04.12.2019 20:26:40
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Börsen-Zeitung: Wegweisend klare Worte, Kommentar zum Cum-ex-Prozess
in Bonn von Antje Kullrich
Frankfurt (ots) - Cum-ex-Geschäfte lassen sich mit unserer Rechtsordnung nicht
vereinbaren und sind strafbar. Die erste Einschätzung des Landgerichts Bonn nach
22 Verhandlungstagen im ersten großen Cum-ex-Strafprozess hätte deutlicher nicht
ausfallen können.
Die rechtliche Bewertung der Kammer unter Vorsitz des souverän leitenden
Richters Roland Zickler kommt nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht
überraschend. Staatsanwaltschaft, die beiden angeklagten Ex-HVB-Händler, Zeugen
- allen voran der Anwalt S. als Kronzeuge - haben in den vergangenen Wochen ein
detailliertes Bild der Cum-ex-Geschäfte und ihrer Mechanismen gezeichnet. Es
wurde klar, dass die Aktiengeschäfte rund um den Dividendenstichtag minuziös
orchestriert wurden, Leerverkäufer immer involviert waren und verbotene
Absprachen über zwischengeschaltete Broker getroffen wurden.
Auch wenn das Urteil noch nicht gesprochen ist: Die zahlreichen Beschuldigten in
den vielen Ermittlungsverfahren in Sachen Cum-ex dürften jetzt noch eine Spur
nervöser werden. Für die involvierten Finanzinstitute jedoch ist es Zeit, ihre
Strategie zu überdenken. Die an Cum-ex-Geschäften beteiligten zahlreichen
Finanzinstitute aufzufordern, ihre aus den Transaktionen gezogenen Gewinnanteile
ohne Umschweife zurückzuzahlen, um Vertrauen wiederherzustellen, ist ein
cleverer taktischer Schachzug des Richters.
Tatsächlich bliebe der Justiz, die mit weiteren Strafprozessen im größten
Steuerskandal der deutschen Geschichte wohl noch genug zu tun haben dürfte, eine
Menge Arbeit erspart. Die zivilrechtlichen Auseinandersetzungen zwischen den
Banken, wenn nur bei einem Glied in der Kette zunächst 100 Prozent der Profite
abgeschöpft würden, würden Jahre dauern, Gerichtskapazitäten binden und
Anwaltskosten in astronomischer Höhe generieren. Und die Chance, ohne
Rückzahlungen davonzukommen, ist mit den Signalen aus Bonn weiter gesunken.
Doch realistisch ist der Appell der Bonner Richter nicht unbedingt. Cum-ex
dürfte höhere Instanzen bemühen, und bei der Frage der Verjährung bewegen sich
auch die Bonner Richter auf dünnerem Eis als bei der Bewertung der Strafbarkeit.
Und ob die diversen reichen Privatinvestoren, die über Fonds von Cum-ex
profitierten, sich auch ohne endgültiges Gerichtsurteil von der Rückerstattung
ihres Griffs in die Steuerkasse überzeugen lassen, bleibt abzuwarten. Sie
dürften dem Reputationsrisiko weniger Brisanz zumessen als die Banken, für die
es auch um künftige Kunden geht.
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