09.05.2016 21:47:37
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Börsen-Zeitung: Politik von und für gestern, Kommentar zur Konjunktur von Stephan Lorz
Viele Ökonomen haben darauf schon aufmerksam gemacht, wurden aber in Berlin stets vertröstet. Der Machterhalt ist den handelnden Politikern schließlich wichtiger. Nur darum werden die geburtenstarken Jahrgänge nämlich mit Wohltaten überhäuft - nicht wegen des Armutsrisikos. Das Geld hierzu wird entweder von den Jungen genommen, indem diese künftig höhere Sozialbeiträge entrichten müssen, oder es kommt einfach aus der Substanz. Vor Letzterem hat jetzt der Internationale Währungsfonds (IWF) gewarnt. Deutschland muss mehr investieren, so seine Kernforderung. Die Bundesregierung verweist zur Entlastung auf ihre "Investitionsoffensive", die zusätzliche Milliarden bis 2018 vorsieht. Doch steigen die Baukosten schneller, als die Investitionssummen gewachsen sind. Die Substanz bröckelt also weiter, mahnt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank.
Die wie eine Monstranz vor sich hergetragene "Schwarze Null" wirkt damit eher kontraproduktiv. Geht doch unter den obwaltenden Bedingungen das Fundament für künftiges Wachstum in die Brüche. Die heutige junge Generation wäre dann doppelt getroffen: finanziell ausgezehrt inmitten einer ruinierten Infrastruktur. Warum also nicht heute den Kapitalmarkt anzapfen, da die Zinsen so niedrig sind? Zumal Deutschland budgetmäßig besser dasteht als fast alle anderen Industrieländer.
Wenn die Bundesregierung gleichwohl unter allen Umständen an der "Schwarzen Null" festhalten möchte, ohne die Zukunft gleich ganz abzuschreiben, müsste sie sofort alle neuen Sozialtransfers stoppen und das Budget rigoros auf Investitionen trimmen. Aber auch das passiert nicht. Selbst für Start-ups und Ausgaben zur technologischen Standortsicherung (wie steuerlich begünstigte Patentboxen) gibt es kein Geld. Fehlentwicklungen nehmen meist in guten Zeiten ihren Anfang.
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