel aller Stellwerke immer noch mechanische Einrichtungen sind, die zumeist aus den Jahren 1885 bis 1935 stammen und somit viel anfälliger bei Personalausfällen sind, wie sich derzeit bestätigt?

Es wird endlich Zeit, Infrastruktur und Fahrbetrieb eigentumsrechtlich zu trennen, das Netz aus dem Konzern herauszulösen
so wie es Brüssel und die deutsche Monopolkommission fordern. Schon unter Mehdorn hat sich die DB AG mit Händen und Füßen dagegen gewehrt- mit tatfreudiger Unterstützung der Bundesregierung. Und das obwohl diese längst eingestanden hat, dass sie weder den Einsatz der Steuergelder im Netz noch die Verwendung der daraus resultierenden Gewinne ausreichend kontrollieren kann. Den nahe liegenden Versuch, die Bundesnetzagentur dazu zu befähigen - über ein neues Eisenbahn-Regulierungsgesetz - hat Grube bislang verhindert.

Deshalb muss das Netz in eine unabhängige staatliche Verwaltung überführt werden, die allen Unternehmen gleiche Chancen bietet, die Steuergelder nach verkehrlichem Nutzen investiert und nicht dort, wo sie dem Platzhirsch die höchsten Gewinne bescheren. Das würde die private Konkurrenz beleben und sicherstellen, dass das Staatsunternehmen nicht Gewinne aus dem hochsubventionierten Netz in andere Konzerngesellschaften überweist, die damit vielleicht teure Übernahmen im Ausland mitfinanzieren.

Nach wie vor gilt ein effizientes Schienennetz als Teil der Daseinsvorsorge. Den Spagat zwischen dieser Aufgabe und dem unternehmerisch gebotenen Renditestreben wird die DB AG aber nie schaffen. Deshalb sollte die Politik das erneute Bahn-Desaster nicht für ihr Wahlkampf-Getöse missbrauchen, sondern endlich zum Anlass nehmen, die längst überfällige ordnungspolitische Kehrtwende zu vollziehen.

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Pressekontakt: Frankfurter Neue Presse Chef vom Dienst Peter Schmitt Telefon: 069-7501 4407

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