02.08.2007 00:03:00
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FOKUS: E.ON sieht keine polit Risiken auf Russlands Strommarkt
Dow Jones Newswires
DÜSSELDORF (Dow Jones)--Der Düsseldorfer Energiekonzern E.ON sieht seine geplanten Engagements im russischen Strommarkt nicht durch politische Risiken gefährdet. "Wir schätzen die politische Seite in Russland nicht als einen Grund ein, nicht im Land zu investieren", sagte der Vorstandsvorsitzende Wulf Bernotat in einem Interview mit Dow Jones Newswires. Allerdings habe sich E.ON auch noch nicht endgültig entschieden, an den anstehenden Auktionen der Stromunternehmen OGK-4 oder TDK-10 teilzunehmen.
"Es gibt einige rechtliche Aspekte bei diesen Auktionen, die noch geklärt werden müssen, bevor wir über eine Teilnahme entscheiden", erläuterte er. E.ON habe ein eigenes Team in Moskau, das mit einer Investmentbank zusammen arbeite. Die Kauf von Assets müsse aber auch im russischen Strommarkt in die E.ON-Strategie passen und zu wertschaffenden Projekten weiterentwickelt werden können.
Russland will im Zuge der geplanten Liberalisierung einen weitgehend freien Stromhandel durchsetzen und insgesamt 20 Groß- und Heizkraftwerksgesellschaften zur Privatisierung ausschreiben. E.ON beziffert den Investitionsbedarf der russischen Stromwirtschaft für die nächsten 15 Jahre auf über 20 Mrd USD jährlich. Der DAX-Konzern hatte angekündigt, über die Privatisierungen eine starke Position in den wachstumsintensiven Industrieregionen Zentralrussland, Ural, Westsibirien und Wolga aufzubauen.
In den vergangenen Monaten war das Vertrauen westlicher Energiekonzerne in Investitionen in den russischen Markt aber wiederholt beeinträchtigt worden. So hatte BP im vergangenen Monat auf Druck des Kreml die Kontrolle an dem Gasfeld Kowykta in Sibirien abgegeben und Anteile an Gazprom verkauft. Ende 2006 hatte Shell die Mehrheit am Projekt Sachalin-2 ebenfalls an Gazprom verloren.
"Hinzu kommt, dass sich zuletzt auch die politischen Beziehungen von Russland zu Europa - speziell zu Großbritannien - wegen der Litwinenko-Affäre verschlechtert haben", sagt Shamil Jenikejeff, Öl- und Gasanalyst des britischen Oxford Institut for Energy Studies. Andererseits habe Deutschland in den vergangenen Jahren eine besondere Beziehung zu Russland aufgebaut. "Sie verstehen die Russen besser - auf persönlicher, wie auch auf geschäftlicher Ebene."
Bernotat verwies in dem Interview mit Dow Jones darauf, dass Russland rasch neue Stromerzeugungskapazitäten brauche und hierfür ausländisches Kapital und ausländische Technologie benötige. Dieses könne E.ON bereit stellen, sagte er. Die Situation in der russischen Strombranche sei auch eine andere als im Öl- und Gasbereich, der wichtig für den russischen Export sei und dem vom Kreml deshalb eine ganz andere Bedeutung zugeschrieben werde. Im Öl- und Gassektor wolle der Kreml die Kontrolle behalten, vor allem wenn er glaube, dass ausländische Partner einen zu großen Einfluss erhielten. Dies sei beim Strom anders.
E.ON hatte sich im Juni bereits an einer Versteigerung von Anteilen des Stromproduzenten OGK-5 beteiligt. Allerdings war der Düsseldorfer Konzern seinem italienischen Konkurrenten Enel unterlegen, der für einen 25%-Anteil an dem Unternehmen 1,5 Mrd USD gezahlt hatte. Die Auktion von OGK-4 steht nach jüngsten Angaben aus Russland wohl noch im August an. Analysten wie der Energieexperte Dimitri Bulgakow von der Deutschen Bank in Moskau hatten in der Vergangenheit bereits darauf verwiesen, dass wahrscheinlich bis zu zwei Drittel der Anteile zum Verkauf stehen werden, die mit über 3,5 Mrd USD bewertet würden.
E.ON hatte in ihrem Ende Mai veröffentlichten mittelfristigen Investmentplan lediglich 3 Mrd EUR für die Strommärkte in Russland und der Türkei vorgesehen. Bernotat stellte jetzt gegenüber Dow Jones aber klar, dass diese Summe kein fixer Betrag sei. "Wenn es nötig ist und sich die richtigen Opportunitäten ergeben, können wir auch mehr ausgeben", sagte er.
Für Investitionen auf dem russischen Gasmarkt stehen zusätzliche Gelder bereit. Bernotat zeigte sich erneut zuversichtlich, dass das endgültige Abkommen mit Gazprom über das sibirische Gasfeld Jushno Russkoje noch 2007 besiegelt wird. Nachdem sich Gazprom in den vergangenen Monaten auf die Projekte Shell/Sachalin und BP/Kowykta konzentriert habe, seien nun die Gespräche über Jushno Russkoje wieder aufgenommen worden, sagte Bernotat. Die Gasproduktion solle noch in diesem Jahr starten. "Es wäre eine logische Sache, wenn wir bis dahin alles fertig hätten."
Gazprom sieht dies offenbar ähnlich. In einem Statement verwies der russische Konzern gegenüber Dow Jones Newswires darauf, dass der Produktionsstart für Anfang Herbst geplant sei. "Wir hoffen, dass wir vorher eine Vereinbarung mit unseren Partnern erreichen", heißt es auch in Moskau.
Der Düsseldorfer Versorger will sich mit 25% an Jushno Russkoje beteiligen und hatte mit Gazprom bereits im vergangenen Sommer eine entsprechende Rahmenvereinbarung unterzeichnet. Die endgültige Einigung sollte eigentlich bereits Ende 2006 geschlossen werden. Nach Angaben von Bernotat gibt es derzeit keine Gespräche mit Gazprom über die Beteiligung an anderen Gasfeldern in Russland. "Wir fokussieren uns momentan auf Jushno Russkoje."
E.ON will seine Gasbezugsquellen dennoch weiter diversifizieren. Nach Angaben von Bernotat hat der Konzern unter anderem ein grundsätzliches Interesse an Gaslieferungen aus Aserbaidschan. Konkrete Projekte gebe es hier aber nicht. Auch der Iran steht nach seinen Worten weiter im Fokus. Die Frage sei, ob die politische Situation im Iran es erlaube, im Land zu investieren oder mit iranischen Partnern zusammenzuarbeiten. "Wir bleiben hierzu in Verbindung mit allen Behörden im Land, und wir sind auch permanent in Kontakt mit Bundesregierung", sagte Bernotat. Immerhin gebe es im Iran die zweitgrößten Gasreserven weltweit.
Konkreter sind dagegen die Projekte mit Gazprom. E.ON bezog 2006 rund 25% seines Erdgases von dem russischen Partner und hat Lieferverträge mit Gazprom bis zum Jahr 2036. Bernotat verwies in dem Interview darauf, dass E.ON über seine Gastochter Ruhrgas eine mittlerweile mehr als 30-Jährige Geschäftsbeziehung mit Gazprom unterhalte. In dieser Zeit habe es viele politisch schwierige Perioden gegeben. Sowohl Europa als auch Russland hätten jedoch am Ende ein Interesse an guten politischen und wirtschaftlichen Beziehungen. Russland brauche die Exportmärkte für Öl und Gas, und Europa brauche gerade diese Importe.
Dass Gazprom in Westeuropa auf Einkaufstour geht und Großakquisitionen von Energieunternehmen anstrebt, erwartet der E.ON-Vorstandsvorsitzende nicht. "Ich würde vorsichtig mit diesen Gerüchten sein", sagte er. "Gazprom hat andere Prioritäten." Der russische Konzern brauche Investitionen in seine eigene Infrastruktur, in die Entwicklung von neuen Projekten und müsse zudem seine Akquisitionen in Russland finanzieren. Gazprom werde zwar ihre Handelspositionen ausbauen - etwa über das deutsche Joint Venture Wingas. "Ich sehe sie aber nicht als Käufer von großen Konzernen."
In den vergangenen Monaten hatte es wiederholt Berichte über ein Interesse des russischen Gasmonopolisten an westeuropäischen Energiekonzernen gegeben. Dabei waren in Deutschland unter anderem die RAG und ihre Kraftwerkstochter Steag und auch die RWE AG genannt worden. Hintergrund der Spekulationen sind Ankündigungen des Gazprom-Managements, der Konzern wolle den Zugang zu den westeuropäischen Endkundenmärkten verbessern. Damit könnte der Gazprom dann auch zu einem direkten Wettbewerber seines Großabnehmers und Großaktionärs E.ON werden.
Webseite: http://www.eon.com
-Von Jan Hromadko und Andreas Heitker, Dow Jones Newswires,
+49 (0)211 13872 14, utilities.de@dowjones.com
(An dem Bericht haben Geoffrey T. Smith in Moskau und Leia Parker in London
mitgewirkt.)
DJG/hei/mim/nas
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August 01, 2007 18:00 ET (22:00 GMT)
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