11.11.2016 17:20:45
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AUF EINEN BLICK/Die 5 Kernpunkte des Klimaschutzplans
Von Christian Grimm
BERLIN (Dow Jones)--Ein hart umkämpfter Kompromiss ist gefunden. Um eine internationale Blamage des Musterschülers Deutschland auf dem Weltklimagipfel abzuwenden, hat sich die Bundesregierung praktisch in letzter Minute auf den Klimaschutzplan 2050 geeinigt. Bis Montag sollen die Minister im Umlaufverfahren zustimmen. Dow Jones Newswires hatte Einblick in den finalen Entwurf, aus dem sich diese 5 Kernpunkte ergeben:
1. Die Braunkohle bekommt einen Aufschub SPD-Chef Sigmar Gabriel und die Energiegewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Industrie (IG BCE) haben sich durchgesetzt. Der Braunkohle soll nicht ab 2030 der Stecker gezogen werden, das Ende der Stromproduktion aus dem heimischen Rohstoff wird sich länger hinziehen. Dazu werden Regionalfonds für Lausitz und Rheinisches Revier gebildet, die den Strukturwandel bezahlen sollen. Eine Kommission hat die Aufgabe, konkrete Vorschläge für Ersatzarbeitsplätze und die künftige wirtschaftliche Entwicklung zu erstellen. "Zuerst müssen wir für die vom Rückgang der Kohleverstromung betroffenen Regionen realistische und greifbare Perspektiven schaffen, bevor wir konkrete Schritte zur Verringerung der Kohleverstromung einleiten", sagte Gabriel. Zuvor hatte es geheißen, dass Investitionen in Kraftwerke und Tagebaue unterbleiben müssten.
2. CO2-Sektorziele bleiben mit kleinen Erleichterungen für die Wirtschaft Eigentlich wollten Industrie, Landwirtschaft, Automobilbranche und Energiewirtschaft die sogenannten Sektorziele gestrichen sehen. Die Ziele stehen, doch die Wirtschaftspolitiker bei Union und SPD konnten für die Unternehmen noch etwas herausholen. Für die Energiewirtschaft bleibt es dabei, dass sie bis 2030 ihre jährlichen Emissionen im Vergleich zu heute auf 180 Millionen Tonnen noch einmal halbieren muss. Der Gebäudebereich (Heizung, Klimaanlagen etc.) muss 50 Millionen Tonnen einsparen und soll im Jahr 2030 nur noch 70 Millionen Tonnen Klimagas in die Luft blasen.
Die Industrie muss runter von derzeit 180 Millionen auf 140 Millionen Tonnen pro Jahr. Bei der Landwirtschaft bleibt es bei der angepeilten Reduktion von 70 auf rund 60 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Der Verkehrsbereich muss etwa 40 Prozent umweltfreundlicher werden und darf dann jährlich nur noch knapp 100 Millionen Tonnen emittieren.
Allerdings werden die Sektorziele unter einen Vorbehalt gestellt. Sie werden "einer umfassenden Folgenabschätzung unterzogen, dessen Ergebnis mit den Sozialpartnern diskutiert wird und 2018 eine Anpassung der Sektorziele ermöglicht", heißt es im Klimaschutzplan. Bedeutet: Wären zu viele Jobs bedroht, könnten die Vorgaben aufgeweicht werden.
3. Kein Aus für Verbrennungsmotoren im Jahr 2030 Die große Furcht des wichtigsten deutschen Industriezweigs war es, dass ab 2030 keine Neufahrzeuge mit Benzin- oder Dieselmotor mehr zugelassen werden sollen. Davon ist keine Rede mehr, im Gegenteil: "Bei der Umstellung auf alternative Antriebe bzw. Energieträger stellt der Verbrennungsmotor eine unverzichtbare Option dar, die wir offenhalten müssen", legt der Klimaschutzplan fest. Ein geringerer CO2-Ausstoß soll nach und nach durch mehr E-Autos, mehr Biokraftstoff, eine bessere Verkehrs- und Stadtplanung sowie die Stärkung der Schiene erreicht werden.
4. Stärkung des Emissionshandels Die Europäische Union will bis 2030 insgesamt 40 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als 1990. Um das Ziel zu erreichen, muss nach dem Willen der Bundesregierung der Europäische Handel mit Verschmutzungsrechten gestärkt werden. Bisher funktioniert dies aber nicht, weil zu viele Zertifikate verteilt wurden und der Preis daher im Keller ist. Deutschland will, dass es für die Unternehmen teurer wird, eine Tonne CO2 in die Atmosphäre zu schicken. "Daher ist die Stärkung der Preissignale des Emissionshandels ein wichtiges Anliegen", schreibt die Regierung in ihrer Klimastrategie. Daher sollen künftig nicht mehr nur Industrie und Energieerzeugung die CO2-Zertifiklate kaufen müssen, sondern diese auch für Landwirtschaft, Verkehr und Gebäude fällig werden.
Allerdings will die Bundesrepublik ihre Industrie nicht über Gebühr belasten, damit sie nicht abwandert. Zehn Prozent der effizientesten Anlagen sollen weiter 100 Prozent ihrer Zertifikate kostenlos zugeteilt bekommen. Ein Mehrbedarf durch Produktionswachstum soll ausgeglichen werden. Ein Mindestpreis für die CO2-Zertifikate wurde allerdings wieder gestrichen.
5. Kein Verbot von Gasheizungen Die Hersteller von Heizkesseln und die Gaslieferanten waren entsetzt, als ältere Entwürfe des Klimaschutzplans vorsahen, dass ab 2030 keine Gasheizungen mehr in Häuser eingebaut werden dürfen. Das Verbot wurde aber nach lautem Protest aus der Branche und von CDU/CSU fallen gelassen. "Parallel zur deutlichen Erhöhung der Energieeffizienz ist der Anteil erneuerbarer Energien im Bereich Gebäude im Jahr 2030 sukzessive auszuweiten", heißt es dazu im Klimaplan. Hocheffiziente Kessel könnten in der Übergangsphase ihren Beitrag zum Umweltschutz leisten.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
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November 11, 2016 10:48 ET (15:48 GMT)
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