02.12.2013 16:47:31
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AUSBLICK/EZB übt sich nach Zinsüberraschung in Zurückhaltung
Von Hans Bentzien
Nachdem der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) im November die Zinsen gesenkt hat, ist für die in dieser Woche anstehende Ratssitzung keine weitere Aktion zu erwarten. Alle 51 von Dow Jones Newswires befragten Experten erwarten, dass die EZB ihren Leitzins unverändert lässt, nachdem sie ihn zuvor um 25 Basispunkte auf 0,25 Prozent gesenkt hatte.
Da auch das Vollzuteilungsverfahren bei Repo-Geschäften für Banken schon bis 2015 verlängert wurde, ist für Donnerstag nur noch mit der Veröffentlichung neuer Wachstums- und Inflationsprognosen zu rechnen - jedenfalls nach menschlichem Ermessen. Denn ganz sicher kann man bei EZB-Präsident Mario Draghi nie sein, ob er nicht doch noch etwas in petto hat.
Die EZB hatte im November ihren Leitzins gesenkt, nachdem die Inflationsrate auf 0,7 Prozent gefallen war. Sie wollte damit dafür sorgen, dass der Abstand zur Nulllinie, hinter der das Deflationsmonster lauert, groß genug bleibt. Für ein wenig Entspannung haben in dieser Hinsicht bereits die Inflationsdaten für November gesorgt: Die Verbraucherpreise sind wieder mit einer Jahresrate von 0,9 Prozent gestiegen.
Wichtiger als die kurzfristige Inflation ist allerdings die mittelfristige Entwicklung. Und da darf man gespannt sein, wie stark die Teuerung nach Einschätzung der EZB noch vom Zielwert von knapp 2 Prozent entfernt bleiben wird. Die im September veröffentlichten Stabsprojektionen sahen die Inflationsrate 2013 und 2014 bei 1,5 und 1,3 Prozent.
Um wie viel niedriger die neuen Projektionen die Inflation ansetzen werden, ist schwer abzuschätzen. Die von der EZB regelmäßig befragten Ökonomen haben ihre Inflationsprognosen für 2013 und 2015 im Rahmen des Survey of Professional Forecasters von 1,5 auf 1,4 Prozent und von 1,8 auf 1,6 Prozent gesenkt. Es ist aber nicht gesagt, dass die ohnehin schon niedrigeren Stabsprojektionen im gleich Ausmaß reduziert werden.
Die EZB veröffentlicht am Donnerstag erstmals eine Prognose für 2015. Fällt die nicht wesentlich höher als der für 2014 erwartete Wert aus, wird das sicherlich neue Diskussionen über eine geldpolitische Lockerung auslösen.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Wachstumsprognose für 2015. Für 2014 plante die EZB bisher mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,0 Prozent. Höhere Wachstumswerte würden die Wirtschaft schon an die Grenze ihres Wachstumspotenzials bringen, also eine höhere Inflation auslösen. Das zeigt einerseits, in wie schwacher wirtschaftlicher Verfassung Europa ist. Andererseits stellt das eine gewisse Absicherung gegen Deflationsrisiken dar.
Eine weitere Zinssenkung wird es an diesem Donnerstag kaum geben. Die Projektionen dürften im Großen und Ganzen das EZB-Szenario einer anhaltenden, wenn auch schwachen und ungleichmäßigen Konjunkturerholung bestätigen. Ein weitere Senkung des Hauptrefinanzierungssatzes würde entweder dazu führen, dass der darunter liegende Einlagenzins negativ wird oder dass die Differenz zwischen beiden Sätzen aufgehoben wird. Einzige Alternative wäre eine Senkung des Hauptrefinanzierungssatzes um weniger als einen Viertelprozentpunkt.
Für wahrscheinlicher halten Beobachter, dass die EZB ein weiteres sehr langfristiges Refinanzierungsgeschäft ausschreiben wird, über das sich die Banken mit neuer billiger Liquidität versorgen können. Spekuliert wird, dass die EZB dieses Mal nur unter der Maßgabe Geld verleiht, dass die Banken es in Form von Krediten an die Wirtschaft weitergeben.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@wsj.com
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December 02, 2013 10:15 ET (15:15 GMT)
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