03.01.2014 17:14:59
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Aachener Nachrichten: Fehlende Augenhöhe - Warum Kerrys Nahost-Friedensplan scheiteren wird; Von Joachim Zinsen
Aachen (ots) - Sisyphos ist es zumindest gelungen, einen Felsen
den Berg hinauf zu wälzen, bevor der dann wieder zu Tal stürzte.
John Kerry wird selbst das nicht schaffen. Der US-Außenminister mag
sich noch so sehr mühen: Sein Rahmenplan für einen dauerhaften
Frieden im Nahen Osten dürfte von vorneherein zum Scheitern
verurteilt sein. Er krankt nämlich daran, dass er das
Kräfteverhältnis zwischen Israelis und Palästinensern außer Acht
lässt. Wollen sich zwei Seiten aussöhnen, müssen sie auf Augenhöhe
miteinander verhandeln. Nur dann sind Kompromisse möglich, mit denen
beide Parteien leben können. Im Nahen Osten ist dies nicht der Fall.
Hier steht ein israelischer Goliath einem palästinensischen David
gegenüber. Der eine sitzt an den Schalthebeln seiner militärischen
Macht, der andere ist ein nahezu hilfloser Bittsteller. Entsprechend
robust, selbstbewusst, ja selbstherrlich tritt Jerusalem auf. Die
israelische Regierung mag noch so oft beteuern, sie sei an einer
Zwei-Staaten-Lösung interessiert. Ihr Handeln widerspricht dem. In
unschöner Regelmäßigkeiten schafft sie neue Fakten, die die
Palästinenser als pure Provokationen empfinden müssen. Die Liste
dieser Provokationen ist lang: Nach wie vor bauen die Israelis ihre
Siedlungen in den okkupierten Gebieten aus, obwohl das vom
Völkerrecht verboten ist. Nach wie vor zerstören sie dort angeblich
illegal errichtete Häuser von Palästinensern. Nach wie vor ist der
Alltag für die meisten arabischen Bewohner der Westbank ein ständiger
Kampf gegen Schikanen der Besatzer. Gleichzeitig beharren die
Israelis auf Forderungen, die für die Gegenseite unzumutbar sind.
Zwar haben die Palästinenser 1993 im Rahmen der Oslo-Verträge das
Existenzrecht Israels anerkannt. Doch jetzt wird von ihnen verlangt,
Israel als explizit jüdischen Staat zu akzeptieren. Dass
Palästinenserführer Mahmud Abbas dies ablehnt, ist nachvollziehbar.
Denn damit würden rund 20 Prozent der israelischen Bevölkerung - die
palästinensische Minderheit - offiziell zu Bürgern zweiter Klasse.
Wer aus Abbas' Weigerung generell einen fehlenden Kompromisswillen
ableitet, verkennt allerdings, dass die Palästinenser in anderen
Punkten sehr wohl zu Zugeständnissen bereit sind. So haben sie
bereits signalisiert, einem fairen Gebietsaustausch zuzustimmen, der
es den Israelis ermöglichen soll, Teile ihrer grenznahen Siedlungen
in der Westbank zu behalten. Auch werden die Palästinenser letztlich
auf ihre Forderung nach einem Rückkehrrecht für alle seit 1948 aus
dem heutigen israelischen Kernland vertriebenen Araber verzichten,
wenn es stattdessen Entschädigungszahlungen gibt. Selbst in der
Jerusalem-Frage haben sie die Bereitschaft erkennen lassen, nicht
mehr darauf zu bestehen, dass alle 1967 verlorenen Stadtteile zu
einem künftigen palästinensischen Hoheitsgebiet gehören müssen. Wer
noch mehr von den Palästinensern verlangt, fordert von ihnen die
totale Selbstaufgabe. Dass sich auf israelischer Seite trotzdem so
wenig bewegt, hat einen simplen Grund: Starke Kräfte der derzeitigen
Regierung betrachten die Westbank als Teil von Erez Israel, als das
in der Bibel versprochene Judäa und Samaria. Sie setzen auf eine
schleichende Annexion der Gebiete. Friedensgespräche scheinen für sie
nur ein lästiges Übel zu sein. Vor allem auf diese Kräfte, zu denen
viele Beobachter auch Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zählen,
müssen Kerry und mit ihm der Westen deutlich stärkeren Druck ausüben
als bisher. Geschieht das nicht, bleibt jeder Friedensplan Illusion.
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