11.09.2017 18:00:09

DGAP-WpÜG: Pflichtangebot

DGAP-WpÜG: Befreiung;


Zielgesellschaft: SYGNIS AG; Bieter: Birketts LLP

WpÜG-Meldung übermittelt durch DGAP – ein Service der EQS Group AG.
Für den Inhalt der Meldung ist der Bieter verantwortlich.
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Veröffentlichung über die Erteilung einer Befreiung gemäß § 37 Abs. 1 WpÜG
von der Verpflichtung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG zur
Veröffentlichung der Kontrollerlangung und zur Abgabe eines Pflichtangebots
für Aktien der SYGNIS AG, Heidelberg (DE000A1RFM03)

Auf entsprechenden Antrag der Birketts LLP, Ipswich, Suffolk, Vereinigtes
Königreich (nachfolgend 'Antragstellerin'), erging durch die Bundesanstalt
für Finanzleistungsaufsicht am 02. Juni 2017 folgender

Bescheid:

Die Antragstellerin wird gemäß § 37 Abs. 1 Var. 2 und Var. 3 WpÜG im
Hinblick auf die im Zusammenhang mit der Durchführung der zweiten
Zeichnungstranche anlässlich des nun vollständigen Vollzugs der
Kapitalerhöhung infolge des Beschlusses der Hauptversammlung der SYGNIS AG,
Heidelberg, vom 20.06.2016 am 19.10.2016 erfolgte Kontrollerlangung i.S.d.
§§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG an der SYGNIS AG, Heidelberg, von der Verpflichtung
gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, die Kontrollerlangung an der SYG-NIS AG,
Heidelberg, zu veröffentlichen sowie von den Verpflichtungen nach § 35 Abs.
2 Satz 1 WpÜG, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine
Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG in
Verbindung mit § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu
veröffentlichen, befreit.

Der dem Bescheid zugrundeliegende wesentliche Sachverhalt ergibt sich aus
dem nachfolgend in Auszügen wiedergegebenen Teil 'A.' des Bescheids.

I.

Zielgesellschaft ist die SYGNIS AG, eine Aktiengesellschaft deutschen
Rechts mit Sitz in Heidelberg, eingetragen im Handelsregister des
Amtsgerichts Heidelberg unter HRB 335706. Ausweislich eines vorgelegten
Handelsregisterauszugs der Zielgesellschaft betrug das Grundkapital der
Zielgesellschaft bis zum 19.10.2016 EUR 21.622.091,- und war eingeteilt in
21.622.091 Inhaberstammaktien (Stückaktien) mit einem anteiligen Betrag am
Grundkapital der Zielgesellschaft i.H.v. EUR 1,-. Die Aktien der
Zielgesellschaft sind unter der ISIN DE000A1RFM03 zum Handel im regulierten
Markt der Wertpapierbörse Frankfurt am Main (Prime Standard) zugelassen.

Satzungsmäßiger Gegenstand des Unternehmens nach § 2 Abs. 1 bis Abs. 4 der
Satzung der Zielgesellschaft in der Fassung nach den Beschlüssen vom
02./16.02.2016 (nachfolgend die 'Satzung') ist (1.) die Analyse und die
Interpretation genetischer Informationen und Funktionen auf dem Gebiet der
Biotechnologie sowie deren Nutzung, (2.) die Entwicklung, die Herstellung,
der Vertrieb und die Implementierung von sowie der Handel mit Produkten,
Systemen und Verfahren der Informationstechnologie auf dem Gebiet der
Biotechnologie sowie die Erbringung von Dienstleistungen in diesem Gebiet;
außerdem die Beratung im biotechnologischem Bereich der Life Science-
Wissenschaften sowie wissenschaftliche Informationen und Dokumentation,
(3.) der Erwerb, das Halten, das Verwalten und der Verkauf von
Beteiligungen, insbesondere im Bereich der Life Science-/ IT-Branche, d.h.
Minderheits- und Mehrheitsbeteiligungen an Unternehmen dieser Art, in
jeglicher Rechtsform, im In- und Ausland und für eine beliebige Zeitdauer
sowie (4.) der Erwerb, die Verwertung, die Veräußerung und der Schutz von
Technologien und geistigem Eigentum der Gesellschaft oder von Dritten,
insbesondere in der Life Science-/IT-Branche, im In- und Ausland und für
eine beliebige Zeitdauer.

II.

Die Aktionärsstruktur an der Zielgesellschaft war bis zum 19.10.2016 wie
folgt:
  - Genetrix S.L.: 5.112.962 Aktien der Zielgesellschaft (entsprechend rd.
    23,65 % der Stimmrechte);

  - dievini Hopp BioTech holding GmbH & Co. KG: 1.146.950 Aktien der
    Zielgesellschaft (entsprechend rd. 5,30 %);

  - VV Beteiligungen AG: 1.445.177 Aktien der Zielgesellschaft
    (entsprechend rd. 6,68 %);

  - VERIPHI, S.L.: 672.240 Aktien der Zielgesellschaft (entsprechend rd.
    3,11 % der Stimmrechte);

  - Offenbar im Streubesitz: 13.244.762 Aktien der Zielgesellschaft
    (entsprechend rd. 61,26 % der Stimmrechte).

III.

Am 20.06.2016 beschloss die ordentliche Hauptversammlung der
Zielgesellschaft, das Grundkapital der Zielgesellschaft mit (mittelbarem)
Bezugsrecht der Aktionäre gegen Einlagen um einen Betrag von bis zu EUR
20.538.089,- zu erhöhen, und zwar durch Ausgabe von bis zu 20.538.089 neuen
Aktien mit einem anteiligen Betrag am Grundkapital der Zielgesellschaft
i.H.v. EUR 1,-; nicht durch Ausübung des (mittelbaren) Bezugsrechts der
Aktionäre gezeichnete Aktien konnten von der Zielgesellschaft frei
verwendet werden (nachfolgend insgesamt die 'Kapitalerhöhung').

Die vorgenannte Kapitalerhöhung wurde aufgrund von Bezugsrechtsaus-übungen
der Altaktionäre und Zeichnungen weiterer Investoren gegen Bareinlagen
i.H.v. insgesamt EUR 4.818.200,- (nachfolgend die 'Bezugsrechtsausübungen'
bzw. die 'erste Zeichnungstranche') vollzogen, wodurch sich aufgrund der
entsprechenden Eintragung in das Handelsregister der Zielgesellschaft vom
02.08.2016 seither das neue Grundkapital der Zielgesellschaft i.H.v. EUR
21.622.091,- ergab.

Entsprechend dem Beschluss der Hauptversammlung der Zielgesellschaft vom
20.06.2016 ließ der Vorstand der Zielgesellschaft sodann mit Zustimmung des
Aufsichtsrats der Zielgesellschaft sämtliche Gesellschafter der Expedeon
Holdings Ltd., Swavesey, Cambridgeshire, Vereinigtes Königreich, zur
Zeichnung von insgesamt 15.719.889 nicht im Rahmen der
Bezugsrechtsausübungen gezeichneten neuen Aktien zu, und zwar gegen
Sacheinlage ihrer jeweiligen Geschäftsanteile an der Expedeon Holdings
Ltd., Swavesey, Cambridgeshire, Vereinigtes Königreich, (nachfolgend die
'zweite Zeichnungstranche').

Sämtliche Gesellschafter der Expedeon Holdings Ltd., Swavesey,
Cambridgeshire, Vereinigtes Königreich, beteiligten sich in der Folge an
der zweiten Zeichnungstranche. Die Durchführung der zweiten
Zeichnungstranche der Kapitalerhöhung wurde am 19.10.2016 in das
Handelsregister der Zielgesellschaft eingetragen. Hierdurch erhöhte sich
das Grundkapital der Zielgesellschaft von EUR 21.622.091,- um EUR
15.719.889,- auf EUR 37.341.980,-.

IV.

Bei der zweiten Zeichnungstranche agierten zumindest einige Gesellschafter
der Expedeon Holdings Ltd., Swavesey, Cambridgeshire, Vereinigtes
Königreich, allerdings nicht selbst, sondern bedienten sich dabei der Hilfe
seitens der Antragstellerin.

Die Antragstellerin ist eine britische Rechtsanwaltskanzlei. Sie legt dar,
dass sie seitens 19 Gesellschafter der Expedeon Holdings Ltd., Swavesey,
Cambridgeshire, Vereinigtes Königreich, beauftragt wurde, aus
abwicklungstechnischen Gründen als deren Treuhänder aufzutreten und in
dieser Funktion an der zweiten Zeichnungstranche der Kapitalerhöhung
teilzunehmen, wodurch diese 19 Gesellschafter der Expedeon Holdings Ltd.,
Swavesey, Cambridgeshire, Vereinigtes Königreich, letztlich insgesamt
13.000.689 neue Aktien der Zielgesellschaft (entsprechend insgesamt rd.
34,81 % der Stimmrechte) erwerben sollten und auch erwarben.

Dabei wurde die Antragstellerin auf Basis der am 05.05.2016 erfolgten
Vereinbarung mehrerer sog. Pre-Subscription Agreements (nachfolgend einzeln
das 'Pre-Subscription Agreement') für die 19 Gesellschafter der Expedeon
Holdings Ltd., Swavesey, Cambridgeshire, Vereinigtes Königreich, tätig und
verpflichtete sich hiernach vor allem zur Zeichnung der neuen Aktien der
Zielgesellschaft im Rahmen der zweiten Zeichnungstranche der
Kapitalerhöhung.

Am 19.10.2016 schloss die Antragstellerin zudem mit den 19 Gesellschaftern
der Expedeon Holdings Ltd., Swavesey, Cambridgeshire, Vereinigtes
Königreich, mehrere sog. Stock Transfer Agreements (nachfolgend einzeln das
'Stock Transfer Agreement') ab, wonach die Antragstellerin die ausweislich
des Wortlauts von Ziffer (B) der Präambel 'Trustee has suscribed for and
acquired in trust 13,000,689 new .. shares' bereits erworbenen neuen Aktien
ohne weiteres an den jeweiligen Treugeber abtreten und übertragen sollte
(vgl. Ziffer 1.1: 'Trustee hereby transfers and assigns title to ...').

Die 19 Gesellschafter der Expedeon Holdings Ltd., Swavesey, Cambridgeshire,
Vereinigtes Königreich, wurden durch die Antragstellerin nicht im Einzelnen
namhaft gemacht. Insoweit wurde lediglich die Kopie eines Pre-Subscription
Agreement und eines Stock Transfer Agreement vorgelegt, welches den
Alpenfels Family Trust, Kula, Hawaii, Vereinigte Staaten von Amerika
(nachfolgend 'Alpenfels') als Vertragspartner aufweist. Alpenfels hat
ausweislich der einschlägigen Dokumente (Pre-Subscription Agreement und
Stock Transfer Agreement) 2.783.390 neue Aktien der Zielgesellschaft aus
der zweiten Zeichnungstranche der Kapitalerhöhung übernommen (entsprechend
rd. 7,45 % der Stimmrechte). Angabegemäß haben Pre-Subscription Agreement
und Stock Transfer Agreement in Bezug auf alle 19 Gesellschafter der
Expedeon Holdings Ltd., Swavesey, Cambridgeshire, Vereinigtes Königreich,
jeweils den identischen Inhalt (abgesehen von der jeweiligen Anzahl an
neuen Aktien der Zielgesellschaft).

V.

Die Antragstellerin hat den Antrag gestellt, sie 'gemäß § 37 WpÜG im
Hinblick auf die am 19.10.2016 erfolgte und unverzüglich wieder beendete
Erlangung der Kontrolle i.S.d. §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG über die
Zielgesellschaft SYGNIS AG mit Sitz in Heidelberg, eingetragen im
Handelsregister des Amtsgerichts Mannheim unter HRB 335706 (nachfolgend
'SYGNIS AG') gemäß § 37 Abs. 1 WpÜG von der Verpflichtung, die
Kontrollerlangung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zu veröffentlichen, sowie
von der Verpflichtung, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-aufsicht
eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG
i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, zu
befreien'.

Die Antragstellerin erachtet ihren Antrag zunächst für zulässig, da er
jedenfalls innerhalb von sieben Kalendertagen nach der möglichen
Kontrollerlangung an der Zielgesellschaft in Form der Eintragung der
Durchführung der zweiten Zeichnungstranche der Kapitalerhöhung in das
Handelsregister der Zielgesellschaft gestellt worden sei.

Zudem sieht sie ihren Antrag als begründet an. Zunächst sei an der (wenn
auch kurzzeitigen) Kontrollerlangung der Antragstellerin an der
Zielgesellschaft nicht zu zweifeln. Zwar seien die maßgeblichen 13.000.689
neuen Aktien der Zielgesellschaft (entsprechend insgesamt rd. 34,81  A) der
Stimmrechte) aus der zweiten Zeichnungstranche der Kapitalerhöhung zu
keinem Zeitpunkt in das Depot der Antragstellerin eingebucht worden wie es
in Fragen der Eigentums- und Kontrollerlangung Standard sei. Beachtet
werden müsse aber, dass bereits die Eintragung einer Kapitalerhöhung zu
mitgliedschaftlichen Rechten aus den neuen Aktien und damit zu deren
Existenz führe, auch wenn zu diesem Zeitpunkt etwa noch keine Verbriefung
in einer Globalurkunde gewährleistet sei. Diese mitgliedschaftlichen Rechte
und somit die neuen Aktien könnten sodann - so wie vorliegend auf Basis der
Stock Transfer Agreements geschehen - i.S.d. §§ 398, 413 BGB abgetreten
werden. Auf die Übereignung der neuen Aktien i.S.d. §§ 929 ff. BGB etwa
nach Begebung der entsprechenden Globalurkunde komme es dann gar nicht mehr
an. Insgesamt müsse somit gesehen werden, dass die Antragstellerin im
Zeitraum zwischen der Eintragung der Durchführung der zweiten
Zeichnungstranche der Kapitalerhöhung in das Handelsregister der
Zielgesellschaft am 19.10.2016 und der Abtretungsakte auf Basis der Stock
Transfer Agreements ebenfalls am 19.10.2016 kurzfristig die Kontrolle über
die Zielgesellschaft erlangt hatte.

Zudem ist die Antragstellerin hinsichtlich des einschlägigen
Befreiungsgrunds der Ansicht, dass die Antragstellerin eben nur
formalrechtlich in ihrer Treuhänderfunktion kurzzeitig die Kontrollschwelle
des § 29 Abs. 2 WpÜG überschritten hat. Wirtschaftlich hätten die neuen
Aktien aus der zweiten Zeichnungstranche der Kapitalerhöhung der
Antragstellerin aber selbst für den entsprechend kurzen Zeitraum nicht
zugestanden, denn nach den Pre-Subscription Agreements seien diese
wirtschaftlich weiterhin den 19 von der Antragstellerin repräsentierten
ehemaligen Gesellschaftern der Expedeon Holdings Ltd., Swavesey,
Cambridgeshire, Vereinigtes Königreich, zuzuordnen gewesen. Diesen sei es
mit der Beauftragung der Antragstellerin als Treuhänderin lediglich darum
gegangen, die Abwicklung eines komplexen Kapitalerhöhungsprozesses zu
erleichtern, um im Tausch gegen ihre Expedeon-Anteile zügig auch
formalrechtlich die neuen Aktien aus der zweiten Zeichnungstranche der
Kapitalerhöhung übernehmen zu können. Außenstehende Aktionäre der
Zielgesellschaft seien durch die Zwischenschaltung der Antragstellerin in
Bezug auf die Durchführung der zweiten Zeichnungstranche der
Kapitalerhöhung in keiner Weise potentiell oder tatsächlich beeinträchtigt
worden. Die vorliegende Situation ähnele zudem der typischen
Befreiungssituation für Banken anlässlich einer kurzfristigen Übernahme
neuer Aktien im Rahmen einer Bezugsrechtsemission (mittelbares Bezugsrecht)
oder anlässlich der Tätigkeit als Umtauschtreuhänder. Bezüglich der nur
kurzfristigen formalen Überschreitung der Kontrollschwelle i.S.d. § 29 Abs.
2 WpÜG sei darauf zu verweisen, dass das Stock Transfer Agreement mit
Alpenfels vom 19.10.2016 auf 2.783.390 neue Aktien der Zielgesellschaft aus
der zweiten Zeichnungstranche der Kapitalerhöhung (entsprechend rd. 7,45 %
der Stimmrechte) bezogen sei. Demzufolge komme es auf die anderen
Abtretungsakte gar nicht mehr an (auch wenn diese angabegemäß ebenfalls am
19.10.2016 erfolgt sind). Denn alleine schon die Alpenfels-Abtretung
bedeute, dass am 19.10.2016 die erst an diesem Tag begründete
Kontrollstellung der Antragstellerin in Bezug auf die Zielgesellschaft
alsbald wieder (untertägig) beendet wurde. Letzten Endes bedeuteten diese
Umstände, dass folgende Befreiungsgründe gegeben seien: Art der
Kontrollerlangung (§ 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG), beabsichtigte Zielsetzung (§
37 Abs. 1 Var. 2 WpÜG) und Unterschreiten der Kontrollschwelle (§ 37 Abs. 1
Var. 3 WpÜG).

Auch sei das Ermessen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BaFin) hinsichtlich der Erteilung einer Befreiungsentscheidung zugunsten
der Antragstellerin zu betätigen. Schließlich müsse das Interesse der
Antragstellerin, als Treuhänderin bei der Abwicklung einer
Sachkapitalerhöhung zu fungieren, als schutzwürdig begriffen werden. Ein
Pflichtangebot würde dem Zweck der Treuhandschaft in dieser Situation
zuwiderlaufen und den Interessen der Zielgesellschaft an einer geordneten
Abwicklung der Kapitalerhöhung widersprechen. Dagegen sei kein Interesse
außenstehender Aktionäre der Zielgesellschaft erkennbar, wegen der
Tätigkeit der Antragstellerin als Treuhänderin beim Vollzug der
Kapitalerhöhung ein Pflichtangebot zu erhalten. Schließlich müsse
herausgestrichen werden, dass die außenstehenden Aktionäre der
Zielgesellschaft durch die mittelbare Zeichnung der zweiten
Zeichnungstranche der Kapitalerhöhung seitens der 19 Gesellschafter der
Expedeon Holdings Ltd., Swavesey, Cambridgeshire, Vereinigtes Königreich,
vermittels der Antragstellerin letztlich nicht schlechter stehen, als wenn
die 19 Gesellschafter der Expedeon Holdings Ltd., Swavesey, Cambridgeshire,
Vereinigtes Königreich, unmittelbar selbst Zeichnungsakte vorgenommen
hätten. Außerdem gelte es vorliegend zu berücksichtigen, dass die Gefahren
der materiellen Kontrollerlangung einer Drittperson an der Zielgesellschaft
für die außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft nicht vorhanden
waren.

Zulässigkeit und Begründetheit des dem Befreiungsbescheid zugrunde
liegenden Antrags ergeben sich aus dem nachfolgend in Auszügen
wiedergegebenen Teil 'B.' des Bescheids.

Die Antragstellerin ist gemäß § 37 Abs. 1 Var. 2 und Var. 3 WpÜG von den
Verpflichtungen aus § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG zu befreien,
da ihr Antrag zulässig und begründet ist.

I.

Der Antrag ist zulässig.

Insbesondere ist er fristgerecht gestellt worden. Gemäß § 8 Satz 2 WpÜG-
Angebotsverordnung können Anträge i.S.d. § 37 Abs. 1 WpÜG vor
Kontrollerlangung über die Zielgesellschaft und innerhalb von sieben
Kalendertagen nach dem Zeitpunkt gestellt werden, zu dem der Bieter
Kenntnis davon hat oder nach den Umständen haben musste, dass er die
Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt hat. Vorliegend hat die
Antragstellerin den i.S.d. § 45 Satz 1 WpÜG formgemäßen Antrag wirksam mit
Zugang bei der BaFin per Fax am 26.10.2016 gestellt, was in Anbetracht der
in Rede stehenden Kontrollerlangung der Antragstellerin an der
Zielgesellschaft am 19.10.2016 jedenfalls als fristgemäßer Antrag innerhalb
von sieben Kalendertagen nach Kenntnis bzw. Kennen müssen (von) der
möglichen Kontrollerlangung zu werten ist.

II.

Der Antrag ist auch begründet, da die Voraussetzungen für eine Befreiung
gemäß § 37 Abs. 1 Var. 2 und Var. 3 WpÜG vorliegen und das Interesse der
Antragstellerin an einer Befreiung von den Verpflichtungen aus § 35 Abs. 1
Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG das Interesse der außenstehenden Aktionäre an
einem öffentlichen Pflichtangebot überwiegt.

1.

Im Zuge der Eintragung der Durchführung der zweiten Zeichnungstranche der
Kapitalerhöhung in das Handelsregister der Zielgesellschaft hat die
Antragstellerin am 19.10.2016 unmittelbar die Kontrolle i.S.d. §§ 35, 29
Abs. 2 WpÜG über die Zielgesellschaft erlangt.

Denn zu diesem Zeitpunkt wurde die Antragstellerin (kurzfristig)
Eigentümerin an insgesamt 13.000.689 neuen Aktien der Zielgesellschaft
(entsprechend insgesamt rd. 34,81 % der Stimmrechte), wodurch sie die
Kontrollschwelle i.S.d. §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG überschritt.

Zwar erfolgte zu keinem Zeitpunkt eine Einbuchung der vorgenannten
13.000.689 neuen Aktien der Zielgesellschaft (entsprechend insgesamt rd.
34,81 % der Stimmrechte) in das Depot der Antragstellerin. Allgemein
anerkannt ist jedoch, dass die neuen Mitgliedschaftsrechte (Aktien) im
Rahmen einer Kapitalerhöhung bereits bei Eintragung des Vollzugs der
Kapitalerhöhung im Handelsregister der Zielgesellschaft entstehen (vgl.
etwa Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 189 Rn. 3; Ekkenga, in:
KölnKomm-AktG, Bd. 4, 3. Aufl. 2017, § 189 Rn. 12). Mit Entstehung der
neuen Aktien erhält dann der im Rahmen der entsprechenden Kapitalerhöhung
agierende Zeichner das Eigentum an den neuen Aktien. Dies war vorliegend
die Antragstellerin.

Dem tut es auch keinen Abbruch, dass die Antragstellerin die neuen Aktien
sodann i.S.d. §§ 398, 413 BGB alsbald wieder an die 19 Gesellschafter der
Expedeon Holdings Ltd., Swavesey, Cambridgeshire, Vereinigtes Königreich,
abgetreten hat. Es handelt sich vorliegend nämlich ausdrücklich nicht um
eine Übertragung vor Eintragung des Vollzugs der Kapitalerhöhung i.S.d. §
191 Satz 1 AktG, bei der umstritten ist, ob ein Verstoß gegen dieses Vorab-
Abtretungsverbot die wirksame Entstehung der neuen Aktien hindert (vgl.
Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, Bd. 2, 3. Aufl. 2015, § 189 Rn. 3;
Ekkenga, in: KölnKomm-AktG, Bd. 4, 3. Aufl. 2017, § 189 Rn. 12 m.w.N.).
Denn auch wenn der exakte Zeitpunkt der Vereinbarung der Stock Transfer
Agreements am 19.10.2016 (Uhrzeit) nicht bekannt ist, so spricht der in den
Stock Transfer Agreements in Bezug auf die Abtretung der neuen Aktien
angelegte Wortlaut 'acquired' dafür, dass diese Vereinbarungen erst nach
der entsprechenden Handelsregistereintragung am 19.10.2016 erfolgt sind.

2.

Die Befreiungsgründe ergeben sich aus § 37 Abs. 1 Var. 2 und Var. 3 WpÜG.

a.

Aufgrund der im vorliegenden Fall mit der Kontrollerlangung beabsichtigten
Zielsetzung ist es zunächst gerechtfertigt, die Antragstellerin gemäß § 37
Abs. 1 Var. 2 WpÜG von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs.
2 Satz 1 WpÜG zu befreien.

Eine Befreiung ist deshalb unter dem Aspekt der mit der Erlangung der
Kontrolle beabsichtigten Zielsetzung angezeigt, da die Antragstellerin die
Kontrolle an der Zielgesellschaft ähnlich dem Fall 'aufgrund der Einräumung
des mittelbaren Bezugsrechts gemäß § 186 Abs. 5 AktG im Rahmen eines mit
der Zielgesellschaft geschlossenen Mandatierungsvertrags' erlangt hat.
Schließlich ist die vorliegende Treuhandkonstellation auf Basis von Pre-
Subscription Agreements wertungsmäßig ähnlich gelagert, auch wenn diese
nicht mit der Zielgesellschaft, sondern mit der Antragstellerin vereinbart
wurden. Insgesamt geht es allerdings in beiden Fällen um eine
abwicklungstechnische Begleitung von Kapitalerhöhungen.

Demzufolge ging die mit der Kontrollerlangung beabsichtigte Zielsetzung der
Antragstellerin als Treuhänderin ganz offensichtlich dahin, die neuen
Aktien der Zielgesellschaft aus der zweiten Zeichnungstranche der
Kapitalerhöhung zu erwerben, um sie später an die mittelbaren Zeichner/
Treugeber (also die 19 (ehemaligen) Gesellschafter der Expedeon Holdings
Ltd., Swavesey, Cambridgeshire, Vereinigtes Königreich) weiterzuleiten.
Diese Zielsetzung manifestiert sich in den Pre-Subscription Agreements und
den Share Transfer Agreements. Eine solche Vorgehensweise ist als rein
technische Maßnahme zu werten, da sie allein dem Zweck diente, die
Durchführung der zweiten Zeichnungstranche der Kapitalerhöhung der
Zielgesellschaft zu begleiten und zu erleichtern.

Die Kontrollerlangung infolge der abwicklungstechnischen Begleitung von
Kapitalerhöhungen ist eine Abweichung vom typischen Fall der
zielgerichteten Kontrollerlangung, den der Gesetzgeber der
Pflichtengestaltung des § 35 WpÜG zugrunde gelegt hat. Deshalb ist eine
Befreiung insoweit gerechtfertigt, wenn die Kontrollerlangung lediglich
formaler Natur ist und die Kontrolle tatsächlich nicht ausgeübt wird. Dies
ist vorliegend der Fall. Die Antragstellerin beabsichtigte ganz
offensichtlich weder Einfluss auf die Führung der Geschäfte der
Zielgesellschaft zu nehmen, noch die Stimmrechte aus den von ihr erworbenen
neuen Aktien auszuüben.

b.

Darüber hinaus ist eine Befreiung der Antragstellerin von den
Verpflichtungen aus § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG auch unter
dem Aspekt einer nach Kontrollerlangung zügig erfolgenden Unterschreitung
der Kontrollschwelle gemäß § 37 Abs. 1 Var. 3 WpÜG gerechtfertigt.

Die Antragstellerin hat am 19.10.2016 das Eigentum an 13.000.689 neuen
Aktien der Zielgesellschaft (entsprechend insgesamt rd. 34,81 % der
Stimmrechte) erworben. Alleine schon durch die alsbaldige (Stunden oder
auch nur Minuten später erfolgte) Abtretung der Mitgliedschaftsrechte an
2.783.390 neuen Aktien der Zielgesellschaft aus der zweiten
Zeichnungstranche der Kapitalerhöhung (entsprechend rd. 7,45 % der
Stimmrechte) auf Basis eines Share Transfer Agreements an Alpenfels
ebenfalls am 19.10.2016 wurde die Kontrollschwelle i.S.d. §§ 35, 29 Abs. 2
WpÜG in Bezug auf die Zielgesellschaft wieder unterschritten. Denn dann
könnte die Antragstellerin - unterstellt, die übrigen soeben erworbenen
neuen Aktien der Zielgesellschaft wären entgegen dem Vortrag der
Antragstellerin nicht in gleicher Weise abgetreten worden - höchstens noch
über 10.217.299 neue Aktien der Zielgesellschaft (entsprechend rd. 27,36 %
der Stimmrechte) verfügt haben. Da die zeitliche Wirkungskomponente der
Abtretung i.S.d. §§ 398, 413 BGB aus den Share Transfer Agreements zudem so
zu verstehen ist, dass die Abtretung sofort mit Vereinbarung erfüllt wurde,
somit das Eigentum unmittelbar übergegangen ist, kann dies nur bedeuten,
dass die Antragstellerin nur für einen vergleichsweise kurzen Zeitraum am
19.10.2016 Inhaberin der relevanten neuen Aktien der Zielgesellschaft und
insofern auch nur für diesen engen Zeitraum Inhaberin der Kontrollposition
in Bezug auf die Zielgesellschaft war.

3.

Das Ermessen im Hinblick auf die Erteilung einer Befreiungsentscheidung war
vorliegend dahingehend zu betätigen, dass die Antragstellerin von den
Verpflichtungen aus § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG zu befreien
war.

Die im Rahmen des § 37 Abs. 1 WpÜG vorgeschriebene Ausübung behördlichen
Ermessens erfordert stets eine Abwägung der beiderseitigen Interessen.
Vorliegend überwog das Interesse der Antragstellerin an der Befreiung von
den vorgenannten Verpflichtungen, namentlich die Vermeidung des mit der
Abgabe eines Pflichtangebots verbundenen Kosten-und Zeitaufwandes, das
Interesse der außenstehenden Aktionäre an der Abgabe eines solchen Angebots
deutlich.

Die Kontrollerlangung über die Zielgesellschaft diente allein der
abwicklungstechnischen Begleitung einer Kapitalerhöhung. Die
Antragstellerin beabsichtigte zu keiner Zeit die Stimmrechte aus den neuen
Aktien auszuüben. Darüber hinaus konnte die Antragstellerin ob der kurzen
Dauer ihrer Kontrollposition von ihrem kontrollierenden Einfluss
tatsächlich keinen (nachhaltigen) Gebrauch machen.

Bei komplizierten Kapitalerhöhungen mit einer Mehr- bzw. Vielzahl von
potenziellen Zeichnern erhöht die Beteiligung eines Treuhänders im Zuge der
Abwicklung einer Kapitalerhöhung die Wahrscheinlichkeit, dass diese
geordnet und erfolgreich durchgeführt wird. Diese übliche Handlungsweise
eines funktionierenden Kapitalmarkts liegt auch im Interesse der
außenstehenden Aktionäre bzw. steht deren Interessen zumindest nicht
entgegen. Das ggf. bestehende Interesse der außenstehenden Aktionäre, die
Beteiligung an der Zielgesellschaft aus Anlass der Kontrollerlangung durch
die Antragstellerin gänzlich oder teilweise abzubauen, ist demgegenüber
nicht beachtlich. Insbesondere müssen sich die außenstehenden Aktionäre
vorliegend nicht auf eine durch den Erwerb der Kontrolle durch die
Antragstellerin bedingte strategische Neuausrichtung der Zielgesellschaft
einstellen, aus deren Anlass ihre Investitionsentscheidung zu überdenken
wäre (vgl. Klepsch, in: Steinmeyer, WpÜG, 3. Aufl. 2013, § 37 Rn. 56).

Der Bescheid enthält keine Nebenbestimmungen und Auflagen.

Ende der WpÜG-Meldung 

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