05.03.2016 05:50:46
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Börse Frankfurt-News: EZB-Lockerung längst eingepreist (Anleihen)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 4. März 2016. Die Bundrenditen sinken weiter. Negativrenditen für zehnjährige Bundesanleihen rücken immer näher.
Die Inflationsrate in der Eurozone von minus 0,2 Prozent im Februar hat Hoffnungen auf weitere geldpolitische Lockerungsmaßnahmen der EZB am kommenden Donnerstag geschürt. Das schlägt sich nieder in weiter sinkenden Bundrenditen. Die Rendite für zweijährige deutsche Bonds rutschte am Freitagmorgen mit -0,586 Prozent auf ein neues Rekordtief. Der Euro-Bund-Future notiert am Freitagmittag bei 165,19 Punkten, vor einer Woche waren es 165,99 Punkte. Am Montag war der Index für kurze Zeit auf ein neues Rekordhoch von 166,63 Punkten geklettert. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen liegt aktuell bei 0,17 nach 0,14 Prozent vergangenen Freitag.
Notenbanker unter Zugzwang
Für die anstehende EZB-Sitzung wird am Markt mittlerweile fest von einer weiteren Senkung der ohnehin bereits negativen Einlagenzinsen für Banken oder einer Ausweitung des Anleihekaufprogramms ausgegangen. "Der Markt hat ein Absenken des aktuellen Einlagenzinses von derzeit minus 0,3 Prozent auf minus 0,4 Prozent bereits eingepreist", bemerkt Klaus Stopp von der Baader Bank. Er rechnet sogar mit einem Absenken auf minus 0,5 Prozent. Eine Ausweitung des Ankaufvolumens für Anleihen von derzeit rund 60 Milliarden Euro pro Monat hält er hingegen für unwahrscheinlich. "Damit würde man im Markt früher oder später an die Grenzen der Verfügbarkeit stoßen. Der Sekundärmarkt ist ohnehin schon leergefegt."
"Die EZB wird die bereits hohen Markterwartungen voraussichtlich noch übertreffen", meint Rainer Guntermann von der Commerzbank. Die Bank geht daher davon aus, dass die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen in den kommenden Monaten unter Null fallen wird. "Einer angesichts der EZB-Maßnahmen eigentlich zu erwartenden nachhaltigen Erholung der Risikoaufschläge von Peripherie- und Unternehmensanleihen dürften zunächst noch politische Risiken im Wege stehen."
USA: keine Leitzinsanhebung im März
In den USA blickt alles auf die heute zur Veröffentlichung anstehenden Arbeitsmarktzahlen. "Der Bericht hat das Potenzial, die Zinserwartungen maßgeblich zu beeinflussen", kommentiert Oliver Schellmann von der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Laut Viola Julien und Ulrich Wortberg von der Helaba müsste es allerdings schon zu einer deutlichen Überraschung auf der Oberseite kommen, um Spekulationen auf eine Zinserhöhung noch in diesem Monat zu schüren. "Zwar kann eine Erhöhung der Leitzinsen im März nicht komplett ausgeschlossen werden, sie scheint aber vor dem Hintergrund der globalen Risiken und der niedrigen Inflation unwahrscheinlich zu sein."
Argentinien-Streit beendet
Im Streit zwischen US-Hedgefonds und Argentinien ist es zu einer Einigung gekommen. Insgesamt 4,65 Milliarden US-Dollar werden bezahlt, das entspricht 75 Prozent der ursprünglich geforderten Summe, wie Stopp erläutert. "In der Folge ist in Argentinien eine innenpolitische Debatte über die Frage ausgelöst worden, ob die Lösung als Erfolg oder als Niederlage einzustufen ist." Einerseits könne Argentinien nun vielleicht bald wieder Zugang zum Kapitalmarkt bekommen, andererseits müssten die Kosten des Deals an anderer Stelle eingespart werden. "Somit schließt sich der Kreis bis zum einfachen Bürger, der zum Schluss der Leidtragende dieser Einigung sein wird."
Air Berlin meldet sich zurück
Wieder deutlich erholt haben sich Anleihen von Air Berlin (WKN AB100B), auf die Rainer Petz von Oddo Seydler hinweist. Die Papiere waren in der Vorwoche unter die Räder gekommen und notierten vergangenen Donnerstag nur noch bei 80,50 Prozent. Am heutigen Freitag sind es wieder 95 Prozent.
Dass die HSH Nordbank den Termin für die Veröffentlichung der Jahreszahlen 2015 verschoben hat, sorgt offenbar für Unruhe unter Anlegern, Anleihen der Bank (WKN HSH2H1, HSH2H2, 542696) werden abgegeben, wie Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft berichtet. Hintergrund sind einer Ad hoc-Meldung zufolge noch offene bilanzrelevante Fragen in den Gesprächen zwischen EU-Kommission und Bundesrepublik Deutschland im laufenden EU-Beihilfeverfahren.
Pharol verliert weiter
Sehr volatil präsentierten sich weiterhin Anleihen von Pharol (WKN A1UB78), der früheren Portugal Telecom. Schon in der Vorwoche war das Papier von 98,25 auf 79 Prozent abgerutscht, in dieser Woche waren es im Tief sogar nur noch 35 Prozent, wie Daniel feststellt. Aktuell liegt die Anleihe bei 56 Prozent. Auslöser für die Verkäufe war das Scheitern der Fusion der hoch verschuldeten brasilianischen Telefongesellschaft Oi mit TIM Brasil, dem zweitgrößten Mobilfunker des Landes. Pharol ist Großaktionär von Oi. Die Rating-Agenturen Fitch und S&P haben Oi vergangene Woche bereits von BB auf B mit negativem Ausblick bzw. von BB- auf B+ heruntergestuft, S&P hält sogar eine weitere Herabstufung für möglich.
Neues von Daimler und ThyssenKrupp
Was neue Anleihen angeht, berichtet die Baader Bank von drei Papieren von Daimler, wobei sich die erste Emission (WKN A2AAL1) mit einer Mindestanlage von 100.000 Euro eher an institutionelle Anleger richtet. Die zweite (WKN A2AAL2) läuft bis September 2019 und bietet einen jährlichen Kupon von 0,5 Prozent, die dritte (WKN A2AAL3) bis März 2026 und 1,5 Prozent. Beide eignen sich durch die Mindestanlage von 1.000 Euro grundsätzlich auch für private Investoren. Nach Schellmann konnten direkt ab Handelsbeginn gerade in den in 2019 fälligen Daimler-Papieren gute Umsätze verzeichnet werden.
Das ist auch bei einer neuen ThyssenKrupp-Anleihe der Fall (WKN A2AAPF), die bis März 2021 läuft und einen jährlichen Zins von 2,75 Prozent bietet. "Die Umsätze sind hoch", erklärt Petz. "Die ThyssenKrupp-Anleihe ist mit leichten Kursgewinnen in den Handel gestartet", stellt Schellmann fest. Die Emission der neuen ThyssenKrupp-Anleihe führte unterdessen zu Abgabedruck bei älteren Papieren (WKN A14J57).
von: Anna-Maria Borse
© 4. März 2016 - Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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