17.01.2016 09:00:00

Flüchtlinge - IHS: Alles steht und fällt mit Arbeitsmarktintegration

Jobs werden darüber entscheiden, ob die Flüchtlingswelle gut oder schlecht ist für Österreich. Ob aber die jetzt nach Österreich geflüchteten Menschen hier Arbeit finden können, lasse sich noch nicht seriös sagen, meint IHS-Ökonom Helmut Hofer. Denn auch nach dem Kompetenzcheck des Arbeitsmarktservice (AMS) sei noch nicht klar, wer wirklich für Jobs in Österreich geeignet ist.

Hofer findet es "prinzipiell super", dass das Arbeitsmarktservice die Qualifikationen von Asylberechtigten überprüft hat, auch wenn die Untersuchung relativ klein und nicht repräsentativ sei. "Jetzt weiß man ein bisserl mehr über die Fähigkeiten." Nun müssten Checks bei allen gemacht werden, hofft er. Allerdings wisse man noch nicht, ob die vorhandenen Qualifikationen "die Richtigen" seien, also den österreichischen Standards entsprechen und hier nachgefragt werden. Auch haben diese Menschen meist keine Netzwerke in Österreich, die ihnen bei der Jobsuche helfen können, wie es bei der Zuwanderung von Menschen aus Ex-Jugoslawien war. Dazu kommen Sprachprobleme und Kulturunterschiede sowie zahlreiche schon lange in Österreich lebende Arbeitslose, auf deren Bedürfnisse die Politik auch achten müsse.

Die Aufnahme der Flüchtlinge in Österreich werde dank zusätzlicher staatlicher Ausgaben kurzfristig konjunkturbelebend wirken, aber nur als "deficit spending", also auf Kosten einer steigenden Verschuldung, so Hofer im Gespräch mit der APA. Es sei also "ein nicht finanzierter Nachfrageschock". Da die Wirtschaft nicht voll ausgelastet sei, sollten die Mehrausgaben zu einer höheren Nachfrage führen, ohne die Inflation anzuheizen. Mit massenweisen Überweisungen ins Ausland rechnet Hofer aber nicht, dazu sei die staatliche Unterstützung zu gering.

Andererseits könnte es negative Effekte für die Wirtschaft geben, wenn die Österreicher insgesamt aus Sorge wegen der unsicheren Lage weniger konsumieren. Auch eine Schließung von Grenzen, wie derzeit in Skandinavien, wäre schlecht für die Wirtschaft. Wobei Hofer daran erinnert, dass es eine rechtliche Verpflichtung gibt, Flüchtlinge aufzunehmen: "Die Leute sind Flüchtlinge, daher muss ich sie versorgen." Das gehe über ökonomische Überlegungen hinaus.

Flüchtlinge in Lagern warten zu lassen statt sie zu integrieren sei - abgesehen von der menschlichen Seite - ökonomisch nur dann sinnvoll, wenn sie lediglich kurz bleiben oder auf Dauer nicht am Arbeitsmarkt integrierbar sind. "Billiger" wäre es aber auf jeden Fall, die Menschen beispielsweise im Libanon zu versorgen, statt sie nach Europa kommen zu lassen.

Aus Sicht Hofers ist absehbar, dass der Flüchtlingsstrom zu mehr Arbeitslosigkeit führen wird. Wie viele Arbeitslose mehr es sein werden, hänge dann von den Annahmen ab. Das IHS ist davon ausgegangen, dass von denen, die eine Arbeitsberechtigung haben und sich auch um einen Job bemühen, 10 Prozent eine Beschäftigung finden, 30 Prozent in Schulungen unterkommen und 60 Prozent in die Arbeitslosigkeit gehen. Unter Annahme eines im Schnitt einjährigen Asylverfahrens und einer Anerkennungsrate von 60 Prozent sowie einer Erwerbsquote von 85 Prozent könnten heuer (2016) 10.000 arbeitslose Flüchtlinge aus der Zuwanderung von 2015 dazukommen. "Da sind wir eher am unteren Rand", bemerkt Hofer dazu.

Noch weniger könne man vorhersagen, wie sich die Zahlen 2016 weiter entwickeln. Das hänge an Dingen wie Familiennachzug, Ausgestaltung der selbstständigen Tätigkeit, Vorhandensein unqualifizierter Jobs und grundsätzliche Konjunkturentwicklung. Die Integration in Österreich ist "schwierig aber nicht unmöglich", resümiert Hofer.

(Schluss) tsk/phs

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