Auftragsrekord 2023 |
12.01.2024 17:57:00
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Airbus-Aktie erreicht neuen Rekordstand: Airbus lässt Rivalen Boeing bei Lieferungszahlen 2023 deutlich hinter sich
Seit dem Jahreswechsel hat sie rund fünf Prozent gewonnen. Beim Börsenwert rückt Airbus damit nahe an Boeing heran: Insgesamt wird der europäische Konzern nun mit mehr als 116 Milliarden Euro bewertet. Der Konkurrent aus den USA kam umgerechnet auf 123 Milliarden Euro. Die Boeing-Aktie hat infolge des Beinahe-Unglücks des Verkaufsschlagers 737 Max seit dem Jahreswechsel fast 15 Prozent eingebüßt.
Bis Airbus wieder so viele Maschinen baut wie vor der Corona-Pandemie, wird es trotz immer dickerer Auftragsbücher aber noch dauern. Faury zeigte sich zwar zuversichtlich, 2024 mehr Flugzeuge auszuliefern als im vergangenen Jahr. Der Rekordwert von 863 Maschinen aus dem Jahr 2019 werde aber noch nicht wieder erreicht, stellte der Manager klar. Ein konkretes Ziel will er bei der Vorstellung der Jahresbilanz am 15. Februar nennen.
Im abgelaufenen Jahr übertraf Airbus sein Ziel von 720 Flugzeug-Auslieferungen um 15 Maschinen und ließ damit auch Boeing mit dessen 528 Auslieferungen klar hinter sich. Noch 2022 hatte Airbus seine Pläne wegen knapper Bauteile wie Triebwerken und Sitzen zweimal kappen müssen und letztlich nur 661 neue Jets an Kunden übergeben.
Die Verwerfungen aus der Corona-Krise sind für die Hersteller immer noch nicht ausgestanden. Zwar sind die Passagiere inzwischen ebenso zurück wie die Nachfrage nach modernen und weniger spritdurstigen Flugzeugen. Doch Engpässe bei Zulieferern machen den Herstellern zu schaffen. Laut Faury hat sich die Lage in den Lieferketten inzwischen immerhin verbessert.
Der neue Leiter der Airbus-Verkehrsflugzeugsparte, Christian Scherer, geht zudem davon aus, dass der Triebwerksbauer Pratt & Whitney genügend neue Antriebe liefern kann. Die Tochtergesellschaft des US-Konzerns RTX (Raytheon Technologies) muss wegen eines Materialmangels Teile an rund 3000 bereits ausgelieferten Triebwerken austauschen. Auch Pratt & Whitneys deutscher Partner MTU MTU Aero Engines aus München ist davon betroffen.
An Aufträgen für neue Flugzeuge mangelt es Airbus nicht - ganz im Gegenteil. "Ursprünglich gingen wir davon aus, dass sich der Luftverkehr irgendwann zwischen 2023 und 2025 erholen würde", sagte Scherer. Doch neben dem Bedarf an Mittelstreckenjets sei auch die Nachfrage nach Langstrecken-Flugzeugen viel früher und stärker zurückgekehrt als erwartet.
Im vergangenen Jahr sammelte Airbus Bestellungen über 2319 neue Passagier- und Frachtjets ein. Nach Abzug von Stornierungen waren es 2094 Stück, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. So viele Aufträge hatten weder Airbus noch Boeing je zuvor in einem Jahr verbucht.
Airbus' Auftragsbestand wuchs dadurch binnen Jahresfrist von 7239 auf 8598 Passagier- und Frachtjets. Der Anstieg entspricht fast der doppelten Jahresproduktion. Konkurrent Boeing holte netto 1314 Neubestellungen herein und hatte zum Jahreswechsel noch offene Aufträge über 6216 Maschinen im Bestand.
Vor allem die Airbus-Flugzeuge aus der A320neo-Familie sind so stark gefragt, dass die Produktion laut Scherer bis Ende des Jahrzehnts ausgebucht ist. Im vergangenen Jahr entfielen fast 80 Prozent der ausgelieferten und bestellten Maschinen auf diese Modellreihe. Außerdem lieferte Airbus 96 Großraumjets aus, darunter 64 A350 und 32 A330neo, sowie 68 Exemplare des kleinsten Modells A220.
Um die Nachfrage zu stillen, will das Management die Produktion der A320neo-Familie bis zum Jahr 2026 von zuletzt etwa 50 auf dann 75 Maschinen pro Monat ausbauen. Das sind rund anderthalb Mal so viele, wie Boeing für sein Konkurrenzmodell 737 Max anpeilt. Um das zu schaffen, errichten die Europäer in den USA und China je eine neue Endfertigungslinie. Eine zusätzliche Linie in Toulouse ist bereits in Betrieb.
Der Löwenanteil der Bestellungen entfällt inzwischen auf die Langversion A321neo, die künftig an allen Standorten gebaut werden soll. Eine Variante des Jets ist die A321XLR (Extra Long Range): Diesen kleinsten Langstreckenjet der Welt will Airbus im zweiten Quartal 2024 erstmals ausliefern, wie Scherer bekräftigte.
Schon 2019 hatte Airbus Boeing als größten Flugzeugbauer der Welt abgelöst. Da war der US-Konzern nach dem Absturz zweier Mittelstreckenjets aus der 737-Max-Reihe gerade in die schwerste Krise seiner Geschichte geraten. Zunächst durfte der Flugzeugtyp mehr als anderthalb Jahre lang weltweit nicht mehr starten. Später warfen Produktionsfehler und andere Mängel bei diesem Modell und anderen Flugzeugtypen den Hersteller immer wieder zurück.
So dürfen seit vergangenem Wochenende mehr als 170 Mittelstreckenjets vom Typ Boeing 737 Max 9 weltweit nicht abheben, nachdem bei einem Flug von Alaska Air Group ein Rumpfteil im Flug herausgesprungen war. Die Passagiere waren dabei nur knapp einem Unglück entgangen.
So reagieren die Aktionäre und Analysten
Die Auslieferungszahlen von Airbus für das Jahr 2023 haben am Freitag die Aktien des europäischen Flugzeugherstellers einmal mehr in die Höhe getrieben. Am Vormittag erreichten sie mit 147,70 Euro ein weiteres Rekordhoch.
Letztlich legte sie via XETRA um 3,63 Prozent auf 149,12 Euro zu und gehörte zu den stärksten Titeln im DAX .
Die seit Ende Oktober laufende Kursrally, die nur von Mitte Dezember bis Anfang Januar eine Pause eingelegt hatte, bescherte den Anlegern für diesen Zeitraum einen Gewinn von rund 23 Prozent.
Bei Konkurrent Boeing verlief die Rally zunächst sogar noch besser, der Kurs hatte von Ende Oktober bis kurz vor Weihnachten um mehr als die Hälfte zugelegt. Inzwischen haben Boeing aber schon rund 50 Prozent der Gewinne aus der Rally wieder abgegeben, aus charttechnischer Sicht sind die Papiere damit klar angeschlagen.
Die Kursentwicklung der beiden Flugzeughersteller hat Gründe. Während die Anleger sich bei Airbus über positive Nachrichten freuen dürfen, stehen bei Boeing negative Schlagzeilen im Fokus.
Airbus lieferte im vergangenen Jahr trotz angespannter Lieferketten 735 Verkehrsflugzeuge aus und damit über 200 mehr als der kriselnde US-Konkurrent. Airbus übertraf damit auch das eigene Ziel von 720 Auslieferungen. Zugleich bestellten Kunden mehr als 2000 neue Airbus-Jets - ein Branchenrekord. Gerade das Übertreffen der eigenen Auslieferungsprognose sollte positiv wirken auf den Aktienkurs, hatte ein Händler bereits vor dem Börsenstart am Freitag gesagt.
Boeing indes belastet ein Zwischenfall mit einer Maschine des Typs 737-9 Max. Bei dem Jet war während eines Fluges ein Rumpfteil herausgebrochen. Daraufhin ordnete die US-Luftfahrtbehörde FAA am Wochenende an, Flugzeuge dieses Typs am Boden zu lassen. Die FAA leitete Ermittlungen ein, die weit über das Problem mit dem konkreten Bauteil hinausgehen könnten.
Die Aktienkurse der beiden Flugzeugbauer spiegeln also die Nachrichten wider - und sie entkoppeln sich zunehmend voneinander. So lassen die Papiere von Airbus jene von Boeing seit Jahresbeginn weit hinter sich. Im noch jungen Börsenjahr 2024 haben Airbus-Anleger ein Plus von 5,3 Prozent auf dem Konto, bei Boeing beläuft sich das Minus auf 14,6 Prozent.
Airbus hat Boeing aber nicht nur in diesem Jahr am Aktienmarkt deutlich abgehängt. Inzwischen haben sich auch beide Konzerne beim Börsenwert angenähert. Hier hat Boeing mit umgerechnet rund 123 Milliarden Euro noch die Nase vorne. Airbus kommt auf gut 116 Milliarden Euro. Viel fehlt Airbus also nicht mehr, um hier zu Boeing aufzuschließen.
Angesichts einer mittlerweile hohen Bewertung der Airbus-Aktie rät Berenberg-Analyst Philip Buller allerdings zu deren Verkauf und bevorzugt im Sektor die Papiere von MTU Aero Engines, SAFRAN und Montana, solange sich die Lieferketten-Situation nicht wesentlich verbessere.
/stw/tih/he
FRANKFURT / NEW YORK / TOULOUSE (dpa-AFX)
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