18.04.2016 18:05:47
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AUSBLICK/EZB lässt Geldpolitik unverändert
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) wird seine Geldpolitik bei der Sitzung am Donnerstag nicht ändern. Volkswirte erwarten jedoch, dass Präsident Mario Draghi nach der umfassenden Lockerung von März immerhin vorsichtig die prinzipielle Bereitschaft des Rats zu weiteren Maßnahmen betonen wird. Wie deutlich diese Hinweise ausfallen werden, könnte von zwei Umfragen abhängen, von denen eine vor und eine nach der Ratssitzung veröffentlicht wird: Die Quartalsumfrage zur Kreditvergabe und der Survey of Professional Forecasters mit Prognosen zur Inflations- und Wachstumsentwicklung im Euroraum.
Die EZB hat Anfang März ein umfassendes Paket zur Lockerung ihrer Geldpolitik beschlossen: Die Leitzinsen wurden um 5 bis 10 Basispunkte gesenkt, wobei der Satz für Bankeinlagen auf minus 0,40 Prozent reduziert wurde. Zudem wurde das Monatsvolumen der Anleihekäufe per 1. April von 60 auf 80 Milliarden Euro erhöht und die Obergrenzen für Ankäufe einzelner Emissionen und einzelner Emittenten angehoben. Darüber hinaus will die EZB ab einem späteren Zeitpunkt auch Unternehmensanleihen erwerben.
EZB könnte Informationen zu Unternehmensanleihekäufen liefern Zu letzterem könnte die EZB am Donnerstag zusätzliche Informationen liefern. Im kürzlich veröffentlichten Protokoll der Beratungen vom 10. März hatte es geheißen, es müsse "robuste und klare" Kriterien für die Zulassung des Ankaufs dieser Papiere geben. Dabei müsse auch auf die Belange kleinerer Emittenten und Unternehmen und eine mögliche Fragmentierung des Anleihemarkts geachtet werden. Unternehmensanleihen haben seit März eine ziemliche Rally hingelegt.
Ziel der milliardenschweren Ankäufe ist es, Inflation und Inflationserwartungen anzuheben, die derzeit sehr niedrig sind. Die Verbraucherpreise stagnierten im März auf dem Niveau des Vorjahresmonats, mittelfristig soll die EZB aber für knapp 2 Prozent Inflation sorgen. Die Inflationserwartungen liegen ebenfalls deutlich unterhalb dieser Marke.
Aktuelle Inflationsprognose der Professional Forecasters Vor diesem Hintergrund sind die Inflationsprognosen der regelmäßig von der EZB befragten Professional Forecasters von Interesse. Sie liegen dem EZB-Rat zu seinen Beratungen vor, werden aber erst am Tag nach der Ratssitzung veröffentlicht. Zuletzt hatten die Experten im Januar für 2018 eine Inflationsprognose von 1,6 Prozent genannt, was auch der im März veröffentlichten Stabsprojektion entspricht. Die Frage ist, ob diese Prognose dem Ölpreis ebenso nach oben folgt, wie sie ihm zuvor nach unten gefolgt ist.
Aufmerksam wird die EZB die von ihr selbst angestellte Quartalsumfrage zur Kreditvergabe auswerten. Schließlich ist ihre Geldpolitik darauf gerichtet, den Banken Anreize zur Vergabe von Krediten an die Realwirtschaft zu geben. Diese Kredite sollen dem Wirtschaftswachstum aufhelfen und das wiederum die Inflation anheben. Dieser Bericht stellt dar, wie sich die Kreditstandards der Banken entwickelt haben und wie die Kreditnachfrage. Im Januar hatten die Institute ihre Standards gelockert und für das erste Quartal eine weitere Lockerung prognostiziert.
Analysten erwarten, dass EZB-Präsident Draghi dezente Hinweise auf die anhaltende Bereitschaft der EZB geben wird, ihre Geldpolitik falls erforderlich weiter zu lockern. Sein Bestreben dürfte es sein, den Euro nicht - wie im Ergebnis der vorigen Sitzung - weiter aufwerten zu lassen. Das Maßnahmepaket von März hatte er mit der Aussage begleitet, dass sich die EZB in diesem Fall weniger auf die Zinsen und mehr auf andere unkonventionelle Instrumente konzentrieren werde.
Erneut Fragen an Draghi zu Helikoptergeld zu erwarten Diese Aussage hatte an den Finanzmärkten einige Enttäuschung ausgelöst. Allerdings fand sich im sehr ausführlichen Sitzungsprotokoll kein Hinweis auf einen solchen Paradigmenwechsel, und EZB-Direktoren bemühten sich in den folgenden Wochen darum, klar zu stellen, dass das Zinsinstrument keineswegs ausgereizt sei.
Gleichwohl wird die Diskussion über eine besonders radikale Lockerungsmethode, das so genannte Helikoptergeld, immer vernehmlicher. Schon im März war Draghi gefragt worden, wie er zu dieser bedingungslosen Verteilung von Geld stehen würde. Seine Antwort: Prinzipiell ein interessantes Konzept, derzeit aber kein Thema. Andere EZB-Direktoren äußerten sich ähnlich.
Je wirkungsloser allerdings die bisher verwendeten geldpolitischen Instrumente erscheinen, umso hartnäckiger werden Spekulationen über Helikoptergeld. Jüngstes Beispiel ist eine ausführliche Studie der Deutschen Bank zu diesem Thema. Ihr Fazit: Helikoptergeld ist ein wirksames geldpolitisches Werkzeug, dessen Einsatz weniger kompliziert als weithin angenommen ist.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
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April 18, 2016 11:35 ET (15:35 GMT)
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