29.01.2014 19:13:00
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DER STANDARD-Kommentar: "Viele kleine Hypo-Zeitbomben" von Andreas Schnauder
Wien (ots) - Nein, an dieser Stelle soll nicht erneut des Steuerzahlers Leid mit der Hypo beklagt werden. Doch der Umgang mit den Haftungen, die ja einen wesentlichen Faktor in der Kärntner Tragödie darstellen, ist freilich einer näheren Betrachtung wert. Dabei kommt man zu dem Schluss, dass in Österreich noch mehrere, wenn auch kleinere, Hypo-Zeitbomben ticken. Vier Jahre nach der Notverstaatlichung der Bank wurden kaum Vorkehrungen getroffen, um ähnliche Finanzkatastrophen zu verhindern.
Haftungen sind in der Politik ziemlich beliebt, weil sie nicht unmittelbar Geld kosten. Risikolos sind sie - und das hat sich offenbar noch nicht überall herumgesprochen - beileibe nicht. Das zeigt nicht nur das Beispiel Hypo, sondern auch jenes der Alpine, diverser staatlich garantierter Auslandskäufe oder diverser Projekte auf Gemeinde- und Landesebene. Welcher Provinzkaiser hilft nicht gerne aus, wenn das Stammlokal in Schwierigkeiten steckt oder die siebente Therme in Rufweite aus der Taufe gehoben werden soll. In Österreich hat sich das Ausstellen von Haftungen zu einer Art Volkssport entwickelt, der auf Lokalebene Beifall erntet, volkswirtschaftlich aber ziemlich bedrohlich ist. Was die Lage verschärft: Einen echten Überblick über die drohenden Löcher gibt es nicht.
Aus einer Eurostat-Erhebung geht hervor, dass Österreich bei der Höhe der Haftungen gemessen an der Wirtschaftsleistung in Europa nur von Irland übertroffen wird. Tatsächlich liegen die von den Statistikern in Luxemburg erhobenen Daten weit unter den realen Werten, weil zahlreiche ausgegliederte Einheiten unberücksichtigt blieben. Aufschluss gibt ein Bericht des Staatsschuldenausschusses, der die Haftungen des Bundes für das Jahr 2011 mit 103 Milliarden und die auf Landes- und Gemeindeebene mit 77 Milliarden Euro errechnet hat. Da muss - insbesondere bei den Banken - nicht viel passieren, und ein weiterer öffentlicher Player steht am Abgrund. Immerhin machen die gewährten Sicherheiten oft ein Vielfaches der jährlichen Budgeteinnahmen einer Gebietskörperschaft aus.
Auf politischer Ebene wurde zwar viel über Haftungsobergrenzen geredet, ja sogar der innerstaatliche Stabilitätspakt adaptiert, die Ausflüsse sind aber wie so oft bescheiden. Manche Bundesländer sehen bei der Berechnung des Drohpotenzials großzügig über ihre Banken und damit den größten Nutznießer öffentlicher Fangnetze hinweg. Andere wiederum haben Haftungen ausgegliederter Bereiche einfachheitshalber nicht erfasst. Diese Schummeleien haben den angenehmen Nebeneffekt, dass die vereinbarten Haftungslimits trotz des aktuell ohnehin schon riesigen Ausmaßes keinen Handlungsbedarf ergeben. Alles andere wäre in einer Republik, in der sich die mächtigen Landeshauptleute eine Bundesregierung halten, auch eher ungewöhnlich.
Angesichts dieser Umstände verwundert die Aufregung über das Hypo-Desaster ein wenig. Das Fass ohne Boden hat sich die Republik vor gut vier Jahren eingehandelt. Seither rinnt das Steuergeld nicht nur durch das Kärntner Gefäß, es wurden auch keine effektiven Vorkehrungen getroffen, um andere Altlasten zu sanieren und neue Wagnisse zu vermeiden. Dazu müsste man nämlich das Unkraut an der Wurzel packen und neben politischer Überzeugung Durchschlagskraft gegenüber den Ländern aufbringen. Das bleibt Träumerei, während der Hypo-Albtraum längst Realität ist.
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