27.05.2016 10:14:39
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APA ots news: Budgetpfad Österreichs vor dem Hintergrund der EU-Fiskalregeln
Wien (APA-ots) - Fiskalregeln wurden 2015 eingehalten
Der Rückgang des gesamtstaatlichen Defizits (1) im Jahr 2015 auf 1,2%
des BIP (2014: 2,7% des BIP) fiel höher aus, als angesichts der
massiven Flüchtlingszuwanderung und steigender Arbeitslosigkeit
erwartet wurde. Damit wurde sogar ein strukturell ausgeglichener
Haushalt erreicht. Diese Entwicklung resultiert aus der günstigeren
Wirtschaftsentwicklung und der konsequenten Umsetzung des moderaten
Konsolidierungspfads auch im Jahr 2015, der durch defizitsenkende
Sondereffekte unterstützt wurde. So dämpften der Wegfall der
außerordentlichen Ausgaben im Zusammenhang mit der HETA-Gründung 2014
in Höhe von 4,7 Mrd EUR und unerwartet hohe Vorzieheffekte auf der
Einnahmenseite (etwa 1 Mrd EUR) angesichts der Steuerreform 2015/2016
das Budgetdefizit 2015.
Fiskalrat sieht Zielerreichung für 2016/2017 gefährdet
Für die Jahre 2016 und 2017 besteht dennoch die Möglichkeit, dass die
Einhaltung der EU-weiten Fiskalregeln "erheblich" verfehlt und der
Frühwarnmechanismus gemäß präventivem Arm des SWP ("Significant
Deviation Procedure") im Frühjahr 2017 ausgelöst wird. Der
geschaffene budgetäre Spielraum aus der Unterschreitung des
mittelfristigen Budgetziels (MTO) im Jahr 2015, der eine strukturelle
Verschlechterung von etwa 0,5% des BIP für das Jahr 2016 erlaubt,
wird nach der aktuellen Frühjahrsprognose des Fiskalrates nicht
ausreichen, um die strukturelle Budgetregel einzuhalten. Der aktuelle
Budgetpfad der Bundesregierung (April 2016) sieht eine Vielzahl von
defiziterhöhenden Maßnahmen vor, die in Summe eine Unterbrechung des
regelkonformen Budgetkurses der Bundesregierung in den Jahren 2016
und 2017 bewirken dürften. Auch der Umstand, dass temporäre
Mehrausgaben aufgrund der Flüchtlingsmigration bei der Evaluierung
des Budgetpfads Österreichs durch die EK als außergewöhnliche
Belastung angerechnet werden, ändert nichts an dem Ergebnis. Die
EK-Berechnungsmethode der Herausrechnung der außergewöhnlichen
Belastungen durch die Flüchtlingszuwanderung wird vom Fiskalrat
kritisch gesehen (zeitliche und sachliche Abgrenzung der Kosten,
Zusatzkosten im Vorjahresvergleich und gegenüber dem Basisjahr 2014).
Nach der aktuellen Frühjahrsprognose des Fiskalrates steigt die
Maastricht-Defizitquote im Jahr 2016 deutlich an (+0,8 Prozentpunkte
auf 2,0% des BIP) und dürfte 2017 beinahe auf diesem Niveau verweilen
(2017: 1,9% des BIP). Jene Fiskalregeln, die ein übermäßiges
Defizitverfahren auslösen können (Maastricht-Defizitregel von maximal
3% des BIP; Rückführung der Schuldenquote), wird Österreich erfüllen.
Im Gegensatz zum aktuellen Stabilitätsprogramm der Bundesregierung
vom April 2016 besteht gemäß gegenwärtiger Budgetprognose des
Fiskalrates jedoch das Risiko einer "erheblichen" Verfehlung der
strukturellen Budgetregel im Sinne der EU-Regeln in den Jahren 2016
und 2017 (strukturelles Budgetdefizit 2016 und 2017: 1,5% bzw. 1,6%
des BIP). Die Überschreitung der "Erheblichkeitsgrenze" bleibt nach
derzeitigen Berechnungen auch unter Herausrechnung von temporären
Zusatzkosten für die Flüchtlingszuwanderung bestehen. Im Jahr 2016
beträgt - nach der FISK-Frühjahrsprognose 2016 - die Abweichung 0,7%
des BIP, um die strukturelle Fiskalregel (bei Herausrechnung der
Flüchtlingszusatzkosten) zur Gänze zu erfüllen, und 0,2% des BIP, um
die "Erheblichkeitsgrenze" zu unterschreiten. Es bestehen allerdings
Prognoseunsicherheiten. So liegen gegenwärtig noch keine
ausreichenden Informationen über die unterjährige Budgetgebarung 2016
vor.
Schlussfolgerungen und Empfehlungen des Fiskalrates
Um die fiskalischen Vorgaben in Zukunft einhalten zu können, muss aus
Sicht des Fiskalrates der Weg eines wachstumsschonenden
Konsolidierungskurses in Kombination mit Offensivmaßnahmen wieder
konsequent fortgesetzt werden, wobei Strukturreformen an Bedeutung
gewinnen müssen. Die jüngste Flexibilisierung der EU-Fiskalregeln
erleichtert es, wachstumsfördernde staatliche Impulse (Europäischer
Fonds für Strategische Investitionen, Investitions- und
Strukturreformklausel) zu setzen. So könnte Österreich einen
Strukturreformplan z. B. im Bildungsbereich, für weitere öffentliche
Infrastrukturinvestitionen oder zur Entlastung des Faktors Arbeit mit
anfänglichen budgetären Zusatzmitteln starten, sofern ein
nachhaltiger Anstieg des Potenzialwachstums zu erwarten ist
(Regel-Abweichungen bis zu drei Jahre möglich). Der Fiskalrat
empfiehlt, dass die Bundesregierung die Anrechnung von geplanten
Strukturreformen gemäß der Flexibilisierungsbestimmungen des SWP
überprüft.
Es ist hervorzuheben, dass Bestrebungen zur möglichst raschen
Integration der Asylberechtigten (z. B. durch Schulungen,
Erleichterungen des Arbeitsmarktzugangs, verstärkte Anreize zur
Integration, österreichweite einheitliche Standards bei der
Mindestsicherung und Integrationsoffensiven) die diesbezüglichen
Gesamtkosten des Staates senken könnten und ein solches
Maßnahmenpaket rasch umgesetzt werden sollte.
Zudem erscheint der Fokus auf Effizienzsteigerung insbesondere in den
gebietskörperschaftsübergreifenden Bereichen wie Bildung, Gesundheit,
Pflege, öffentlicher Nahverkehr - neben dem Ziel der Bundesregierung
zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Entflechtung der
öffentlichen Aufgaben - unerlässlich.
Auch wenn die Treffsicherheit von Fiskalprognosen im Regelfall durch
veränderte ökonomische Rahmenbedingungen, Datenrevisionen sowie durch
neue, bei der Prognoseerstellung noch unbekannte Maßnahmen der
Gebietskörperschaften eingeschränkt wird, zählt es zu den
Kernaufgaben des Fiskalrates, auf mögliche budgetäre
Fehlentwicklungen hinzuweisen.
(1)Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungsträger laut
Europäischem System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (ESVG
2010).
Rückfragehinweis:
Fiskalrat
Prof. Dr. Bernhard Felderer
Präsident des Fiskalrates
+43-1-404 20-7472
fiskalrat@fiskalrat.at
www.fiskalrat.at
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/16539/aom
*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***
OTS0030 2016-05-27/10:09

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