Der bulgarische Energieregulator will gegen die niederösterreichische EVN sowie die tschechischen Stromversorger CEZ und Energo-Pro Geldstrafen von insgesamt mindestens 50 Mio. Lewa (25,56 Mio. Euro) verhängen.
Das
sagte der Leiter der Regulierungsbehörde, Boyan (Bojan) Boev, laut
einem Bericht der bulgarischen Nachrichtenagentur BTA.
Man habe das Geschäftsgebaren der ausländischen Versorger im
Zeitraum 2008 bis 2012 geprüft und dabei fast 2.700
Verwaltungsübertretungen festgestellt, sagte Boev vor Journalisten.
Man sei nun gerade dabei, insgesamt mehr als 2.000 Strafbescheide zu
schreiben, die in etwa zwei Wochen fertig sein sollen, erklärte der
Regulator.
Der Vorwurf: EVN, CEZ und Energo-Pro hätten in Wahrheit um
insgesamt rund 418 Mio. Euro geringere Kosten gehabt als angegeben,
indem es ihnen z.B. gelungen sei, die Stromnetzverluste zu senken.
Daher hätten die Preise für die Endkunden im überprüften Zeitraum
deutlich geringer sein müssen als sie es tatsächlich waren. Darüber
hinaus hätten die Stromversorger insgesamt um 220 Mio. Lewa höhere
Einnahmen erzielt als vom Regulator genehmigt.
Große europäische Versorger
E.ON
Die E.ON SE ist eines der weltweit größten privaten Energieunternehmen. Weltweit werden rund 26 Millionen Haushalte von E.ON mit Strom und Gas versorgt. Das brachte dem Versorger 2013 einen Umsatz von rund 122,45 Milliarden Euro ein. Dabei ist E.ON noch recht jung: Der Konzern ging erst 2000 aus einer Fusion der Industrieunternehmen VEBA und VIAG hervor.
Enel
Enel ist der größte italienische Stromanbieter. Das Unternehmen betreibt Wasser-, Thermal-, Kern-, Wind- und Solarkraftwerke in 40 Ländern auf vier Kontinenten und konzentriert sich insbesondere auf Energiegewinnung durch erneuerbare Energien. Der Umsatz von Enel belief sich 2013 auf rund 80,54 Milliarden Euro.
GDF Suez
GDF Suez, 2008 aus der Fusion von Gaz de France und Suez entstanden, ist ein französischer Versorger, der sich zu einem Drittel in der Hand des französischen Staates befindet. Auch in Deutschland und insgesamt in rund 50 Ländern ist der Konzern aktiv. Der Umsatz von GDF Suez belief sich 2013 auf 81,3 Milliarden Euro.
Electricité de France (EDF)
Électricité de France, kurz EDF, wurde bereits 1946 gegründet und betreut weltweit rund 40 Millionen Kunden. Hauptaktionär ist der französische Staat. Im Jahr 2013 konnte der französische Versorger einen Umsatz von 75,59 Milliarden Euro erwirtschaften.
RWE
RWE ist der zweitgrößte Versorger in Deutschland und einer der größten Strom- und Gasanbieter Europas. Insgesamt versorgt RWE rund 16 Millionen Haushalte mit Strom und ca. acht Millionen Haushalte mit Gas. Der Umsatz lag 2013 bei 54,07 Milliarden Euro.
Iberdrola
Iberdrola, der größte Energieversorger in Spanien, erreicht mit seinen Dienstleistungen rund 16 Millionen Kunden, neun Millionen davon in Spanien. Bei Windenergie ist Iberdrola nach eigenen Angaben sogar weltweit führend. Der Umsatz des Konzerns belief sich 2013 auf 32,81 Milliarden Euro.
EnBW
Das Kerngeschäft der EnBW ist die Energie. Im zentralen Bereich Strom deckt die EnBW von der Energieerzeugung über -transport, -verteilung und -handel bis zum Energievertrieb alle Stufen der Wertschöpfungskette ab. Darüber hinaus ist die EnBW-Gruppe in den Bereichen Gas und Fernwärme aktiv. Insgesamt konnte der Konzern 2013 einen Umsatz von rund 20,54 Milliarden Euro einfahren.
Vattenfall
Der schwedische Versorger Vattenfall ist einer der größten Stromerzeuger Europas und die Nummer vier auf dem deutschen Strommarkt. Das Unternehmen beschäftigt in Deutschland auch über die Hälfte seiner Mitarbeiter. Der Umsatz lag 2013 bei rund 19,36 Milliarden Euro. Im Gegensatz zu den anderen großen Versorgern ist Vattenfall jedoch nicht an der Börse notiert, sondern vollständig in der Hand des schwedischen Staates.
Verbund
Verbund ist der größte Stromproduzent und -transporteur Österreichs und deckt dort rund 50 Prozent des regionalen Strombedarfs ab. Der Versorger weist eine der umweltfreundlichsten Erzeugungsstrukturen in der Europäischen Union auf. Das brachte Verbund 2013 einen Umsatz von rund 3,27 Milliarden Euro ein.
EVN
Die EVN, kurz für Energie-Versorgung Niederösterreich, ist ein führendes österreichisches Energie- und Umweltdienstleistungsunternehmen, das in Niederösterreich Haushalte mit Strom, Gas und Wärme versorgt. Der Umsatz von EVN lag für das vergangene Geschäftsjahr (endete im Oktober 2013) bei knapp 2,76 Milliarden Euro.
Das Strafausmaß für Verwaltungsübertretungen kann zwischen 20.000
und 1 Mio. Lewa betragen. "Wenn wir 2.500 Strafbescheide haben und
eine Mindeststrafe von 20.000 Lewa, dann macht das in Summe
mindestens 50 Mio. Lewa aus", erklärte Boev. EVN, CEZ und Energo-Pro
haben nun laut BTA drei Tage Zeit, um jeden Strafbescheid einzeln zu
beeinspruchen.
Die ausländischen Versorger beteuern, völlig im Einklang mit den
bulgarischen und mit EU-Gesetzen gehandelt zu haben.
EVN-Bulgarien-Chef Jörg Sollfelner hat bereits angekündigt, sich an
den Verwaltungsgerichtshof zu wenden. Die Überprüfung seitens der
Behörde sei chaotisch, unprofessionell und willkürlich durchgeführt
worden, kritisiert die EVN.
EVN-Sprecher Stefan Zach sieht hinter den Vorwürfen vor allem
politische Motive - offenbar wolle man damit bei den bulgarischen
Wählern punkten. "Wir zählen bereits die Tage bis zur EU-Wahl am 25.
Mai." Dieser Vorwurf wird seitens der bulgarischen Behörde vehement
bestritten.
Bereits seit längerer Zeit droht der bulgarische Energieregulator
den ausländischen Versorgern auch mit dem Entzug ihrer
Betriebslizenzen, weswegen auf Bulgarien "brutaler Druck" von
Lobbyisten aus dem Ausland sowie von EU-Energiekommissar Günther
Oettinger ausgeübt werde.
(Schluss) ivn/sp
ISIN AT0000741053 CZ0005112300
WEB http://www.evn.at