Rezessionswarnung |
03.10.2022 22:12:00
|
"Lange und hässliche" Rezession erwartet: So tief sieht "Dr. Doom" Nouriel Roubini den Aktienmarkt noch einbrechen
• Weitere Zinserhöhungen wahrscheinlich
• Hohe Risiken für Aktienmarkt
"Dr. Doom" warnt vor schwerer Rezession
Der Wirtschaftswissenschaftler Nouriel Roubini ist am Markt bekannt für seine pessimistischen Vorhersagen. So prognostizierte der Professor der New York University etwa die Weltfinanzkrise 2008 korrekt - und das bereits vier Jahre bevor die Immobilienblase tatsächlich platzte. Dies brachte ihm den Spitznamen "Dr. Doom" ein. Im Februar 2020 teilte er außerdem seine Erwartung, dass die Märkte durch die sprunghafte Verbreitung des Coronavirus um 30 bis 40 Prozent einbrechen werden und der damalige US-Präsident Donald Trump die Wiederwahl im November desselben Jahres verlieren werde, was sich ebenfalls als richtig herausstellte. Und auch aktuell sieht Roubini der Zukunft mit Sorge entgegen. Wie er kürzlich gegenüber der Nachrichtenagentur "Bloomberg" preisgab, dürften die USA seiner Einschätzung nach mit einer Rezession zu kämpfen haben. Doch damit nicht genug: Die Wirtschaftsflaute soll dem Marktkenner zufolge besonders unangenehm ausfallen.
"Keine kurze und flache Rezession"
Ähnlich wie in den 1970er Jahren wird es auch im aktuellen Szenario zu einer Stagflation kommen, so Roubini, die eine deutliche Verschuldung mit sich bringen werde. "Es wird keine kurze und flache Rezession sein, sondern eine schwere, lange und hässliche", warnte der Experte im Interview. So dürfte der Rückgang der Wirtschaftstätigkeit das ganze Jahr 2023 über andauern, wobei dies auch mit der Schwere des Angebotsschocks sowie der finanziellen Lage im Land zusammenhänge.
Weitere Leitzinserhöhungen erwartet
Dass die US-Notenbank Fed ihr angepeiltes Inflationsziel von zwei Prozent ohne eine sogenannte "harte Landung" erreicht, hält Roubini mittlerweile für ausgeschlossen. Die jüngste Zinserhöhung der Währungshüter um 0,75 Prozentpunkte sagte der Wirtschaftsprofessor im Vorfeld voraus, im November und Dezember dürften Jerome Powell & Co. das Zinsniveau dann jeweils um weitere 0,5 Prozentpunkte aufstocken. Damit läge der Leitzins in den USA zum Jahresende bei 4 bis 4,25 Prozent. Ein Ende der Zinserhöhungen ist Roubini zufolge damit aber noch nicht in Sicht: Auch im kommenden Jahr dürfte die Fed an der Stellschraube drehen und den Leitzins in Richtung fünf Prozent erhöhen, da hohe Inflationsraten, besonders in den Bereichen Löhne und Dienstleistungen, der Notenbank "wahrscheinlich keine andere Wahl" lassen.
Höhere Kosten und geringeres Wirtschaftswachstum
Mit dem anhaltenden Krieg in der Ukraine und Chinas Zero-COVID-Politik dürften auch die USA weiterhin unter höheren Kosten leiden, die wiederum das Wirtschaftswachstum drosseln. Damit dürfte auch das Ziel der Fed, die Inflation mit einer "Wachstumsrezession" zu bekämpfen, die sich durch einen längeren Zeitraum schwachen Wachstums und höherer Arbeitslosigkeit auszeichnet, weiter in die Ferne rücken, schätzt Roubini die Lage ein.
Hat sich die Rezession aber erst in der Welt ausgebreitet, dürften auch fiskalische Stimuli vorerst der Vergangenheit angehören, so der Wirtschaftsexperte. Zu hoch seien dann die Schulden der Regierungen, denen damit "die fiskalischen Kugeln ausgehen". "Wenn man fiskalische Anreize setzt, überhitzt man die Gesamtnachfrage", hielt er außerdem fest.
S&P 500 könnte um 40 Prozent einbrechen
Bereits zuvor warnte "Dr. Doom" davor, dass eine weltweit zunehmende Verschuldung den Aktienmarkt ins Minus drücken werde. Und auch im Umfeld der angekündigten Rezession haben Anleger von Aktien demnächst nichts mehr zu lachen, wie der Wirtschaftsprofessor am Beispiel des US-Index S&P 500 warnte. "Selbst in einer einfachen Rezession kann der S&P 500 um 30 Prozent fallen", so der Ausblick des Marktkenners. Kommt es aber zur von Roubini prognostizierten "wirklich harten Landung", könnte der Index, der die 500 größten börsennotierten US-amerikanischen Unternehmen umfasst, gar um 40 Prozent ins Minus rauschen.
Gehörten in der Weltfinanzkrise 2008 vor allem Haushalte und Banken zu den klaren Verlieren der Krise, dürfte sich der Fokus nun verschieben. "Wenn die Zinsen steigen und die Kosten für den Schuldendienst zunehmen, werden viele Zombie-Institutionen, Zombie-Haushalte, Unternehmen, Banken, Schattenbanken und Zombie-Länder sterben", erklärte er weiter.
Bargeld statt Aktien empfohlen
Aus diesem Grund seien Aktien im Umfeld der drohenden "langen und hässlichen" Rezession nicht das Mittel der Wahl. "Man sollte wenig in Aktien investieren und mehr Bargeld haben", riet "Dr. Doom" Anlegern im Rahmen des Interviews. Zwar verliert auch Bargeld durch hohe Inflationsraten an Wert, behält aber seinen Nominalwert. "Aktien und andere Vermögenswerte können um 10, 20 oder 30 Prozent fallen", warnte er. Auch sollten Investoren Anleihen mit langen Laufzeiten meiden.
Weitere Risiken voraus
Zukünftig könnten außerdem weitere Belastungsfaktoren auf die Märkte zukommen. Neben einer zunehmenden Deglobalisierung, der Produktionsverlagerung von China in die USA und Europa, dem Generationenkonflikt und dem Klimawandel nehme auch die Gefahr von Pandemien weiter zu. "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir die nächste schlimme Pandemie bekommen", so die Einschätzung des Experten.
Redaktion finanzen.at
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!
Weitere Links: