Viele Risiken |
29.04.2022 17:50:00
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BASF-Aktie letztlich mit Verlust: BASF bestätigt Jahresziele - Umsatz in Q1 gestiegen
Die Ziele für 2022 bestätigte das im DAX notierte Unternehmen zwar. Allerdings bleibe das Marktumfeld von außergewöhnlich hoher Unsicherheit geprägt, warnte BASF am Freitag am Tag der Hauptversammlung in Ludwigshafen. Insbesondere seien die weitere Entwicklung des Krieges in der Ukraine und ihre Auswirkungen auf die Preise und Verfügbarkeit von Energie und Rohstoffen nicht vorhersehbar. BASF will wegen des Krieges in der Ukraine den größten Teil seiner Geschäfte in Russland und Belarus bis Anfang Juli 2022 einstellen.
Für 2022 rechnet das Unternehmen weiterhin mit einem Rückgang beim Umsatz auf 74 bis 77 Milliarden Euro und beim operativen Ergebnis auf 6,6 bis 7,2 Milliarden Euro. 2021 kletterte der Umsatz im Jahresvergleich um ein Drittel auf 78,6 Milliarden Euro. Dazu trugen deutlich höhere Verkaufspreise und Mengen bei. Den um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) konnte BASF auf 7,8 Milliarden Euro mehr als verdoppeln.
Im ersten Quartal des laufenden Jahres habe BASF teilweise höhere Margen realisieren können, teilte das Unternehmen weiter mit. Dies habe in dem Zeitraum zu einer deutlichen Ergebnisverbesserung vor allem in den Segmenten Basischemikalien (Chemicals), Industrial Solutions und Kunststoffe (Materials) im Jahresvergleich geführt. Zu Industrial Solutions gehören unter anderem Dispersionen und Pigmente.
Belastet hätten hingegen deutlich gestiegene Rohstoff- und Energiepreise sowie Transportkosten als Folge des Krieges in der Ukraine und der pandemiebedingten Lockdowns in China. BASF habe die höheren Kosten über Preiserhöhungen kompensieren können. Allerdings sei es zu Unterbrechungen und Störungen in den Lieferketten gekommen. Dies habe zu einer eingeschränkten Nachfrage vor allem aus der Automobilindustrie geführt.
Analysten lobten die neuesten Aussagen zur Geschäftsentwicklung. Alle Geschäftsfelder des Konzerns hätten die Markterwartungen übertroffen, besonders aber die Sparten Materials und Chemicals, schrieb Analyst Chris Counihan von Jefferies. Die Dynamik des ersten Quartals habe sich im April fortgesetzt.
Das Unternehmen hatte bereits Mitte April Eckdaten für das erste Quartal vorgelegt. Im ersten Quartal kletterte der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Sondereinflüssen (Ebit) im Jahresvergleich wie bereits bekannt um rund ein Fünftel auf etwa 2,8 Milliarden Euro. Der Umsatz wuchs um fast ein Fünftel auf rund 23 Milliarden Euro. Nach Steuern und nicht beherrschenden Anteilen ging der Gewinn aufgrund einer milliardenschweren Abschreibung der Mehrheitsbeteiligung Wintershall DEA von rund 1,7 Milliarden Euro im Vorjahr auf 1,2 Milliarden Euro zurück.
Kritik gab es im Vorfeld der Hauptversammlung von Aktionären vor allem am Umgang mit Russland. Der Börsengang der Wintershall DEA sei im Jahr 2021 verschoben worden, jetzt werde das Russland-Exposure zu einem massiven Problem mit Abschreibungen, Reputations- und Sanktionsrisiken, warf der Fondsmanager Arne Rautenberg von der Union Investment dem Unternehmen vor. Die bitterste Lektion sei aber die enorme Abhängigkeit des Standorts Ludwigshafen vom russischen Gas. Diversifikation und vorausschauendes Risikomanagement wären die richtige Strategie gewesen. Stattdessen habe die BASF hier alles auf eine Karte gesetzt und stecke jetzt in der Klemme.
Die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewalt gemeinsam mit dem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre sowie der ukrainischen Nichtregierungsorganisation Ecoaction fordern wegen des Krieges in der Ukraine von BASF einen sofortigen Stopp der Gas- und Ölgeschäfte in beziehungsweise mit Russland.
BASF hält starkes zweites Quartal für möglich
Trotz der "außergewöhnlich hohen Unsicherheiten" im Hinblick auf die möglichen Auswirkungen des Ukraine-Krieges sieht BASF-Chef Martin Brudermüller gute Chancen für die Entwicklung des eigenen Geschäfts im aktuellen Quartal: "Die nächsten Monate könnten tatsächlich sehr stark werden", sagte Brudermüller in einer Telefonkonferenz mit Analysten.
Derzeit sei die Nachfrage noch so gut, dass BASF die steigenden Kosten für Energie noch an die Kunden weitergeben könne, sagte Brudermüller. Er bezifferte die Mehrkosten für Energie an den europäischen Standorten im ersten Quartal zum Vorjahr auf 900 Millionen Euro. Sollte die Nachfrage nicht wegbrechen, könnten weitere Preiserhöhungen trotz des schon hohen Niveaus noch einige Monaten fortgeführt werden, sagte Brudermüller. Im April sehe BASF weiterhin sehr hohe Margen im Geschäft mit Basischemikalien.
Das größte Risiko besteht aus Sicht von Brudermüller darin, dass es zu einer Unterbrechung oder signifikanten Einschränkung der Gasversorgung in Europa kommt. Der Gasbedarf von BASF allein am Standort Ludwigshafen macht 4 Prozent des gesamten deutschen Gasverbrauchs aus. Technisch könne der Verbundstandort mit der Hälfte des Gases gerade noch betrieben werden. Darüber hinaus müssen etliche Anlagen abgestellt werden.
BASF arbeite mit Hochdruck daran, die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren. Nachgedacht wird nach dem Worten Brudermüllers darüber, den in der Herstellung besonders gasintensiven Grundstoff Ammoniak zuzukaufen.
BASF-Chef Brudermüller gegen Embargo von Erdgas aus Russland
BASF-Chef Martin Brudermüller hat sich gegen ein mögliches Embargo von Erdgas aus Russland ausgesprochen. "Wenn über Nacht die Erdgaslieferungen aus Russland wegfallen, würde das zu einer irreversiblen Schädigung der Volkswirtschaft führen", sagte er am Freitag bei der Hauptversammlung des Unternehmens. Im Extremfall müsste BASF die Produktion im Stammwerk in Ludwigshafen einstellen. "Wir sehen das wie die Bundesregierung", sagte Brudermüller. "Sie hat sich gegen ein Erdgas-Embargo ausgesprochen. Wir halten diese Linie für die richtige."
Deutschland sei sehr stark abhängig von russischem Erdgas. "Russland deckt rund 50 Prozent des deutschen Erdgasverbrauchs. Damit bilden die russischen Gaslieferungen die Basis für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie. Auch für BASF in Ludwigshafen. Das sind Realitäten", betonte Brudermüller. Das Unternehmen beziehe kein Gas und kein Öl direkt aus Russland, sondern von westeuropäischen Lieferanten. "In deren Portfolio ist aber auch Erdgas aus Russland. Und damit auch in einem ähnlichen Verhältnis bei BASF am Standort in Ludwigshafen. Um es klar zu sagen: Eine kurzfristige Lösung, Erdgas aus Russland zu ersetzen, gibt es nicht."
Priorität von Politik und Wirtschaft müsse sein, sich aus dieser Abhängigkeit so schnell wie möglich zu befreien, sagte Brudermüller. "Wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, um unsere Abhängigkeit von russischem Gas am Standort Ludwigshafen möglichst zügig zu reduzieren." Das alles gehe jedoch nicht auf Knopfdruck.
Die BASF-Aktie verlor im XETRA-Handel 0,79 Prozent und schloss bei 50,41 Euro.
LUDWIGSHAFEN (dpa-AFX) / FRANKFURT (Dow Jones)
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