09.12.2013 18:29:58
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Aachener Zeitung: Kommentar Fingerzeig, nicht mehr Lassen Sie uns die Koalition an ihren Taten messen Amien Idries
Aachen (ots) - Was haben die Laufzeitverlängerung für
Atomkraftwerke, Steuerentlastungen von 24 Milliarden Euro und die
Verkürzung des Wehrdienstes auf sechs Monate gemeinsam? Sie alle
standen schwarz auf weiß im Koalitionsvertrag, der am 26. Oktober
2009 von Angela Merkel, Horst Seehofer und Guido Westerwelle
unterschrieben wurde, haben aber alle nie oder nur kurzfristig das
Licht der Welt erblickt. Ob man das nun gut oder schlecht findet, tut
hier nichts zur Sache. Es dient lediglich als Hinweis darauf, dass
der viel diskutierte schwarz-rote Koalitionsvertrag nicht 1:1
umgesetzt wird. Das hat nichts damit zu tun, dass CDU, CSU und SPD
besonderen Spaß am Vertragsbruch haben, sondern liegt in der Natur
von solchen Vereinbarungen. Kompromissbereitschaft steigt Sie tragen
zwar den Namen Vertrag, sind aber nichts weiter als
Absichtserklärungen. In der Dynamik der Regierungsfindung dienen sie
Parteien, die sich bis zum Wahltermin politisch bekämpft haben, dazu,
sich langsam einander anzunähern. Das ist im Fall von Union und SPD
besonders diffizil, weil es drei zentrale Wahlversprechen gab (CDU:
keine Steuererhöhungen, SPD: Mindestlohn, CSU: Pkw-Maut), die alle
gesichtswahrend eingebaut werden mussten. Die Vertrags-Botschaft geht
weniger an den politischen Gegner oder das gesamte Wahlvolk, als
vielmehr an die eigene Basis: "Seht her, wir haben zentrale Themen
durchgesetzt. Klar, die eine oder andere Kröte mussten wir schlucken,
aber insgesamt ist das ein verdammt
sozialdemokratisches/christdemokratisches/christsoziales
(Nichtzutreffendes bitte streichen) Programm." "Die Wahlgeschenke
sind doch ohne Steuererhöhungen nicht zu finanzieren", mag nun der
eine denken. "Der flächendeckende Mindestlohn vernichtet
Arbeitsplätze", der andere. Die Maut finden sowieso fast alle
außerhalb Bayerns "bekloppt". Wie also soll es weitergehen?
Erfahrungsgemäß steigt die Kompromissbereitschaft mit der zeitlichen
Ferne zum Wahltag. Ganz einfach, weil die Gefahr, als Umfaller
beschimpft zu werden, von Tag zu Tag sinkt. Die wenigsten Vorhaben
der großen Koalition sind also in Stein gemeißelt. Vor allem, weil
man gewisse Dinge selbst beim besten Vertrag nicht berücksichtigen
kann: neue Entwicklungen, unvorhersehbare Ereignisse. Das größte
Vorhaben der letzten Jahre im Innenressort beispielsweise - die
Reform der Sicherheitsbehörden - wurde durch die Aufdeckung der
NSU-Morde ausgelöst, die beim Vertragsschluss 2009 kein Koalitionär
auf der Rechnung gehabt haben dürfte. Auch zum NSA-Skandal, dem
Arabischen Frühling oder den Protesten in der Ukraine findet man im
schwarz-gelben Vertrag keinen Satz. Auch in Zukunft wird es
Entwicklungen geben, die man sich derzeit noch nicht vorstellen kann,
auf die die Koalition aber reagieren muss. Machen wir also den
Koalitionsvertrag nicht größer als er ist. Er ist ein Fingerzeig,
sicherlich; aber bislang haben die Großkoalitionäre noch kein
einziges Gesetz verabschiedet. Lassen Sie uns die Koalition nicht nur
an ihren Absichten messen, sondern vor allem an ihren Taten. Damit
dürften wir genug zu tun haben. a.idries@zeitungsverlag-aachen.de
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