28.03.2014 19:06:49

APA ots news: DER STANDARD-Kommentar: "Ratingträume" von Andreas Schnauder

Die Entwicklung des Staatshaushalts gefährdet Wachstum und

Wohlstand

(Ausgabe ET 29.03.2014)

Wien (APA-ots) - Österreich kommt trotz matter Konjunktur und horrender

Belastungen durch die Hypo-Auffanglösung finanzpolitisch wieder in

die Gänge. Diesen Eindruck könnte man zumindest gewinnen, wenn man

sich die letzten Ratinghandlungen und die darauffolgenden Reaktionen

vor Augen führt. Moody's bestätigte die Einschätzung für Kärnten,

Standard & Poor's die Bonitätsstufe für Österreich. Finanzminister

Michael Spindelegger und Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser fühlen

sich bestätigt. Wie schön für sie.

Dass der Frühling die Sinne betört, kommt ja nicht nur bei den

Bürgern vor. Aber der Ausstoß von Glückshormonen durch

Ratinganalysten und Regierende erscheint doch ein wenig hoch. Seit

Standard & Poor's Österreich Anfang 2012 aus der AAA-Liga verstoßen

hat, ist nicht gerade eine rasante Verbesserung der Situation

eingetreten. Schon bevor der Hypo-Rucksack geschultert wurde, zeigte

der Trend der Staatsschulden deutlich nach oben, mit der Last der

Kärntner Bank werden sie die Quote von 80 Prozent der

Wirtschaftsleistung deutlich übersteigen. Das Defizit wurde seither

nicht merklich gesenkt, obwohl in der Zwischenzeit zwei angeblich

umfangreiche bis rekordhohe Konsolidierungspakete geschnürt worden

sind.

Die Ratingagenturen kümmert das wenig. Sie blicken vorrangig auf die

Europäische Zentralbank, die mit ihrer Bereitschaft zum Anwerfen der

Notenpresse die Eurokrise deutlich kalmiert hat. Keine Frage: Die

niedrigen Zinsen helfen den Staaten kurzfristig, doch sie nähren

gleich einer Droge die gefährliche Illusion von fiskalischen

Spielräumen. Und die Ratingagenturen träumen mit. Zweiter Beweggrund

für verführerische Benotung ist das Konjunkturumfeld, das sich

langsam bessern sollte, wenn nicht von der Krim neue Schockwellen

ausgehen. Mit rotweißroter Eigenleistung hat das recht wenig zu tun.

Die Bürger interessiert ohnehin mehr, wann und wie sich das Land der

Schuldenberge wieder in tiefere fiskalische Regionen begeben wird.

Mit den bisher bevorzugten großmundigen Ankündigungen wird das nicht

gelingen. Mit dem ständigen Drehen an der Steuerschraube auch nicht.

Vielmehr läuft Österreich Gefahr, wegen der laufenden Belastungswelle

den Wachstumsvorsprung in Europa zu verlieren. Der Konsum war dank

hoher Abgaben und entsprechend dürftiger Reallohnentwicklung im

Vorjahr schon negativ. Der höchste Zuwachs bei den Arbeitskosten in

der Eurozone, der wiederum auf staatliche Zugriffe zurückzuführen

ist, bedroht die noch relativ gute Beschäftigungslage und damit den

Wohlstand.

Die Alarmzeichen werden geflissentlich übersehen: Bei den

Staatsausgaben beispielsweise setzt das Land gerade zum

Überholmanöver an, um Schweden hinter sich zu lassen. Doch während

der hohe Staatsanteil in Skandinavien durch umfassende

Zukunftsinvestitionen begründet werden kann, fließen österreichische

Einnahmen in kaputte Banken, überholten Föderalismus, Pensionslöcher

und dunkle Subventionskanäle. Mit einer Quote von 51,8 Prozent der

Wirtschaftsleistung verteilt Österreich um sieben Prozentpunkte mehr

als Deutschland. In absoluten Zahlen: gut 21 Milliarden Euro - und

das jährlich.

Das sind die Sparpotenziale, die es zu heben gilt, um die Belastung

wieder auf ein erträgliches Maß zu senken. Dazu bedarf es energischer

Staatsreformen und keiner Entfesselungskünste oder Glückshormone.

Rückfragehinweis:

Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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OTS0238 2014-03-28/19:00

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