19.01.2015 19:27:59
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Aachener Nachrichten: Ein Protest-Brummen; Jauch, "Pegida" und die Aufmerksamkeitsspirale; Kommentar von Joachim Zinsen
Aachen (ots) - Natürlich hat Günther Jauch das Recht, sich seine
Gäste auszusuchen. Selbstverständlich steht es ihm frei, wen auch
immer in seine Talkshow einzuladen. Dass er am Sonntagabend der
"Pegida"-Mitorganisatorin Kathrin Oertel vor einem Millionenpublikum
die Chance gab, für ihre obskure Bewegung zu werben, mag manchen
ärgern. Aber solche Auftritte gehören nun mal zu einer
Fernseh-Demokratie. Schön wäre es allerdings, wenn am Ende einer
derartigen Veranstaltung die Öffentlichkeit ein klein wenig schlauer
wäre. Das war am Sonntag nur sehr bedingt der Fall. Naja, zumindest
wissen wir jetzt: Wogegen die "Pegidisten" genau demonstrieren,
scheint ihnen selbst nicht so richtig klar zu sein. Die Einlassungen
von Oertel erschöpften sich jedenfalls meist in platten
Unzufriedenheits-Parolen, in einem vagen Protest-Brummen. Irgendwie
ist da was mit abgehobenen Politikern, irgendwie ist da ein
allgemeiner Unmut, irgendwie ist da eine große Verunsicherung. Das
mag alles eine gewisse Berechtigung haben. Aber warum die Anhänger
von "Pegida" glauben, ihren Frust bekämpfen zu können, indem sie sich
in Ressentiments gegen Flüchtlinge baden, diese zu Sündenböcken
abstempeln, gar von einer Islamisierung des Abendlandes
schwadronieren, blieb unklar. An diesem Punkt Nachfragen zu stellen,
wäre Aufgabe eines guten Moderators gewesen. Jauch machte es nicht.
Gibt es eine zweite, nicht gerade neuen Erkenntnis des
Fernseh-Abends, dann lautet sie: Jauch mag zwar ein netter Kerl und
ein charmanter Gastgeber sein. Aber in der Rolle des politischen
Journalisten ist er oft überfordert. Deshalb nähert sich das Niveau
seiner Talkshow schnell dem eines politischen Dschungelcamps. Noch
eine dritte Erkenntnis lässt sich aus dem Fernseh-Abend gewinnen.
Nämlich: Das Thema "Pegida" ist mittlerweile reichlich
überstrapaziert. Lasst die Leute doch einfach demonstrieren, bis die
Sohlen glühen. Das ist ihr demokratisches Recht. Sich darüber zu
freuen, dass der Protestzug in Dresden gestern wegen Drohungen
ausfallen musste, verbietet sich. Aber gleichzeitig sollten wir
aufhören, auf die Bewegung zu starren wie das Kaninchen auf die
Schlange. Wir sollten aufhören, das Phänomen medial immer weiter
aufzupumpen. Wie sehr wir inzwischen in einer auf "Pegida" (und
Terror) fixierten Aufmerksamkeits- und Erregungsspirale stecken,
zeigt ein Beispiel vom vergangenen Wochenende. Am Samstag gingen in
Berlin 50 000 Gegner des geplanten Freihandelsabkommens TTIP und der
deutschen Agrarpolitik auf die Straße. Die Demonstration war größer
als jede bisherige "Pegida"-Veranstaltung. Medial aber ging sie
vielfach unter.
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Pressekontakt: Aachener Nachrichten Redaktion Aachener Nachrichten Telefon: 0241 5101-388 an-blattmacher@zeitungsverlag-aachen.de
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