03.01.2014 17:49:59

Badische Zeitung: Nach dem Skiunfall: Schumacher und wir Leitartikel von Thomas steiner

Freiburg (ots) - Ein ehemaliger Rennwagenfahrer liegt lebensgefährlich verletzt im Krankenhaus - und alle bangen um ihn. Nicht nur die Verehrer des Formel-1-Rekordweltmeisters verfolgen die Nachrichten über seinen Zustand. Das Drama um Michael Schumacher lässt auch Menschen nicht unberührt, die mit den im Kreis rasenden Männern sonst nichts anfangen können. Es ist viel mehr als das Drama eines Spitzensportlers. Seine Berühmtheit rührt natürlich daher: Schumacher ist als Rennfahrer zur Ikone geworden. Mehr als ein Jahrzehnt lang beherrschte er die Formel 1, von 1994 bis 2004 wurde er sieben Mal Weltmeister. Deutschland hatte endlich - nach dem Tennis-Doppel Boris Becker und Steffi Graf - wieder einen großen Sporthelden. Für die Siege Schumachers interessierten sich immer mehr Leute, die Einschaltquoten für die Formel-1-Fernsehübertragungen gingen steil nach oben. Für die Figur Schumacher interessierten sich noch mehr Menschen. Seine Charakterzüge wurden genauso diskutiert wie seine Fahrweise. Das perfektionische Arbeiten an seinem Fahrzeug und sein Gefühl für die Technik einerseits, das gerne eingegangene Risiko und das oft rücksichtlose Verhalten auf der Strecke andererseits - Schumacher hatte seine faszinierenden wie seine abstoßenden Seiten. "Wir sind Schumacher" könnte man das Gefühl auf dem Höhepunkt der Schumacher'schen Heldenzeit benennen. Deutschland als Autonation identifizierte sich mit ihm. Und wurde mit ihm identifiziert: Als er 2010 sein Comeback mit Mercedes machte, der Automarke made in Germany, war die Verquickung von Land und Person perfekt. Schumachers Status war damals noch der eines Großen, das Comeback war dicke Schlagzeilen und aufgeregte Diskussionen wert. Dass es dann nicht ganz so erfolgreich war, dass Schumacher sich in den folgenden Jahren mit hinteren Rängen begnügen musste und das auch ohne Hadern tat, machte ihn menschlicher. Seit dem endgültigen Rückzug aus dem Rennzirkus war Schumacher kaum noch Nachrichten wert. Im Gegensatz zum immer abgehalfterter wirkenden, zum Party- und Frauenhelden abgestiegenen Boris Becker schaffte er es, ein wohl intaktes Familienleben weitgehend für sich zu behalten. Und so auch sein Heldentum nicht kaputt zu machen. Doch nun ist er unfreiwillig zum Objekt des Medienzirkusses geworden, den er gemieden hatte. Fernsehleute, die mit Übertragungswagen die Notaufnahme des Krankenhauses blockieren, Journalisten, die sich als Priester verkleidet einschleichen wollen - das zeugt nicht von Respekt, auch nicht dem gestürzten Helden gegenüber. Kurz nach dem Skiunfall hieß es, Schumacher sei nicht nur abseits der regulären Strecke, sondern auch zu schnell gefahren. Das negative Bild eines immer noch Geschwindigkeitssüchtigen wurde gemalt. Dann hieß es, er habe einem Freund, einem Kind gar geholfen und sei dabei zwischen die Felsen gekommen. Wie auch immer, es ist ein Drama, dass Schumacher, der seine Karriere im gefährlichen Motorsport bis auf einen Beinbruch unbeschadet überstanden hat, nun bei einem banalen Sturz beim Freizeitsport eine so schwere Kopfverletzung erlitten hat. Ob er jemals wieder der alte wird, ist mehr als fraglich. Es ist auch ein Unfall, wie er jedermann jederzeit passieren kann. Nicht nur beim Skifahren, das wesentlich mehr Menschen betreiben als Rennwagen-Fahren. Und so rührt das, was Michael Schumacher passiert ist, an die Furcht, die wir alle haben, die Furcht vor einem plötzlichen fatalen Ereignis. Daher kommt die Bestürzung, die Anteilnahme. Das Drama, das sich da vor unseren Augen abspielt, ist das Drama der Sterblichkeit eines jeden Menschen. Auch eines Helden.

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